Gladbeck. Er ist nicht nur die Heimat des Wochenmarktes. Seit 1898 erlebte er eine abwechslungsreiche Geschichte. Willy Brandt und die Kellys waren hier.

Er ist der Platz der Kommunikation, der Aktionen, der Kundgebungen – aber er war auch immer der Platz des Wandels, sogar des Zorns und war bis vor ein paar Jahren der Platz, der Anlass zu Diskussionen gab: Siehe die Debatte um die Freigabe der Marktplatzfläche zu Parkzwecken. Und zuletzt die inzwischen beantwortete Frage, was aus der P&C-Ruine am Nordrand des Marktes wird, die einem ansprechenden Wohn- und Geschäftshaus wich.

Der Platz entstand 1898 auf der letzten freien Fläche der Innenstadt. Er war nicht der erste Marktplatz in Gladbeck: Laut Stadtarchiv war seit 1403 an St. Lamberti ein Jahrmarkt erlaubt – verbrieft durch einen „Marktschutzbrief“. 1774 wurde dieses Privileg erneuert. Seit den 1870er Jahren und dem Wandel des Dorfes zur Stadt entwickelte sich ein Wochenmarkt, der erst rund um die Kirche stattfand, später auf Hoch- und Kaiserstraße.

1898 wurde der heutige Marktplatz von der Stadt eingerichtet

Der Markplatz mit Horster Straße und dem Textilkaufhaus Schönhoff in den 50er Jahren.
Der Markplatz mit Horster Straße und dem Textilkaufhaus Schönhoff in den 50er Jahren. © Karl-Heinz Metzner / WAZ

1898 schließlich kaufte die Gemeinde besagten Platz etwas weiter die Kaiserstraße (heute Horster Straße) hinunter und deklarierte ihn zum Marktplatz. Er war in den Anfangsjahren eher notdürftig befestigt. 1904 erhielt der Marktplatz noch ein repräsentatives Eckgebäude: Der Kaufmann Heinrich Berger baute es, zwei Jahre später richtete der jüdische Kaufmann Salomon (Sally) Daniel dort sein bekanntes Kaufhaus ein (viele Jahrzehnte später Schönhoff und dann P&C).

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In den 20er Jahren hielt die Moderne Einzug: Der Platz bekam Licht, eine Bedürfnisanstalt und einen Fernsprechapparat. In den 30er Jahren entwickelte sich der Platz so weiter, wie ihn viele ältere Gladbecker von früher kennen. In den 50er Jahren brodelte es förmlich vor Leben auf dem Platz, nicht nur an den Wochenmarkttagen. An den Haltestellen der Straßenbahn tummelten sich stets Fahrgäste, die Richtung Brauck und Butendorf wollten. Immer wieder gab es Wahlkampfkundgebungen (später sogar mit Willy Brandt) und Maiveranstaltungen der Gewerkschaften, auch große kirchliche Prozessionen fanden hier ihren Abschluss.

Ende der 70er Jahre verschwand die Südrandbebauung mit den Häusern der Gründerzeit

Der Marktplatz in den 70er Jahren als Parkplatz, umrundet von Platanen.
Der Marktplatz in den 70er Jahren als Parkplatz, umrundet von Platanen. © WAZ | Repro: Ulla Michels

Bereits Ende der 50er Jahre begannen Diskussionen über bauliche Veränderungen. Schon 1963 fasste der Rat den Grundsatzbeschluss, die Südbebauung abzureißen. Doch es sollte bis Ende der 70er Jahre dauern, bis die stattliche Häuser aus der Gründerzeit fielen. Zu der Zeit war der Platz mit der doppelten Platanen-Reihe an drei Seiten ein beliebter, kostenloser Parkplatz – und vielen Gladbeckern sicher noch in guter Erinnerung. Ende der 80er trällerte hier sogar mal die Kelly Family, damals noch Straßenmusikanten.

1988 wurde die Markthalle gebaut. Faktisch wurde der Platz durch sie geteilt, Spötter sagten vernichtet. In der Mitte eine Treppe mit der Halle, oben (im östlichen Teil) war noch ein wenig Parken möglich, unten (im westlichen Teil) verblieb der Markt. Schnell stellte sich heraus, dass die Fläche viel zu klein war, obwohl die Horster Straße mit einbezogen wurde. Das Marktgeschehen dehnte sich weit in die Horster Straße aus. Die Markthalle war von Anfang an unbeliebt, zog den Zorn der Bürger auf sich. Die Gladbecker ignorierten die Markthalle, nach und nach gaben die Geschäfte auf. Folge: Ein unwirtschaftliches Gebäude, das zunehmend unansehnlich wurde.

2004 ließ die Stadt die ungeliebte Markthalle wieder abreißen

So sieht der Marktplatz heute mit der neuen Randbebauung und den Parkmöglichkeiten aus.
So sieht der Marktplatz heute mit der neuen Randbebauung und den Parkmöglichkeiten aus. © Funke Foto Services GmbH | Joachim Kleine-Büning

Die neue, erstmals CDU-geführte Stadtregierung korrigierte den Planungsfehler: 2004 wurde die Halle unter Applaus der Bürger abgerissen, wurde danach der heutige Marktplatz gebaut. Aber: ganz ohne Parken, was seitdem immer wieder für Diskussionen sorgte. Die Debatte verschärfte sich mit dem Schrumpfen des Marktgeschehens, für das der Platz inzwischen zu groß geworden war.

Erst im Oktober 2013 wurde, nach langer politischer Diskussion, die östliche Platzhälfte zum Parken freigegeben, seit März 2016 ist das Parken wieder auf der gesamten Marktplatzfläche möglich. Und seitdem an der Ostseite sommertags das griechische Restaurant Artemis eine Außengastr

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onomie betreibt und das neue Wohn- und Geschäftshaus anstelle von P&C am Marktplatzrand steht, scheint der Platz zu einer Blüte und Funktionalität zurückgekehrt zu sein.

Ort von Aufmärschen, Versammlungen und Feten

Die Nazis hatten den Marktplatz als zentralen Aufmarschplatz entdeckt: In den 30er Jahren gab es regelmäßig NS-Versammlung und Demonstrationen.

In den 50er und 60er Jahren war der Marktplatz oft Schauplatz der Maikundgebungen. Sternenförmig waren die Gewerkschafter aus den Stadtteilen mit dem Ziel Marktplatz in die Stadt marschiert.

„Versammlungen“ ganz anderer Art waren in den 80er und 90er Jahren die „Marktplatz-Feten“, die regelmäßig zum Auftakt der Freiluftsaison und zum Start der Gladbecker Woche stattfanden.