Gladbeck. Der Anteil erneuerbarer Energien im Verkehrssektor soll bis 2030 im Vest auf 30 Prozent (derzeit 7,3) gesteigert werden. Das ist konkret geplant.

Im Jahr 2030 sollen in der Emscher-Lippe-Region 1000 Lkw, 120 Busse und 100 Müllfahrzeuge von Brennstoffzellen angetrieben werden – und in jeder Stadt mindestens eine Wasserstofftankstelle vorhanden sein. Der Anteil erneuerbarer Energien im Verkehrssektor, der heute bundesweit bei 7,3 Prozent liegt, soll bis 2030 im Vest auf 30 Prozent gesteigert werden. Das ist nur eins der ehrgeizigen Ziele, die sich der Kreis Recklinghausen sowie die Städte Bottrop und Gelsenkirchen gesetzt haben.

Investitionsvolumen in den nächsten zehn Jahren: rund eine Milliarde Euro

Anderthalb Jahre lang hat ein Bündnis aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft am Konzept für die „Wasserstoffregion Emscher-Lippe“ gearbeitet. Mehr als 40 Projekte sind entwickelt worden, die innerhalb der nächsten zehn Jahre mit einem Investitionsvolumen von rund einer Milliarde Euro umgesetzt werden sollen.

Wasserstoff ist vielfältig einsetzbar: als Grundstoff zum Beispiel für die chemische Industrie, als Ersatz für Erdgas im Bereich der Prozesswärme, als Treibstoff für Fahrzeuge oder als Speicher für Strom aus Wind und Sonne. 2050 will die Emscher-Lippe-Region klimaneutral sein, bis 2030 sollen die Weichen dafür gestellt werden, hieß es bei der Vorstellung der „Roadmap für die Wasserstoffregion Emscher-Lippe“ auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Westerholt in Herten.

Angestrebt ist der Verzicht auf fossile Energieträger

Der angestrebte Verzicht auf fossile Energieträger ist (Klima-)Segen und Bedrohung zugleich. Das nördliche Ruhrgebiet bietet 25.000 Arbeitsplätze allein in der Chemieindustrie und insgesamt rund 60.000 Jobs im produzierenden Gewerbe. Davon sei ein erheblicher Teil gefährdet, wenn es nicht gelinge, die Produktion rechtzeitig auf Wasserstoff und Grünstrom umzustellen, so die Einschätzung der Protagonisten.

Fünf Wasserstoffbusse für die Vestische

Die „Roadmap“ beschreibt mehr als 40 Projekte aus den Bereichen Industrie, Mobilität, Wohnen, Forschung und Entwicklung sowie Qualifizierung.

Einige Beispiele: Die Abfallgesellschaft Ruhrgebiet (AGR) wird ab 2023 in Herten jährlich 440 Tonnen grünen Wasserstoff mithilfe eines Elektrolyseurs erzeugen. Das Unternehmen ZINQ in Gelsenkirchen plant, ab 2022 seinen kompletten Wärmebedarf für die Feuerverzinkung von Erdgas auf kohlenstofffreie Energieträger umzustellen. Die nicht elektrifizierte Bahnlinie Essen-Bottrop-Dorsten-Borken soll mit einem Brennstoffzellenzug befahren werden. Und die Vestische will 2023 in einem ersten Schritt fünf Wasserstoffbusse anschaffen.

Ziel sei es, die Arbeitsplätze in der energieintensiven Industrie zu sichern und mit der Wasserstofftechnologie bis 2030 neue Arbeitsplätze im mittleren vierstelligen Bereich zu schaffen.„Nach dem blauen Himmel an der Ruhr kommt jetzt die grüne Industrie an Emscher und Lippe“, meinte Landrat Bodo Klimpel bei der Präsentation der „Roadmap“. Er verwies auf eine Studie von Ernst & Young vom Dezember 2020, die der Emscher-Lippe-Region „beste Voraussetzungen“ zur Etablierung als H2-Modellregion bescheinige – wenn ein abgestimmtes strategisches Konzept verfolgt werde. Das, so Klimpel, liege nun vor.

Das Transportnetz gilt schon jetzt als Alleinstellungsmerkmal für die Region

Um die Ziele zu erreichen, wird die Region große Mengen an grünem, also regenerativ erzeugtem Wasserstoff benötigen. Das bereits vorhandene und noch geplante Transportnetz gilt als Alleinstellungsmerkmal für die Region. Die Wasserstoff-Pipeline der Air Liquide versorgt heute schon wichtige industrielle Abnehmer. 2024 soll zudem eine Pipeline („GET H2“) zwischen Lingen im Emsland und dem nördlichen Ruhrgebiet in Betrieb gehen und unter anderem den Chemiepark in Marl sowie die Raffinerie in Gelsenkirchen Scholven mit grünem Wasserstoff versorgen. Mit „GET H2“ solle die Region Emscher-Lippe perspektivisch auch mit den Nordseehäfen Rotterdam, Antwerpen und Wilhelmshaven verbunden werden, kündigte Regierungspräsidentin Dorothee Feller an.

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