Gladbeck. In Gladbeck ist in Sachen Luftfilteranlagen für Schulen oder Kitas bislang nichts gelaufen. Fördertöpfe sind offenbar nur unzureichend bekannt.
Angesichts der sich auch in Deutschland ausbreitenden, aggressiveren Delta-Variante und der aktuellen Lockerungen mit Urlaubsreisen über die Schulferien, wächst die Sorge vor einer vierten Corona-Welle. Raumluftfilter rücken so wieder in den Fokus, um das Risiko der Virenausbreitung etwa an Schulen oder Kindergärten zu reduzieren. Die Stadt als Schulträger prüft derzeit die Nachrüstung von Filteranlagen. Gladbecker Eltern kritisieren, dass der Verwaltung wohl nicht bekannt sei, „dass auch Neuinstallationen gefördert werden“. Die Zeit drängt.
Schuldezernent Rainer Weichelt lasse derzeit klären, „inwieweit wir das Bundesprogramm anzapfen können, um mit der finanziellen Förderung bestehende festinstallierte Filteranlagen nachrüsten zu können“, so Pressesprecher David Hennig auf Anfrage. Im Fokus des Immobilienamtes seien dabei „die Belüftungsanlagen von Sporthallen, für Naturwissenschaftliche Räume an Schulen oder auch das Pädagogische Zentrum der Gesamtschule“. Eine Neuigkeit für die Direktorin der Ingeborg-Drewitz-Gesamtschule. „Von der Prüfung habe ich noch nichts gewusst“, so Alrun ten Have. „Wir würden den Einbau begrüßen.“ Wünschenswert sei auch die Installation von weiteren Filteranlagen, „wo wir schlecht lüften können, damit Bildung weiter gut und möglichst ungestört laufen kann“.
„Die Stadt ist wohl nicht ausreichend informiert“
Ob auch Klassenräume nachgerüstet werden könnten? Das decke das Förderprogramm des Bundes wohl nicht ab, so Hennig. Für Klassenräume wären mobile Lüfter in Frage gekommen, die das Land gefördert habe. Voraussetzung: Es besteht keine Möglichkeit, den Raum ausreichend über Fenster oder eine Raumlufttechnische Belüftungsanlage (RLT) zu lüften. „In Gladbeck ist das aber für alle Klassenräume möglich, so dass wir die Förderkriterien nicht erfüllt haben“, so Hennig. Darüber hatte die WAZ bereits im November berichttps://www.waz.de/staedte/gladbeck/gladbeck-erhaelt-keine-foerderung-fuer-luftreiniger-an-schulen-id231037020.htmlhtet. Kritisch wurde da auch der Stromverbrauch beim Großeinsatz vieler Geräte von je rund 3500 Watt pro Stunde gesehen: Ob diese zusätzliche Last über die vorhandenen Leitungen der Schule überhaupt getragen werden könne?
Die Stadt sei in Sachen Neueinbau stationärer RLT-Anlagen „wohl nicht ausreichen informiert“, kritisiert die Gladbecker Schulpflegschaftsvertreterin Sina Mind, die sich auch in der überregionalen Elterninitiative „Laut für Familien“ engagiert. Bereits seit dem 11. Juni dieses Jahres sei das Förderprogramm „Corona-gerechte stationäre raumlufttechnische Anlagen“ um den Neueinbau für Anlagen und Begleitmaßnahmen zur Senkung des Infektionsrisikos in Einrichtungen für Kinder unter zwölf Jahren ausgeweitet worden. „Denn erst ab diesem Alter ist ja aktuell eine Corona-Schutzimpfung überhaupt erst möglich“, so Mind.
Der Neueinbau in Kitas, Horten und Schulen wird gefördert
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Dies bestätigt die WAZ-Recherche: Anträge können über das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) gestellt werden. Aber die Zeit drängt: Die Frist zur Antragstellung endet am 31. Dezember 2021. Antragsberechtigt sind Kindertageseinrichtungen, Horte, Kindertagespflegestellen und staatlich anerkannte Schulen in öffentlicher oder freier Trägerschaft. Dass das Land dringend aufgefordert sei, „einen Fahrplan mit technischen vor persönlichen Maßnahmen zu erstellen, damit die Kinder im Unterricht keine Schutzmaske tragen müssen“, habe sie auch Armin Laschet am Montag am Rande der Verleihung des Landesverdienstordens in Düsseldorf gesagt.
Doch keinen mobilen Luftfilter getestet
Testweise einen mobilen Luftfilter anzuschaffen, diese Überlegung habe die Stadtverwaltung wieder verworfen, so David Hennig. Letztlich habe zu vieles gegen den Einsatz im Klassenraum gesprochen, sagt der Pressesprecher der Stadt. Er nennt dazu „den hohen Stromverbrauch“ oder „die Lautstärke im Betrieb“ und verweist auf die Aussage von Umweltverbänden, „dass das regelmäßige Querlüften sinnvoller ist“.
An Schulen hat die Stadt aber Messgeräte verteilt, die die Luftqualität im Klassenraum anzeigen. Jede Schule hat drei Geräte erhalten. „Sie zeigen gut an, wann quergelüftet werden sollte“, so André Luciga, Rektor der Anne-Frank-Realschule. Es sei freilich sinnvoller, wenn jede Klasse einen CO2-Warner hätte – und generell zu begrüßen, wenn durch eine Luftfilteranlage die Sicherheit erhöht werde.
Lothar Jacksteit unterstützt die Forderung von Elterninitiativen, den Schutz in Klassenräumen zu erhöhen. „Wo Luftfilteranlagen nötig sind, sollte nicht gezögert werden“, so der Vorsitzender des Stadtverbandes Gelsenkirchen-Gladbeck der Lehrergewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). „Es müssen dann aber auch für Klassenräume mit bis zu 30 Menschen Filteranlagen mit einer hohen Leistung zur Reduzierung der Virenlast installiert werden, sonst kann sich die Deltavariante im geschlossenen Raum explosionsartig ausbreiten.“ Jacksteits weitere Forderung: „Land und Bund dürfen gerade finanzschwache Kommunen als Schulträger auch bei den Folgekosten nicht im Stich lassen, indem auch der Filteraustausch finanziert wird.“
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