Gladbeck. Die Feuerwehr Gladbeck ist in den überörtlichen Katastrophenschutz NRW eingebunden. Thorsten Koryttko erklärt, was das für die Kräfte bedeutet.

Man stelle sich vor: Es geschieht eine Katastrophe – und alle greifbaren lokalen Feuerwehrkräfte sind am Unglücksort. Trotzdem reichen die Kapazitäten nicht, um die Lage zu bewältigen. Und obendrein geht ein weiterer Alarm von anderer Stelle ein. Ein Worst-Case-Szenario, das aber keineswegs aus der Luft gegriffen ist. So sprengte das Hochwasser-Drama im Juli in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz sämtliche Vorstellungen. Doch da zeigte sich, dass die Feuerwehr für derartige Situationen gerüstet ist: Überörtliche Hilfe im Katastrophenschutz leisten auch die Kräfte in Gladbeck.

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Umgekehrt bekommt die lokale Feuerwehr Rückendeckung, wenn’s brenzlig wird. Erst kürzlich war das der Fall, als die Sporthalle der Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule in Flammen stand. Die gesamte lokale Mannschaft bekämpfte den Brand. Währenddessen gewährleistete die Wehr aus Dorsten die Einsatzsicherheit in Gladbeck.

Sporthalle in Gladbeck komplett ausgebrannt

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    „Wenn wir feststellen, dass ein Einsatz unsere Kapazitäten überschreitet, melden wir uns bei der Kreiseinsatzleitung, die überörtliche Kräfte alarmiert“, erläutert Thorsten Koryttko. Der Gladbecker Feuerwehr-Chef denkt einen Schritt weiter: „Sollte der komplette Kreis Recklinghausen personell ausgeschöpft sein, geht der Alarm über die Bezirksregierung.“ Das Land habe im Jahre 2017 die „Vorgeplante überörtliche Hilfe im Brandschutz und Hilfeleistung durch die Feuerwehren im Land Nordrhein-Westfalen“ entwickelt. Hinter dem sperrigen Begriff steckt ein simples Prinzip: Schnell und koordiniert Unterstützung leisten, wo es nottut.

    Thorsten Koryttko, Leiter der Feuerwehr Gladbeck: Dank der „Vorgeplanten überörtlichen Hilfe im Brandschutz“ besteht ein Netz gegenseitiger Unterstützung.
    Thorsten Koryttko, Leiter der Feuerwehr Gladbeck: Dank der „Vorgeplanten überörtlichen Hilfe im Brandschutz“ besteht ein Netz gegenseitiger Unterstützung. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

    Der Gladbecker Feuerwehr-Chef: „Die VÜH wird eingesetzt, wenn eigene Kräfte nicht mehr ausreichen.“ Das war auch bei der Hochwasser-Katastrophe der Fall, als aus allen Ecken des Landes Unterstützung in die betroffenen Regionen eilte – wie die Gladbecker Feuerwehr, die im überfluteten Wuppertal anpackte.

    Innerhalb kürzester Zeit können Einheiten der Feuerwehr über Gemeindegrenzen hinweg eingesetzt werden

    Was einfach klingt, fußt auf einem ausgeklügelten Plan. Die Taktik: ein Netz, das personelle und materielle Ressourcen für den Fall der Fälle verfügbar hält. Einheiten der Feuerwehr können innerhalb kürzester Zeit über Gemeindegrenzen hinweg eingesetzt werden. Die Bezirksregierung koordiniert mit der überörtlichen Hilfe die Unterstützung, auch in anderen Bundesländern. Ebenfalls möglich ist der Einsatz im benachbarten europäischen Ausland.

    Als neulich die Sporthalle der Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule in Flammen stand, war die komplette örtliche Feuerwehr in Rentfort im Einsatz. Währenddessen gewährleistete die Wehr aus Dorsten die Einsatzsicherheit in Gladbeck.
    Als neulich die Sporthalle der Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule in Flammen stand, war die komplette örtliche Feuerwehr in Rentfort im Einsatz. Währenddessen gewährleistete die Wehr aus Dorsten die Einsatzsicherheit in Gladbeck. © Feuerwehr Gladbeck | Feuerwehr Gladbeck

    Die VÜH verfügt über etwa 750 Feuerwehreinsatzkräfte mit rund 150 Fahrzeugen. „Jeder der fünf Regierungsbezirke stellt eine Bezirksabteilung, die sich wiederum aus fünf Bereitschaften zusammensetzt“, erläutert Koryttko. In Münster absolvieren „alle Feuerwehrleute die gleiche Ausbildung“. Deswegen können die Kräfte bei Bedarf problemlos ausgewechselt werden. Koryttko: „Gladbeck gehört zur Bereitschaft Recklinghausen mit ungefähr 27 Fahrzeugen.“ Lösch- und Logistikzüge starten. Dieser Aufbau sei ebenfalls für alle identisch, daher „ist es erst einmal egal, woher Hilfe kommt“.

    Notfall-Informationspunkte

    Mit einem funktionierenden Telefonnetz hat die Bevölkerung jederzeit die Möglichkeit, einen Alarm abzusetzen. „Aber auch bei einem länger andauernden Stromausfall oder einer Telefonstörung sind Notrufe möglich“, sagt Gladbecks Feuerwehr-Chef Thorsten Koryttko. Die Lösung für derartige Situationen lautet: Notfall-Informationspunkte.

    Sie seien besetzt, wenn Festnetz und Mobilfunk nicht nutzbar sind, so Koryttko. Die Feuerwehren haben im gesamten Kreis Recklinghausen insgesamt 88 Punkte bestimmt, darunter auch acht in Gladbeck, an denen Notrufe aufgegeben werden können. Einsatzkräfte von Feuerwehr, Polizei, Deutschem Roten Kreuz (DRK), Technischem Hilfswerk (THW) und Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) leiten die Meldungen per Funk an die Leitstelle weiter.

    Die Notfall-Informationspunkte in Gladbeck sind: Feuerwache Gladbeck (Wilhelmstraße 60), Feuerwehr- Gerätehaus Nord (Berliner Straße 44), Feuerwehr-Gerätehaus Süd (Welheimer Straße 30), Polizeiwache (Jovyplatz 6), Marktplatz Zweckel (Tunnelstraße), Bürgerhaus (Bülser Straße 172), Schulzentrum Brauck (Kortenkamp 19-21) und Tankstelle Bottroper Straße/Rockwoolstraße.

    Zu 90 Prozent handele es sich um ehrenamtliche Kräfte, die in die Bereitschaften entsandt werden. „Der Sammelplatz für uns ist Recklinghausen“, so der Gladbecker Feuerwehr-Chef. Die Aufgaben werden differenziert. Der Fachmann erläutert: „Die Einsatzart A bedeutet: bis zu 24 Stunden, ohne Vorlauf und ohne Übernachtung wie kürzlich in Wuppertal. Marschbereit sind die Kräfte in zwei Stunden.“ Bei der Einsatzart B gebe es zwölf Stunden Vorlaufzeit. Einsätze dieser Kategorie seien begrenzt auf drei Tage. „Einzelanforderungen werden mitgeteilt, zum Beispiel bei Hochwasser Wathosen und Pumpen oder Hilfeleistungen, wenn ein Haus eingebrochen ist“, erzählt der Experte.

    Ein Vorausfahrzeug sondiert die Verkehrssituation

    Er berichtet: „Wenn wir in Kolonne fahren, brauchen wir für die Pause schon mal einen ganzen Parkplatz.“ Ein Vorausfahrzeug „sondiert“ die Verkehrssituation: Auf welchen Strecken können die Feuerwehrleute mit ihren Fahrzeugen überhaupt zum Ort des Geschehens gelangen? Das war für Hilfskräfte beispielsweise während der Flutkatastrophe ein Problem, als Straßen im Wasser versanken und einstürzten, Brücken fortgespült wurden. Der Feuerwehr-Leiter gibt zu: „Es gibt auch Dimensionen, für die wir nicht ausgerüstet sind.“ Equipment wie Boote und Höchstleistungspumpen hält nicht jede Wehr vor. Aber auch dann gilt: Zusammenarbeit. In Gladbeck bestehe zudem ein guter Draht zu anderen Organisationen wie Deutsches Rotes Kreuz. So verfüge zum Beispiel das Technische Hilfswerk (THW) über schweres Gerät.

    Die Leitstellen nehmen Notrufe über die europaeinheitliche Notrufnummer 112 entgegen.

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