Gladbeck. Erleichterung bei den Friseuren. Skepsis bei den Branchen, die im Lockdown bleiben. So reagieren die Gladbecker auf die Mini-Lockerung ab März.

Von Öffnungen – egal ob für Schulen oder Friseure – hält Markus Kaniewski, Inhaber des Landgasthauses Pieper, nichts. „Es wäre sehr klug, bis zum 15. April einmal komplett alles zu schließen. Sonst gibt es doch nur einen ewigen Ping-Pong-Effekt.“ Es fehle seitens der Politik eine konsequent klare Linie, kritisiert er. Es sei nicht nur unvernünftig, Kinder nun wieder zur Schule zu schicken, auch gebe es im Moment Wichtigeres, als sich die Haare frisieren zu lassen. „Eitelkeit muss in der Pandemie nicht groß geschrieben werden“, so Kaniewski. Es könne auch einfach mal zur Mütze gegriffen werden, oder der Haaransatz könne selbst zu Hause gefärbt werden.

Das sagt der Gladbecker Einzelhandelsverbandsvorsitzende Georg Hahne

Einzelhandelsverbandsvorsitzender Georg Hahne indes freut sich „über jeden, der wieder öffnen darf“. „Ich finde es toll, dass Friseure wieder öffnen dürfen.“ Gleiches hätte er sich aber auch für den Einzelhandel gewünscht. Einzelhändler fühlten sich schlecht behandelt. Alles werde derzeit auf dem Rücken der Kultur, des stationären Einzelhandels und der Gastronomie ausgetragen.

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Auch Angélique Weller, Inhaberin des Kosmetikstudios „Die Schönheits-Insel“, kann die nun getroffenen Entscheidungen nicht nachvollziehen. „Es ist eine sehr heikle Situation für uns. Die Kunden rufen uns an und fragen nach Terminen, manche haben ja auch Schmerzen, etwa an den Füßen“, so Weller, die auch medizinische Fußpflege anbietet.

„Nur für Patienten mit Rezept durfte sie zuletzt angeboten werden. Wir behandeln Patienten aber ohne Rezept und somit auf private Rechnung, daher wird das weiterhin nicht erlaubt sein.“ Alle vier Mitarbeiterinnen musste die junge Mutter in Kurzarbeit schicken, selbst einen Kredit aufnehmen. „Der ist nun ausgeschöpft.“ November- und Dezember-Hilfen seien inzwischen zwar geflossen, „was ist aber mit Januar und Februar?“, fragt die Selbstständige, die ihr Studio seit 17 Jahren betreibt.

In den Friseur-Salons in Gladbeck stehen die Telefone nicht still

Bei den Friseuren in Gladbeck hingegen herrscht natürlich große Freude über den Beschluss der Bundesregierung, den Lockdown für ihre Branche Anfang März zu beenden. Und: In den Salons stehen die Telefone nicht mehr still, weil alle Kunden versuchen, nach Wochen ohne Besuch beim Haarprofi nun möglichst rasch einen Termin zu ergattern.

„Uns hat die Nachricht alle sehr aufgebaut“, sagt Katja Krischel, Inhaberin von „Top Hair“ in der Innenstadt. Die ersten Kunden hätten direkt noch am Mittwochabend angerufen. Seitdem laufe die Terminvergabe kontinuierlich weiter. Vor allem Stammkunden, deren Termin wegen des Lockdowns nicht stattfinden konnte, hätten nun Vorrang. Damit aber niemand allzu lange warten muss, wird der Salon jetzt erst einmal zusätzlich auch an den Montagen öffnen. Eigentlich ist Montag Ruhetag. Eine Besprechung für alle Mitarbeiter hat Katja Krischel auch direkt angesetzt. Die Öffnung muss schließlich gut vorbereitet werden. „Ich glaube schon“, sagt sie, „dass wir in den Betrieben den Kunden die notwendige Sicherheit bieten können. Das ist für uns und unsere Mitarbeiter ja schließlich genauso wichtig.“

„Bei den seriös arbeitenden Friseuren werden alle Hygieneregeln eingehalten“

Mutmaßen über die Gründe für die Entscheidung

Was die Runde von Kanzlerin und Ministerpräsidenten dazu bewogen hat, vor allen anderen Branchen die Friseurbetriebe wieder zu öffnen, können die Friseure in Gladbeck letztendlich auch nur vermuten.„Vielleicht lag es ja tatsächlich daran, dass die Friseure zuletzt verstärkt auch in Berlin auf ihre Not aufmerksam gemacht haben“, so Katja Krischel.Darüber hinaus sind sich aber auch alle befragten Betriebe der Branche darin einig, dass von Friseurgeschäften in den vergangenen Monaten, wenn überhaupt, nur ein geringes Infektionsrisiko ausgegangen sei. Und auch die Politik scheint diese Branche als den Bereich mit überschaubarem Risiko einzuordnen.

Bernd Hoffmann von Intercoiffure Hoffmann am Rosenhügel geht sogar noch einen Schritt weiter: „Bei den seriös arbeitenden Friseuren werden alle Hygieneregeln eingehalten.“ Von dem, was während des Lockdowns von einigen schwarzen Schafen der Friseur-Branche illegal an Dienstleistung „in kleinen Stuben“ angeboten worden sei, sei die wirkliche Ansteckungsgefahr ausgegangen. Wenn er an die anderen Betriebe denke, die am 1. März noch nicht öffnen dürfen, empfinde er „auf jeden Fall Demut“, betont Bernd Hoffmann. Aber es gebe auf der anderen Seite auch viele Kunden, die sehr unter der Pandemie leiden würden. „Ihnen können wir jetzt immerhin wieder ein wenig Ruhe und Entspannung beim Friseur bieten.“

Auch im Salon von Klaus Tadsen an der Dorstener Straße in Zweckel klingelt das Telefon mehr oder weniger ohne Unterlass. Seit Stunden schon vergibt Tadsen Termine, checkt zwischendurch immer wieder die Mails, weil Kunden sich auch über diesen Weg melden. „Die erste Woche im März ist schon komplett dicht“, bilanziert der Geschäftsmann am frühen Donnerstagmittag. Fünf Mitarbeiter, zwei Festangestellte und drei Aushilfen, arbeiten bei ihm. Aus seiner Freude über die Wiedereröffnung am 1. März macht natürlich auch er keinen Hehl. Er sagt aber auch: „Für die anderen Branchen, vor allem die kleinen Läden und Boutiquen, die schon neue Ware ordern mussten, ist es ganz schlimm, dass für sie der Lockdown noch weiter geht.“

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