Gladbeck. . Einen flammenden Appell hätte Amtmann Heinrich Korte 1894 an seine Mitbürger richten können: „Leute! Meldet Euch zur Feuerwehr!“ Denn immerhin ging’s um ein Thema, das den Menschen in Zeiten von Fachwerk, Lehm- und Holzhäusern auf den Nägeln brannte – die Gründung einer Freiwilligen Feuerwehr.

Doch staubtrocken klingt‘s im Amtsdeutschen: „Es liegt in der Absicht, hierselbst eine Freiwillige Feuerwehr zu gründen.“ In jenem höflichen Schreiben am 27. April des Jahres ruft Korte dazu auf: „Alle diejenigen Personen, welche sich an eine freiwillige Wehr interessieren, ersuche ich, sich am Montag, den 30. des Monats abends 8 Uhr im Gasthof Th. Surmann einzufinden, um über die etwaige Gründung der Feuerwehr näher zu verhandeln.“

Bitte um Finanzspritze

Die Westfälische Provinzial-Feuersozietäts-Direktion in Münster hatte in „Erwiderung des gefälligen Schreibens vom 12. des Monats“ an den „wohlgeborenen“ Gladbecker geantwortet, sie könnten „auf Bildung einer Freiwilligen Feuerwehr nur dann Wert legen, wenn zu derselben nur ganz zuverlässige Personen zugelassen werden und für die Wehr eine tüchtige Kraft vorhanden ist.“ Dann erst sei man bereit, Bares für die Ausrüstung beizusteuern. Um genau diese Finanzspritze hatten die Gladbecker gebeten.

Das Spritzenhaus stand einst neben der Christuskirche.
Das Spritzenhaus stand einst neben der Christuskirche. © Stadtarchiv

Mit dem Einfall, eine eigene Wehr auf die Beine zu stellen, packte die Gemeinde ein heißes Eisen an. Denn war der „Rote Hahn“ erst einmal losgelassen, gab’s mit dem primitiven Mitteln seinerzeit – sprich: Wassereimer und Leiter – oftmals kaum Einhalt. Brände legten in der Vergangenheit so manches Gebäude in Schutt und Asche. So wütete im Jahre 1686 in Recklinghausen ein Großfeuer; Unterstützung nahte aus vielen Orten. Dennoch: 108 Häuser fielen der Feuersbrunst zum Opfer. Menschen aus Buer, Gladbeck, Rentfort, Herne und anderen Gemeinden spendeten den Abgebrannten Lebens- und Futtermittel.

Zwei Wasserkufen mit Pferden

Häuser fingen schnell Feuer in jener Zeit. Und Gladbeck wuchs: Die Einwohnerzahl war im Zeitraum von 1821 bis 1894 von 2367 auf 7500 Köpfe gestiegen. Amtmann Korte brachte das Thema „Feuerwehr“ am 14. März 1894 aufs Tapet und fand Unterstützung. Dass sein Aufruf nicht ungehört verpuffte, beweisen eine Bekanntmachung wenige Monate später – am 30. April – und der Lauf der Geschichte. Eine Versammlung zwecks Gründung einer Freiwilligen Feuerwehr sei anberaumt worden und gut besucht gewesen. Prompt schritten die Anwesenden zur Tat: Sie wählten einen Vorstand. Deren Mitglieder schrieben damit ein Kapitel Stadtgeschichte, denn hier – vor 120 Jahren – schlug die Geburtsstunde der Gladbecker Freiwilligen Feuerwehr.

Honorige Herren standen seinerzeit an der Spitze der Brandbekämpfer. Da sind Namen aufgeführt wie Bergwerksunternehmer Heinrich Vaerst, der den Chefposten besetzte, oder Bauunternehmer Carl Braunsteiner. Zupackende, handfeste Männer wie ein Schreinermeister, Dachdecker und Steiger gehörten ebenfalls zum allerersten Vorstand. Die Firma Carl Henkel aus Bielefeld lieferte die erste Ausrüstung für 1565 Mark. Diese Summe schulterten die Westfälische Provinzial Feuersozietät zu einem Drittel und die Gemeinde. Im Gründungsjahr rüstete die Wehr auf. Sie verfügte im Jahr 1894 über zwei Wasserkufen mit Pferdebespannung und einen Gerätewagen.

Wer hatte gezündelt?

Und es sollte nicht viel Zeit ins Land gehen, bis die just gegründete Truppe ihre Feuertaufe zu bestehen hatte: am 15. Mai 1894 „beim Brande des Kötters Neul an der Bottroper Straße“. Gleich dreimal wurden die Wehrleute schon zwei Tage später zur Hilfe gerufen: Flammen züngelten bei Caspari an der Buerschen Straße, auf Korrots-Wehlingskotten und an der Hochstraße, „beim Hünmerk des Herrn Rebbelmund“. Man munkelte, dass Kinder gezündelt hätten, weil sie die Wehr in Aktion erleben wollte. Dazu sollten die Menschen kommender Generationen leider noch häufiger Gelegenheit haben . . .