Die großen Träger der Gladbecker Kitas sehen den zeitnahen Start in den Vollbetrieb mit Skepsis. Darum hätten sie lieber bis August gewartet.

Der Entschluss der Landesregierung steht, dass nach den Schulen (31. Mai) bei einer Inzidenz unter 100 nun am 7. Juni ebenfalls alle Kindergärten in den Regelbetrieb zurückehren sollen. Das sehen die großen Kita-Träger in Gladbeck auch mit Skepsis. Klar wird, dass eine andere Regelung wohl bevorzugt worden wäre.

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„Diese schnelle, hastige Öffnung für den Vollbetrieb schon ab 7. Juni ist so von uns und in den Betreuungseinrichtungen nicht erwartet worden“, sagt Michael Freudiger, als Abteilungsleiter Frühe Bildung und Erziehung zuständig für die 13 Kitas in Trägerschaft der Stadt Gladbeck. Man sei davon ausgegangen, „um das Ganze ruhiger angehen zu können“, dass die hoffentlich weitere Verbesserung der Infektionslage abgewartet werde, „um dann zum neuen Kindergartenjahr am 1. August wieder in den Regelbetrieb zu gehen“. Die Stadt werde versuchen, den Vollbetrieb ab dem kommenden Montag zu starten, ob das Angebot von allen Eltern angenommen werde „ist fraglich“, so Freudiger. Denn viele Eltern hätten ihre Betreuungsmöglichkeiten schon jetzt nicht voll ausgeschöpft, da sie aus Sorge um die Gesundheit ihr Kind lieber noch nicht in die Kita schicken wollten.

Entwicklungen zum Schutz von Kindern achtsam im Blick behalten

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Auch der Kita-Zweckverband, Träger der acht katholischen Kitas in Gladbeck, appelliert, die Entwicklungen zum Schutz von Kindern, Mitarbeitenden und ihren Familien achtsam im Blick zu behalten. „Kindertageseinrichtungen sind Bildungseinrichtungen, deren gesellschaftliche Relevanz sich nicht erst in der Corona-Pandemie wie durch ein Brennglas abgezeichnet hat“, so Geschäftsführerin Mirja Wolfs. „Nichtsdestoweniger blicken wir mit großer Sorge auf die zeitnahe Rückkehr in den Regelbetrieb. Das Monitoring, in dem das Ministerium die Infektionszahlen erhebt, zeigt noch immer hohe Ansteckungsraten mit Covid-19. Gerade durch die neuen Mutanten sind Kinder zunehmend betroffen“, so Wolfs. In politischen Gremien hatte sich der Kita-Zweckverband zuletzt für die Fortführung des eingeschränkten Regelbetriebs bis zu den Sommerferien ausgesprochen. „Dank der festen Gruppensettings und der Reduzierung des Betreuungsumfangs mussten Einrichtung kaum noch vollständig geschlossen werden. Durch die anstehende Durchmischung der Gruppen wird unsere Sorge dahingehend wieder größer“, fügt Mirja Wolfs hinzu.

Infektionsgeschehen wird genau beobachtet

Mit der Rückkehr in den Kita-Regelbetrieb haben alle Kinder einen uneingeschränkten Betreuungsanspruch im vertraglich vereinbarten Betreuungsumfang, pädagogische Konzepte können vollumfänglich umgesetzt werden. Die verbindliche Gruppentrennung ist aufgehoben.

Es gelten weiterhin die Hygiene- und Infektionsschutzmaßnahmen der Coronabetreuungsverordnung. Allen Kindern und Beschäftigten in der Kindertagesbetreuung werden landesseitig weiterhin pro Woche jeweils zwei Tests zur Verfügung gestellt.

Ab dieser Woche erhalten die Einrichtungen die „Lolli“-Tests zur Eigenanwendung durch die Eltern. Das Infektionsgeschehen wird laut Landesregierung weiterhin genau beobachtet, und auf Entwicklungen reagiert. Dies kann auch eine erneute Einschränkung der Betreuungszeiten beinhalten.

Wilfried Allkemper, Geschäftsführer der Ev. Kirche in Gladbeck, die elf Kitas im Stadtgebiet trägt, zeigt Verständnis für die Öffnung, hat aber auch Bedenken. „Für die Kinder ist es nach den besonderen Belastungen in der Pandemie wichtig, dass sie schnellstmöglich wieder ein normales Leben mit auch geregeltem Kita-Vollbetrieb führen können.“ Es sei für die Psyche der Kinder aber fatal, wenn durch zu rasche Schritte der Lockerung eine vierte Welle provoziert werde, „und alle Erleichterungen wieder zurückgefahren werden müssen“.

Die Kindergartengruppen werden jetzt wieder durchmischt

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Klar sei, „dass mit dem Vollbetrieb, Kinder aus sonst separierten Gruppen in den dünner besuchten Randzeiten am Morgen und am Nachmittag wieder durchmischt werden“, so Barbara Wagner, Gebietsleiterin des Zweckverbandes für Gladbeck. Unklar sei, inwieweit die Ausbreitung aggressiverer Virusvarianten in Gladbeck, etwa der indischen, so begünstigt werden könnten. Wie alle befragten Kita-Träger berichtet sie, dass der fortgeschrittene Impfschutz beim Kita-Personal für mehr Sicherheit in puncto Infektionsgefahr sorge, „da die Kinder selbst ja keinen Mundschutz in den Gruppen tragen“.

Zum besseren Sicherheitsgefühl trügen zudem die freiwillig möglichen Corona-Schnelltests der Kinder bei, „die von einigen Eltern regelmäßig, von anderen aber weniger genutzt werden“, so Wilfried Allkemper. Mit den jetzt neu vom Land zur Verfügung gestellten kinderfreundlicheren Lolli-Tests könne die Bereitschaft zum Selbsttest wachsen, hofft Michael Freudiger. Aber wohl nicht in allen Einrichtungen gleich stark, sagt Barbara Wagner. Sie wisse von einer Einrichtung in der Gladbecker Stadtmitte, „in der der Großteil der Eltern sich offenbar aus kulturellen Gründen nicht an den Selbsttests mit ihren Kindern beteiligt“.