Gladbeck. Der zweijährige Jannes ist an Leukämie erkrankt. Die Diagnose hat die Familie aus ihrem alten Leben gerissen.

Wenn der kleine Jannes durch den Garten tollt oder auf seinem Bobbycar die Straße entlang flitzt, käme niemand auf den Gedanken, der Knirps sei krank. Aber: Der Zweijährige leidet an Leukämie, musste schon viele Untersuchungen und Therapien über sich ergehen lassen und hat noch etliche vor sich: immer wieder Lumbal- und Knochenmarkpunktionen, Chemotherapien, Kortisonbehandlungen . . .

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Nur eines ist dem Kleinen bisher erspart geblieben: „Jannes braucht aktuell keine Stammzellenspende.“ Das zu betonen, ist seinen Eltern, die namentlich nicht genannt werden möchten, sehr wichtig, denn ein in den sozialen Netzwerken verbreiteter Aufruf zur Typisierung, den auch bekannte Sportler wie Julian Draxler und Jessica Steiger unterstützen, hat diesen falschen Eindruck erweckt. „Es wäre toll, wenn das Schicksal unseres Sohnes mehr Menschen dazu bewegt, potenzielle Spender zu werden. Wir selbst stehen schon seit Jahren in der Kartei der DKMS. Aber die Ärzte machen uns Hoffnung, dass Jannes ohne Spende geheilt wird“, betonen die Eltern.

Der Junge hatte sich ganz normal entwickelt

Eine Mitarbeiterin im DKMS-Labor arbeitet an einer Maschine für die Isolation der DNA für den Typisierungsprozess zur Stammzellenspende für Leukämiekranke.
Eine Mitarbeiterin im DKMS-Labor arbeitet an einer Maschine für die Isolation der DNA für den Typisierungsprozess zur Stammzellenspende für Leukämiekranke. © dpa | Robert Michael

Anzeichen für die Blutkrebserkrankung gab es nicht. „Jannes hat sich ganz normal entwickelt, war nur immer ziemlich blass“, erzählt sein Vater. Das fiel auch dem Kinderarzt bei einer routinemäßigen Vorsorgeuntersuchung auf. Eine Blutuntersuchung brachte am 21. Januar dieses Jahres die schreckliche Diagnose, „die uns den Boden unter den Füßen weggezogen hat“. Seitdem ist nichts mehr, wie es war. „Wir sind urplötzlich aus unserem alten Leben gerissen worden“, sagt die Mutter.

Noch am selben Tag fuhren die Eltern mit Jannes in die Uniklinik Essen. 14 Tage stationärerer Aufenthalt mit vielen Untersuchungen und den ersten Chemotherapien folgten. Vater und Mutter blieben abwechselnd bei dem kleinen Patienten, mussten mit ansehen, wie er seine blonden Haare verlor, nach der Entlassung aus dem Krankenhaus, während der anschließenden 36-tägigen Kortisonbehandlung, die Nebenwirkungen miterleben: „Er hatte regelrechte Fressattacken, auch nachts, hat nie durchgeschlafen, die Beinmuskulatur war ganz schwach.“ Aktuell erfolgen die Chemotherapien ambulant: vier Tage hintereinander eine Spitze, drei Tage frei. Der nächste Behandlungszyklus steht bevor.

Die ältere Schwester mit einem Kinderbuch informiert

Hilfeaufruf mit großer Resonanz

Den Aufruf, sich typisieren zu lassen und so potenzieller Stammzellenspender zu werden, hat Daniel Griese, ein guter Freund der Familie und Trainer des BV Rentfort III, initiiert, und viele sind dem Aufruf schon gefolgt.

Jannes’ Vater ist von der großen Resonanz schier überwältigt. „Über 100 Typisierungen hätte ich mich schon gefreut, aber mittlerweile können wir sie nicht mehr zählen. Auch wenn Jannes hoffentlich ohne Stammzellenspende gesund wird – jeder potenzielle Spender ist wichtig.“

Für die berufstätigen Eltern ist das alles nicht leicht zu organisieren. Und dann ist da noch Jannes’ sechsjährige Schwester, die, bei aller Sorge um das kranke Kind, auch nicht zu kurz kommen darf. Die Eltern haben ihr von der Krankheit des kleinen Bruders erzählt – mit Hilfe des Kinderbuchs „Der Chemokasper“. Auch für die Erstklässlerin hat sich das Leben verändert, auch sie sorgt sich um den Bruder, stellt ihren Eltern viele Fragen.

Vor der Diagnose ging Jannes in den Kindergarten, sollte wenige Tage später in eine neue Einrichtung wechseln. Der Platz für ihn wird bis August frei gehalten. Ob der Kleine dann tatsächlich in die Kita gehen kann, steht aber noch in den Sternen. Die intensive sechsmonatige Chemotherapie mit Infusionen und Spritzen ist dann zwar wahrscheinlich beendet, und Jannes muss anschließend „nur noch“ Tabletten schlucken. Wie sich sein Zustand bis dahin verändert hat, kann aber niemand voraussagen.

Eine Achterbahnfahrt der Gefühle

Die Eltern erleben seit der Diagnose vor gut zwei Monaten eine Achterbahnfahrt der Gefühle, schwanken zwischen Hoffen und Bangen. Und wenn die trüben Gedanken überwiegen, „das Kopfkino beginnt“, wie es die Mutter formuliert, dann richten sie sich an dem kleinen Jannes auf, der ganz unbeschwert und fröhlich durchs Leben geht, jedem zuwinkt, jeden anlächelt, herumtollt – wie ein gesundes kleines Kind.