Gladbeck. An öffentlichen Jugendtreffs kam es im Corona-Lockdown auch zu Gewalt. Ein Streetwork-Projekt wurde in Gladbeck gestartet. Das ist die Bilanz.

Was hat die ab dem Frühjahr mit Fördermitteln des Landes intensivierte Streetwork-Arbeit in Gladbeck für Kinder und Jugendliche gebracht? Auch bezogen auf Gewalt- und Raubdelikte, die von Jugendlichen berichtet und von der Polizei im Umfeld von beliebten Treffpunkten gemeldet wurden? Antworten lieferte jetzt eine erste Bilanz, die der Lokalpolitik vorgestellt wurde.

Zur Erinnerung: Aufgrund des coronabedingten Lockdowns hatten offene Freizeittreffs in Gladbeck ihr Angebot zwischenzeitlich einschränken oder einstellen müssen. Der Kontakt zu sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen aus bekannt schwierigen Verhältnissen, die sonst regelmäßig die Einrichtungen der offenen Jugendarbeit aufsuchten, war so unterbrochen worden. Mit der Sorge, dass Bindungs- und Beziehungsschwierigkeiten ausgebildet werden, das Selbstzerstörungs- und Aggressionspotenzial wächst und ein herausforderndes Sozialverhalten entsteht, das sich auch in mangelndem Respekt gegenüber andern Menschen und Lebenswelten ausdrücken kann.

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Erstes Ziel: Wieder Kontakt zu den Jugendlichen herzustellen

Bürgermeisterin Bettina Weist (li.) hatte zum Auftakt des Streetworker-Projekts den Skaterpark besucht, um mit Jugendlichen zu sprechen.
Bürgermeisterin Bettina Weist (li.) hatte zum Auftakt des Streetworker-Projekts den Skaterpark besucht, um mit Jugendlichen zu sprechen. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Markus Klein, Geschäftsführer und Bildungsreferent der Falken, zog nun im Jugendhilfeausschuss eine Bilanz zur ersten Phase des Projektes, das im März 2022 endet. Die Streetwork-Arbeit habe zunächst zum Ziel gehabt, in den Stadtteilen wieder Kontakt zu den Kindern und Jugendlichen herzustellen; festzustellen, wo die Problemlagen sind, und Vertrauen über Beziehungsarbeit aufzubauen. Um dann die Sozialkompetenz zu stärken und das Selbsthilfepotenzial der Kinder und Jugendlichen zu fördern. „Mit dem Ziel, ihre Lebenswelt lebenswert zu gestalten oder Alternativen aufzuzeigen“, so der Bildungsreferent.

Angelaufen wurden stadtteilbezogene, aber auch stadtteilüberschneidende Treffpunkte (Bürgerpark Butendorf). Das Streetworker-Doppel des OT-Zweckel hatte so die Spielplätze Berliner und Dorstener Straße sowie Wittringen und Nordpark auf der Tour. Hier seien Kinder und Jugendliche im Alter von zwölf bis 19 Jahren angetroffen worden. Den Sozialarbeitern seien dabei „keine großartigen Probleme“ berichtet worden, und es habe auch „kein Konfliktpotenzial“ in den aufgesuchten Bereichen gegeben.

Am Karo kam es zu Konflikten zwischen Jugendlichen und Anwohnern

https://www.waz.de/staedte/gladbeck/pruegelei-im-skaterpark-polizei-sucht-mit-foto-nach-taeter-id233525911.htmlDas Team vom Freizeittreff Brauck hatte die Spielplätze am Südpark, an der Hunsrückstraße und Otto-Hue-Straße und Wittringen sowie den Grünbereich am Karo, Sitz der Jugendkunstschule, im Blick. Zudem erfolgten regelmäßige Abstecher zum Skaterpark, wo Kinder und Jugendliche aus mehreren Stadtteilen zusammenkommen. Am bis in den Abend gut besuchten Karo-Umfeld kam es auch zu Konflikten mit Anwohnern, die sich durch Lärm belästigt sahen und angepöbelt wurden. Auch Karo-Mitarbeiter fühlten sich teils unwohl. Die Streetwork-Teamer hätten hier „gut vermitteln können“, sagt Markus Klein.

Das Maxus-Team kümmerte sich auch um den Skaterpark/Bürgerpark, dem wohl stadtweit beliebtesten Jugendtreff mit auch mal über das Areal verteilt zeitgleich rund 100 Besuchern. Gewalttätige Konflikte, u.a. zwischen einer Gruppe Jugendlicher mit Migrationshintergrund und einer größeren Gruppe, der auch LBGTQ-Jugendliche angehören, waren bekannt geworden. Diese sorgten auch für Anfragen aus der Politik im Rathaus. „Mit großem Personalaufwand und dem Einsatz eines stationären Bullys“, habe man den Skaterpark besonders in den Fokus genommen, gute Gespräche geführt. Die Lage habe sich „nach den Sommermonaten zunehmend entspannt“, und Konflikte könnten mittlerweile auch „von den Gruppen selbst beruhigt werden“.

Gewalt am Skaterpark, entspannter Canabis-Konsum am Riesener-Gymnasium

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Als Stadtteile mit besonderen Problemlagen wie elterlicher Arbeitslosigkeit, hohem Bevölkerungsanteil mit Migrationshintergrund und vielen jungen Menschen im Alter von zehn bis 18 Jahren gelten statistisch Brauck, Rosenhügel, Butendorf, Mitte I und Rentfort-Nord. Um Kinder und Jugendliche aus den Stadtteilen wieder zu erreichen, startete die Jugendförderung mit Mitteln des Landesjugendamtes das Streetwork-Projekt „Nach draußen für und mit Euch“.

Die Sozialarbeiter der städtischen Freizeittreffs in Rentfort und Brauck etablierten so in Kooperation mit den Falken (Maxus) und der Evangelischen Kirche (OT Zweckel) erstmals ab März ein aufsuchendes Angebot, um regelmäßig beliebte Treffpunkte in den Stadtteilen anzulaufen und die Kinder und Jugendlichen dort erreichen und unterstützen zu können. Nachwuchskräfte konnten zur Verstärkung der Streetwork-Arbeit mit den LWL-Fördermitteln beschäftigt werden.

Die Maxus-Streetworker nahmen auch den Rathausbereich, den Wasserspielplatz, Innenstadtbereiche sowie den Platz vor der Humboldt-Buchhandlung und das Umfeld am Riesener-Gymnasium in den Blick. Am Konfliktherd Humboldtstraße kamen die Streetworker bei den meist älteren Jugendlichen und jungen Erwachsenen nicht weiter. Man sei dort auf wenig Gesprächsbereitschaft und eine ablehnende, eher aggressive Haltung gestoßen. Entspannter war es am Riesener, wo auch Canabis konsumiert wurde, „dort ließen die Jugendlichen gut mit sich reden“, so Klein.

Unterm Strich sei die Streetwork-Arbeit erfolgreich gewesen. „Die Jugendlichen freuen sich grundsätzlich über Wertschätzung und Kontakt; dass sie sehen, die Gesellschaft interessiert sich für uns und wie es uns geht.“ Konflikte hätten moderiert, beziehungsweise beruhigt oder verhindert, werden können. Und zu einigen Jugendlichen und Kindern hätten Kontakte wieder so intensiviert werden können, „dass sie in die Einrichtungen zurückgekehrt sind“. Ein erster Schritt sei mit dem Streetwork-Projekt in die richtige Richtung gegangen, sagt Markus Klein. Für einen anhaltenden Effekt sei aber „eine langfristige Verstetigung dieses aufsuchenden Angebotes nötig, und sinnvoll dafür, wie geplant, eine Vollzeitstelle einzurichten“.