Gladbeck. Historikerin baute mit neuen, unterschiedlichen Formaten Brücken zwischen dem Gestern und Heute - und erreichte viele Altersgruppen.

Sie hat Menschen in Gladbeck regelmäßig ein Fenster zur Vergangenheit geöffnet, mit Veranstaltungen verschiedenen Formats unterschiedliche Altersgruppen erreicht. Dafür ließ sich Stadtarchivarin Katrin Bürgel vielerlei Aktionen einfallen.

Nun wendet sie sich neuen Aufgaben zu. Sie kehrt in ihre niederrheinische Heimat zurück. Zum 1. Februar übernimmt die Historikerin die Leitung des Stadtarchivs in Kleve. Ein Anlass, auf ein gutes Jahrzehnt Schaffen in Gladbeck zurückzublicken.

Gladbeck: Stadtarchivarin Katrin Bürgel rückt Geschichte ins Licht der Öffentlichkeit

Auf den Punkt gebracht, lässt sich Bürgels Engagement so beschreiben: Sie schlug eine Brücke von der Vergangenheit in die Gegenwart. Und trat erfolgreich den Beweis an: Geschichtsschreibung muss kein Buch mit sieben Siegeln und staubtrocken sein. Bürgel bahnte einen Weg aus dem vermeintlich verschlossenen Refugium der Wissenschaft und des Archivwesens ins Licht der Öffentlichkeit.

Nach dem Abitur begann die heute 44-Jährige ein Studium in Düsseldorf - Geschichte und Deutsch - auf Lehramt. Bürgel absolvierte erfolgreich das erste Staatsexamen und die Magisterprüfung. Eine Ausbildung zum Höheren Archivwesen folgte. Die Historikerin trat im September 2009 ihren Dienst in Gladbeck an.

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Sie hütet seitdem das geschichtliche Gedächtnis der Stadt. Drei Stichworte charakterisieren den Kern ihres Aufgabenfeldes: Bewahren, Sichern und Vermitteln. "Wir Archivare wollen das gesellschaftliche Leben vor Ort abbilden", betont Bürgel. Das bedeutet: Nicht nur Protokolle, beispielsweise aus Sitzungen politischer Gremien, sowie Akten und offizielle Dokumente landen in den Regalen. Nein, auch Überlieferungen von Vereinen, Gemeinden, Parteien und anderen Gruppen finden Eingang ins Stadtarchiv; ebenso zeitgenössische Zeugnisse wie Postkarten, Fotos und Briefe.

Die Historikerin will Lokalgeschichte greifbar machen

Nicht zu vergessen Publikationen, die auch aus der Feder Katrin Bürgels stammen. Nehmen wir als Beispiel die Friedhofsbroschüre, in der Hintergründe zu speziellen Grabstellen zu finden sind. Der Expertin liegt es am Herzen, Lokalhistorie greifbar zu machen. Buchstaben hauchte sie Leben ein, wenn sie Quellen in die Öffentlichkeit trug - sei es in Schulprojekten zum Thema Nationalsozialismus und bei Recherchen zu Stolpersteinen in Erinnerung an ermordete jüdische Opfer; sei es bei Führungen durch das Stadtarchiv oder bei Besuchen in Schulen. Dem Archiv als Lernort schenkt die Expertin besonderes Augenmerk: "Mir war immer wichtig, dass die Schüler mit Originalquellen arbeiten, die sie sonst nicht in die Finger bekommen." Schließlich seien solche Schriften oft "wesentlich interessanter als Texte in Lehrbüchern".

Stadtrundgänge mit Lesungen stoßen auf ein großes Interesse

Und das i-Tüpfelchen setzten Angebote, in denen Lokalhistorie zum Leben erwachte. So stießen Stadtrundgänge mit markanten Stationen, an denen der Hagener Marco Spohr gestorbenen Gladbeckern - in Corona-Zeiten virtuell -eine Stimme gab, auf große Resonanz. Dieser Schauspieler gehörte zu den Kooperationspartnern, mit denen Bürgel regelmäßig arbeitete. Dazu zählen auch die Volkshochschule, Profis wie der Historiker Ludger Tewes und geschichtsbegeisterte Laien, darunter sei stellvertretend Walter Hüßhoff genannt. Mit der WAZ-Lokalredaktion Gladbeck stellte Katrin Bürgel eine Ausstellung zum 1. Weltkrieg auf die Beine, an der sich viele Gladbecker beteiligten.

Gladbecks Stadtarchivarin sucht neue Herausforderungen

Die Beiträge zur Erinnerungskultur in Gladbeck sind vielerorts sichtbar, man schaue nur auf die Tafeln an historischen Orten und das Denkmal für Euthanasieopfer. Stadtarchivarin Katrin Bürgel hinterlässt viele Spuren. "Jetzt suche ich neue Herausforderungen", sagt sie. Und zwar an einem Ort "mit einer anderen Stadtgeschichte, die nicht vom Bergbau geprägt ist". Ihre Nachfolge wird ausgeschrieben.

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