Gladbeck. Mit einer Scheckkarte könnten arme Kinder und Teenager in Gladbeck bald Nachhilfe, Verein oder Schulmaterial bezahlen. Das ist der Hintergrund.

Die Stadt prüft jetzt die Einführung einer „Kreditkarte“ für bedürftige Kinder und Jugendliche in Gladbeck, die ihnen auf unkomplizierte Weise mehr soziale Teilhabe ermöglichen soll. Den Auftrag hat der Sozialausschuss der Stadt jetzt einstimmig erteilt. Abgerechnet werden könnten mit der Teilhabekarte die Kosten für eine Schülerfahrkarte, Mitgliedsbeiträge von Sportvereinen oder die Kosten für Sportschuhe, Gebühren der Musikschule oder Eintritt fürs Museum, Kosten von Ausflügen (Klassenfahrten), Nachhilfeunterricht oder Schulbedarf, sowie für die Mittagsverpflegung in Schule oder Kita. Die Bildungs-Scheckkarte hat weitere Vorteile.

Den Antrag zur Einführung einer Bildungskarte hatte die FDP gestellt. „Bedürftige Kinder und Jugendliche haben einen rechtlichen Anspruch auf Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket des Bundes“ (BuT), begründete Fraktionsvize Heinz-Josef-Thiel. Diese würden aber oft nicht von den berechtigten Familien abgerufen, „weil dazu noch immer ein erheblicher Formularaufwand zur Antragstellung nötig ist“, der viele abschrecke. Damit keine leistungsberechtigte Person von der sozialen Teilhabe ausgeschlossen werde, sei es notwendig, „den Vorgang zu entbürokratisieren und einen leichteren Zugang zu ermöglichen“, der sicher auch die Akzeptanz, BuT-Leistungen in Anspruch zu nehmen, steigere.

Rund 7500 betroffene Kinder und Jugendliche in Gladbeck

In Essen ist die Teilhabekarte „Essen.dabei sein
In Essen ist die Teilhabekarte „Essen.dabei sein" bereits 2015 eingeführt worden © FUNKE Foto Services | Knut Vahlensieck

Einen Anspruch auf Leistungen aus dem Bildungspaket haben insbesondere Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die Arbeitslosengeld II, Sozialgeld oder Sozialhilfe erhalten; oder deren Eltern den Kinderzuschlag oder Wohngeld beziehen, sowie Asylbewerber, die staatliche Unterstützung erhalten. „Das sind in Gladbeck rund 7500 Kinder und Jugendliche“, so Marcel Hädrich, Abteilungsleiter Existenzsicherung im Sozialamt, auf Anfrage. Bundesweit sind 2,5 Millionen Kinder und Jugendliche berechtigt.

Nachbarstädte haben die Karte bereits

In Oberhausen ist eine Bildungskarte im Februar eingeführt worden. Die erste Bilanz nach Einführung der „MyCard“ Ende Mai sprach von einer guten Akzeptanz. Schon rund 11.000 Karten seien von Kommune und Jobcenter ausgestellt worden. Berechtigte Familien würden loben, dass jetzt nicht mehr so viele Einzelanträge gestellt und ausgefüllt werden müssten.

Die MyCard gibt es auch im Kreis Borken und in der Stadt Münster. Die Nachbarstadt Essen hat bereits 2015 die Bildungskarte „Essen.dabei sein“ eingeführt und an berechtigte Familien ausgegeben. Die Bilanz nach einem Jahr war positiv. Mehr als 14 000 Essenerinnen und Essener nutzen die Karte bereits, das seien 12,2 Prozent aller Anspruchsberechtigten.

Die FDP führt in ihrem Antrag auch auf, dass es in Betrachtung der Covid-19-Pandemie Ziel sein müsse, dass die BuT-Leistungen vermehrt in Anspruch genommen würden. Denn diese könnten etwa über Lernförderung dazu beitragen, dass im Distanzunterricht Versäumtes nachgeholt werden könne. Für die Abrechnung der Leistungen solle eine einfache PC-Ausstattung mit Internetzugang, oder ein mobiles Endgerät für die Teilnahme am System ausreichend sein. Über eine Gladbecker BuT-Homepage könnten alle Informationen, aktueller Kontostand und Angebote (Nachhilfeunterricht, Sportvereine, Museum etc.) präsentiert werden, die mit der Bildungskarte bezahlt werden können.

Die Überprüfung wird etwa ein halbes Jahr dauern

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Sozialdezernent Rainer Weichelt teilte im Sozialausschuss mit, dass „die Verwaltung grundsätzlich der Einführung einer Bildungskarte nicht abgeneigt ist“. Er habe selbst schon gesagt, dass die BuT-Antragsformulare ein Bürokratiemonster seien. Die Verwaltung habe auch 2013 und 2019 schon mal die Einführung einer BuT-Karte überprüft, der Kreis da aber gesagt, „die Karte bringt es aktuell nicht“. Man werde die Einführung jetzt prüfen, könne etwa „in einem halben Jahr“ eine Antwort geben. Man müsse auch sehen was die neue Ampel-Bundesregierung weiter entscheide, die ja auch das bisherige BuT-Paket in den Fokus nehmen wolle.