Gladbeck. Jobcenter im Kreis spricht für 2020 von einer „stabilen Lage“. Für 2021 werden die Ziele wieder höher gesteckt – Corona zum Trotz.

Corona hat viele Beschäftigte in die Kurzarbeit geführt, betriebliche Existenzen stehen auf der Kippe. Doch dass mit der Pandemie im großen Stil zusätzliche Armut über den Kreis Recklinghausen hereingebrochen ist, lässt sich zumindest aus den Zahlen des Jobcenters Kreis Recklinghausen nicht ablesen.

Für 1650 Anträge auf Hartz IV war nachweislich Corona die Ursache

Experten hatten jedenfalls mit Schlimmerem gerechnet. Nach Prognosen des Bundesarbeitsministeriums aus dem Frühjahr hätte sich das Vest im abgelaufenen Jahr auf 15.000 zusätzliche Hartz-IV-Empfänger einstellen müssen. Tatsächlich habe es nur 1650 Anträge gegeben, für die nachweislich Corona der Auslöser gewesen sei, sagt Dominik Schad, Leiter des Jobcenters Kreis Recklinghausen. Bei zwei Dritteln sei der Anspruch berechtigt gewesen. Sie hatten entweder ihren Arbeitsplatz verloren (224 Fälle), rutschten mit dem Kurzarbeitergeld unter das Hartz-IV-Niveau (311 Fälle) oder hatten als Soloselbstständige beziehungsweise Kleinstgewerbetreibende keine oder nur geringe Einnahmen (252 Fälle).

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Mit 9620 Integrationen in den ersten Arbeitsmarkt war 2019 das erfolgreichste Jahr für das Jobcenter. Für 2020 hatte sich die Hartz-IV-Behörde erneut viel vorgenommen. Doch Corona bremste das Vermittlungsgeschäft aus. Statt der angepeilten Steigerung fiel das Ergebnis Ende 2020 um 933 Vermittlungen schlechter aus (minus 9,7 Prozent). Dominik Schad spricht dennoch von einer „stabilen Lage“. Er verweist darauf, dass das Jobcenter Kreis Recklinghausen unter bundesweit 20 Regionen mit vergleichbaren Beschäftigungs- und Wirtschaftsstrukturen den dritten Platz belege. Der Blick nach vorne beinhaltet aber auch eine gehörige Portion Skepsis. „Die Folgen des zweiten Lockdowns sind überhaupt noch nicht absehbar“, betont Schad.

Der Arbeitsmarkt im Kreis Recklinghausen ist bisher halbwegs glimpflich durch die Krise gekommen

8686 Integrationen in versicherungspflichtige Beschäftigung haben dazu beigetragen, dass der vestische Arbeitsmarkt bisher halbwegs glimpflich durch die Krise gekommen ist. Eine deutliche Nachfrage nach Arbeitskräften habe es in den Bereichen Lager und Logistik, (Lebensmittel-)Einzelhandel und bei gesundheitsnahen Dienstleistungen gegeben, berichtet Carsten Taschner, Fachdienstleiter Markt und Integration im vestischen Jobcenter. Branchen, die in der Corona-Krise besonders gefordert sind.

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Zwei weitere Vergleiche stehen dafür, dass sich die Dinge 2020 nicht so schlecht entwickelt haben wie befürchtet. Zum einen ist die Zahl der erwerbsfähigen Leistungsempfänger trotz Corona weiter gesunken (um 1,9 Prozent auf 48.710), zum anderen gibt es auch weniger Hartz-IV-Haushalte („Bedarfsgemeinschaften“) als im Vorjahr (minus 2,1 Prozent auf 34.720). In diesem Zusammenhang drängt sich die – allerdings müßige – Frage auf, wie sich die Zahlen erst ohne die Pandemie entwickelt hätten…

Die Zahl der Vermittlungen soll um 7,2 Prozent steigen

Diskutiert wurde im nordrhein-westfälischen Arbeitsministerium darüber, ob es einen Sinn ergibt, für 2021 mit den Jobcentern Ziele zu vereinbaren. Letztlich haben sich die Verantwortlichen dafür entschieden. Jobcenter Chef Dominik Schad begrüßt das. „Wer sich keine Ziele setzt, kann auch keine erreichen.“

>> Das Jobcenter Kreis Recklinghausen steht nun vor der Herausforderung, die Zahl der Vermittlungen in den ersten Arbeitsmarkt im Vergleich zu 2020 um 590 zu steigern (plus 7,2 Prozent).

Drei Zielgruppen sollen dabei besonders in den Blick genommen werden: Unter 25-Jährige, Frauen und Langzeitleistungsbezieher.