Gladbeck. Wie will ich wohnen? Was bedeutet für mich Gemeinschaft? In Gladbeck entsteht ein Mehrgenerationen-Wohnprojekt. Noch werden Mieter gesucht.

Mit der aufgegebenen Hermannschule in Zweckel haben die Mitglieder vom Verein „Allerlei Leben“ genau die richtige Immobilie für ihr Mehrgenerationen-Wohnprojekt gefunden. Und mit der Mülheimer Wohnungsbau eG (MWB) haben sie einen Investor an ihrer Seite, der ihre Vorstellungen auch baulich umsetzen wird. Denn an der Schulstraße sollen nicht nur einfach neue Wohnungen entstehen. Da geht es um so viel mehr.

Die Architekten von MWB sind schon mit den Plänen für das Wohnprojekt Hermannschule in Gladbeck beschäftigt

Im Jahr 2017 ist die kleine Grundschule in Zweckel aufgegeben worden, ein Jahr später stand das Gebäude dann zum Verkauf. Seitdem hat sich augenscheinlich an der Schulstraße nicht viel getan – außer, dass sich die Natur das knapp 5700 Quadratmeter große Grundstück peu à peu zurückerobert hat. Richtig malerisch sieht es jetzt dort aus. Doch in Vergessenheit geraten ist das historische Gebäude keineswegs. Ganz im Gegenteil, die MWB-Architekten erstellen gerade die Pläne für das Mehrgenrationen-Wohnprojekt. In enger Abstimmung mit den Bauherrinnen und Bauherrn, den Mitgliedern des Vereins „Allerlei Leben“.

Ein Sicherheitsdienst kümmert sich im Moment um die alte Hermannschule. Schon bald könnten die Arbeiten auf dem Gelände beginnen.
Ein Sicherheitsdienst kümmert sich im Moment um die alte Hermannschule. Schon bald könnten die Arbeiten auf dem Gelände beginnen. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

„Was da entsteht, ist nicht weniger als unsere Vision, wie wir sinnhaft älter werden und in einer Gemeinschaft leben wollen, in der die Menschen füreinander da sind“, betont Edith Kerkhoff, zweite Vorsitzende des Vereins. Und so ein Prozess dauere eben viel länger als das Planen eines Wohnhauses. Schließlich soll jeder Raum der alten Schule, jeder Anbau den künftigen Mietern erlauben, nach der gemeinsam getroffenen Vorstellung leben zu können.

In zweieinhalb Jahren könnte schon der Einzug stattfinden

Immerhin sind die Pläne schon weit gediehen, wie Edith Kerkhoff versichert. Im August soll es noch einmal ein Treffen mit den Architekten geben, dann wird der Vereinsvorstand alle Beteiligten erneut über das Erarbeitete informieren. Wenn es danach keine Nachbesserungswünsche mehr geben sollte, neigt sich die Planungsphase langsam aber sicher ihrem Ende entgegen, und man ist dem Ziel, in zweieinhalb Jahren einziehen zu können, wieder ein Stückchen näher gekommen.

Edith Kerkhoff vom Verein „Allerlei Leben“ erklärt die Besonderheiten des Mehrgenerationen-Wohnprojektes, das an der Hermannschule entstehen soll.
Edith Kerkhoff vom Verein „Allerlei Leben“ erklärt die Besonderheiten des Mehrgenerationen-Wohnprojektes, das an der Hermannschule entstehen soll. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

„Es ist wichtig, sich möglichst früh Gedanken darüber zu machen, wie man später einmal leben will“, betont Edith Kerkhoff. Zwei Drittel der Mietwohnungen (einige davon auch sozial gefördert), die auf dem Gelände an der Schulstraße sowohl in dem alten Schulhaus als auch in neuen Anbauten entstehen sollen, sind bereits vergeben. Die künftigen Bewohner – Menschen Mitte 50 bis hin zum Seniorenalter – haben also genau das bereits getan und sich überlegt, wie ihre Wohnvorstellungen konkret aussehen. Weitere Interessenten sind dem Verein natürlich willkommen, so Kerkhoff. Dabei betont sie, dass der Verein „Allerlei Leben“ nicht allein existiert, um das Wohnprojekt zu verwirklichen, sondern generell hier Menschen willkommen sind, die Spaß am Austausch miteinander haben. Umgekehrt werden auch nicht nur Vereinsmitglieder später einmal an der Schulstraße leben.

Es geht um eine Gemeinschaft, die mehr ist als eine funktionierende Nachbarschaft

Lange bevor die Hermannschule als Ort für das Wohnprojekt gefunden war, haben sich die Vereinsmitglieder bereits mit dem Thema der anderen Wohnformen auseinandergesetzt. So wurde die Idee für das Mehrgenerationen-Wohnprojekt geboren, in dem eine Gemeinschaft gelebt werden soll, die weit über eine funktionierende Nachbarschaft hinaus geht. Deshalb soll auch dem geplanten Gemeinschaftsraum ganz viel Bedeutung zukommen. „Hier sollen nicht nur die Bewohner zu gemeinsamen Aktivitäten zusammen kommen, sonder wir wollen uns für alle Menschen im Stadtteil öffnen.“ Das könne über Frühstücks- und Nachbarschaftstreffen bis hin zu kreativen Angeboten wie beispielsweise Yogakursen gehen.

Verein informiert gerne

Der Verein „Allerlei Leben“ ist ein Zusammenschluss von Menschen, die sich regelmäßig treffen, um Ideen auszutauschen, zu diskutieren und gemeinsame Freizeitaktivitäten zu gestalten. Was allen wichtig ist: Ein selbstbestimmtes Leben jenseits der Lebensmitte zu führen.

Wer sich für den Verein und/oder das Mehrgenerationen-Wohnprojekt in der alten Hermannschule interessiert, erfährt Näheres von Angelika Körber (Telefon 02043/ 95 99 78, Vorsitzende des Vereins) und Edith Kerkhoff (02043/ 60 15 505).

In den vergangenen Jahren haben sich die Vereinsmitglieder nicht nur verschiedene Wohnprojekte im Ruhrgebiet angeschaut, sondern auch viel Fachliteratur zum Thema gelesen. Dabei, fasst Kerkhoff zusammen, sei es immer wieder darum gegangen, dass solche Projekte nur funktionieren, wenn die planende Gruppe sich bereits vorher gut kennt. „Wird erst gebaut und dann lernen die Bewohner sich kennen, entsteht niemals ein wirkliches Gemeinschaftsgefühl.“

Verein „Allerlei Leben“ leistet Pionierarbeit in Gladbeck

Insofern befinden sich die Vereinsmitglieder genau auf dem richtigen Weg. Und darüber hinaus leisten sie in Gladbeck auch noch Pionierarbeit auf diesem Sektor. „Das ist tatsächlich so“, bestätigt Edith Kerkhoff, „hier gibt es zwar sehr viele Altenheime, aber kaum Alternativen dazu. Deshalb habe es anfangs auch etwas gedauert, die Stadt Gladbeck auf das Mehrgenerationen-Wohnprojekt aufmerksam zu machen. Das habe sich aber nun geändert. Mittlerweile habe man die volle Unterstützung der Stadtverwaltung. Kerkhoff: „Ich glaube, die Corona-Pandemie hat darüber hinaus vielen Menschen noch einmal gezeigt, wie wichtig es ist, in einer funktionierenden Gemeinschaft zu leben, die aufeinander acht gibt, und in der die Menschen sich umeinander kümmern.“

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