Gladbeck. Eine Arbeitsgruppe überlegt, wie die Gladbecker Wochenmärkte attraktiver werden können. Auch eine Verlegung zur Horster Straße ist wieder Thema.
Ihre besten Jahre haben Wochenmärkte in Gladbeck schon lange hinter sich. Zu groß ist die Konkurrenz der Supermärkte und Discounter. Reihte sich früher auf dem gesamten Marktplatz in der Stadtmitte Marktstand an Marktstand, gähnen heute auf der nur noch halb so großen Fläche vor allem dienstags und donnerstags große Lücken. Noch trostloser sieht es auf dem Wochenmärkten in Rosenhügel und Zweckel aus. Jetzt will die Stadtverwaltung einen neuerlichen Versuch unternehmen, die Attraktivität der Wochenmärkte zu steigern, damit sie zukunftsfähig bleiben und wieder ein breiteres Publikum ansprechen.
Auf Initiative von Bürgermeisterin Bettina Weist soll eine Arbeitsgruppe aus Mitarbeitern der städtischen Wirtschaftsförderung und des Ordnungsamtes, die jetzt erstmals tagte, dazu Ideen entwickeln. Ähnliche Initiativen gab es schon. 2009 rief Gabriele Grollmann, damals Mitarbeiterin im Ordnungsamt, die Themenmärkte in der Stadtmitte ins Leben. Einmal im Monat drehte sich samstags alles beispielsweise um den Frühling, um Gesundheit, um Gewürze, um Erdbeeren, Spargel, Nikolaus, Weihnachten. . . Dabei gab es Mitmachaktionen, Schaukochen, Wettbewerbe, Versteigerungen und Musik. Als Gabriele Grollmann 2012 die Stadtverwaltung verließ, war auch Schluss mit den Themenmärkten.„Sie wurden eingestellt, weil sie sehr personal- und kostenintensiv waren und mit Mitteln des Ordnungsamtes nicht mehr aufrechterhalten werden konnten“, erklärt Stadtsprecher David Hennig auf Anfrage.
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Überlegungen kursieren, den Wochenmarkt auf Fußgängerzone Horster Straße zu verlegen
Die Arbeitsgruppe werde allerdings auch prüfen, ob es Formate dieser Art wieder geben könnte. Unter den Markthändlern kursiert das Gerücht, dass die Arbeitsgruppe auch darüber nachdenkt, den Wochenmarkt wieder auf die Fußgängerzone Horster Straße zu verlegen, wo jetzt ausschließlich keine „klassischen“ Marktwaren, sondern Bekleidung, Taschen, Handyzubehör und Ähnliches angeboten werden. Auch das gab es schon mal, als die anfangs hochgelobte Markthalle einen Großteil des Platzes beanspruchte. Sie erwies sich als Flop, wurde einige Jahre später wieder abgerissen, und die „klassischen“ Händler kehrten auf den Marktplatz zurück.
Marktgebühren belasten die wenigen Händler
Bislang werden die Gladbecker Wochenmärkte als kostenrechnende Einrichtung unter Federführung des Amtes für öffentliche Ordnung betrieben bzw. verwaltet. Trend ist eine weiter zurückgehende klassische Händlerschaft, die aus Alters- oder Krankheitsgründen ausscheidet und die Problematik, das Nachwuchs fehlt. Dadurch verteilen sich die Kosten des Marktes auf immer weniger Stände, was zu enormer Gebührenbelastung der verbleibenden Händler führt.
Auch die Corona-Pandemie hat das Geschäft zusätzlich erschwert. Deshalb soll nun erarbeitet werden, mit welchen Konzepten die Gladbecker Wochenmärkte eine Zukunft haben, die für die Händlerschaft lukrativ und für die Einkaufenden attraktiv ist. Die legte in ihrem ersten Treffen Dana Zocher aus der Wirtschaftsförderung als Projektleiterin fest, die die Abstimmung zwischen den beteiligten Akteuren übernehmen wird.
Dass jetzt den Gerüchten zur Folge wieder über einen Umzug zur Horster Straße nachgedacht wird, soll mit dem bevorstehenden Umbau des ehemaligen Möbelhauses Niessing zusammenhängen, hört man aus Händlerkreisen. Die dort geplante Außengastronomie braucht Platz, die Feuerwehrzufahrt muss gesichert bleiben. Die erste Reihe der Marktstände, vom Fisch- bis zum Käsewagen, müssten weichen. Beliebt wäre diese Lösung in Händlerkreisen nicht. Die meisten Händler sehen einen Wochenmarkt auch als Ort der Begegnung und Kommunikation, und das sei nur auf einem Platz möglich. Die Stadtverwaltung müsse stattdessen mehr Anstrengungen unternehmen, um neue Händler für Gladbeck zu gewinnen. Das sagen zum Beispiel Christiane Brinckmann, die am Stand von Heinrich Luger Obst und Gemüse verkauft, und Nadine Hesselmans, die ihrer Mutter Ursula am Blumenstand hilft.
Händler erzielen gute Umsätze nur noch am Samstag
Familie Hesselmanns hört am Jahresende auf, der zweite große Blumenstand ist schon weg. Insgesamt hat der Markt in Stadtmitte nach Auskunft der Stadtverwaltung in den vergangenen vier Jahren fünf große Dauerhändler verloren. Natürlich denken die verbliebenen Händler mit etwas Wehmut an die guten alten Zeiten der Wochenmärkte zurück. „Gute Umsätze machen wir nur noch samstags“, sagt Erhard Heimann, der seit vielen Jahren Obst und Gemüse verkauft. Zurzeit wird er von Sohn Tim unterstützt, der wegen der Corona-Pandemie seine Kaffeebude – ein echter Kommunikationsort – nicht betreibt. Aber es gibt auch Optimismus. Hendrik Jeismann verkauft seit acht Jahren auf dem Markt in Stadtmitte Kartoffeln und Eier. „Der Wochenmarkt hat von Corona und den Lockdowns sogar profitiert“, sagt er. „Die Leute kaufen lieber im Freien als in Geschäften. Außerdem ist der Markt ohnehin wieder im Kommen, weil viele Menschen bewusster leben.“