Gladbeck. So einige Menschen haben 2019 die Schlägerei auf dem Nikolausmarkt in Gladbeck gesehen. Für zwei Angeklagte fiel jetzt das Urteil.

Eine Prügelei in der Innenstadt während des Nikolausmarktes 2019 in Gladbeck. Viele haben sie gesehen. Es war voll auf der Hochstraße. Einige Augenzeugen mussten vor dem Schöffengericht aussagen, wo sich ein 41-Jähriger und sein Neffe (21) wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung zu verantworten hatten. Am Dienstag ist das Urteil gefällt.

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Der Vorwurf: Die beiden Männer sollen einen 27-Jährigen, der ein Auge auf die damals 17 Jahre alte Tochter des älteren Angeklagten geworfen, sie nach Telefonnummer und Instagram-Account gefragt hatte und ihr mehrmals gefolgt war, zu Boden geschlagen und getreten haben (WAZ berichtete).

Schilderungen der Zeugen ließen die Angeklagten eher als Opfer denn als Täter dastehen

Widersprüchlicher können Zeugenaussagen kaum sein. Am ersten Verhandlungstag kamen vorwiegend neutrale Beobachter des Vorfalls zu Wort, die im Großen und Ganzen die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft bestätigten. Das vermeintliche Opfer behauptete, nach den ersten Schlag ohnmächtig geworden zu sein und sich deshalb an weitere Attacken nicht erinnern zu können.

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Die Schilderungen der Zeugen am zweiten Verhandlungstag ließen die Angeklagten eher als Opfer denn als Täter dastehen. Die Ehefrau des älteren Angeklagten sagte aus, das vermeintliche Opfer habe ihren Mann zu Boden geschlagen, nicht umgekehrt. Ähnlich äußerte sich eine der Töchter. Und auch eine neutrale Augenzeugin beschrieb den 27-Jährigen als sehr aggressiv. Er habe mit der Schlägerei begonnen. Zuerst habe der ältere Angeklagte am Boden gelegen, später auch der Angreifer. Ob der getreten wurde, habe sie nicht gesehen.

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Nicht nur in Gladbeck, sondern auch vor dem Landgericht in Essen stand einer der Angeklagten bereits.
Nicht nur in Gladbeck, sondern auch vor dem Landgericht in Essen stand einer der Angeklagten bereits. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Den Staatsanwalt überzeugten diese Aussagen nicht. Unterschwellig ließ er in seinem Plädoyer sogar anklingen, die Zeugen könnten sich abgesprochen haben, das Opfer könnte eingeschüchtert worden sein. Erschwerend wertete er eine Vorstrafe des 41-Jährigen: Das Landgericht Essen hatte ihn im März 2019 zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, weil er seiner Tochter mit der Faust ins Gesicht geschlagen und ihr ein Messer an den Hals gedrückt hatte. Der Grund damals: Sie hatte mit einem jungen Mann telefoniert. Der Staatsanwalt forderte für den 41-Jährigen eine zweijährige Gefängnisstrafe, für dessen Neffen ein Jahr und drei Monate auf Bewährung.

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Dem folgte das Gericht nicht, sondern schloss sich nach langer Beratung den Argumenten der beiden Verteidiger an. Die körperliche Auseinandersetzung sei unstrittig, der Grund dafür ebenso; aber was genau passierte, lasse sich nach den widersprüchlichen Aussagen nicht eindeutig klären, sagte der Vorsitzende Richter Markus Bley. Selbst der Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung sei zweifelhaft, weil es kein ärztliches Attest gebe und auf Fotos keine ernsthaften Verletzungen zu erkennen seien. Am Ende sei für das Gericht nicht klar, „wer wie tätig geworden ist“. Beide Angeklagten wurden freigesprochen.

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