Gladbeck. Jeder kann sich an der Schau des Stadtarchivs zu Gladbecks 100. Geburtstag beteiligen. Der Zeitstrahl darf mit eigenen Beiträgen ergänzt werden.

Acht Meter erzählen 100 Jahre Gladbecker Lokalhistorie. Acht Meter mit Jahreszahlen, Ereignissen und Erinnerungen. Nicht nur Daten, die in Geschichtsbüchern zu finden sein (könnten). Nein, die Bürger sind aufgerufen, am Zeitstrahl mitzuwirken.

Und fast 40 Gladbecker haben dies bereits getan. Wie die Schülerin, die eine Notiz an das Geburtsjahr der Stadt geheftet hat: Da erblickte nämlich, am 10. Juli 1919, ihre Ur-Großmutter das Licht der Welt: Irmgard Strätner. Und sie lebt immer noch in Gladbeck, erfährt der Betrachter des Zeitstrahls. Wie ein Datengerüst weist diese Übersicht Ereignisse auf, die bei Besuchern Erinnerungen wecken und sie vielleicht dazu animieren, eigene Beiträge anzubringen. Notizkarten und Stifte liegen parat.

Da hat beispielsweise jemand zu einem Schicksalsdatum Gladbecks notiert: „Nie Bottroper sein.“ Dieser Kommentar bezieht sich auf eine nüchterne juristische Entscheidung am Nikolaustag 1975. „Der Zusammenschluss von Gladbeck, Bottrop und Kirchhellen wurde in einem Urteil für verfassungswidrig erklärt“, so Stadtarchivarin Katrin Bürgel. Damit fand ein Protest, der die Gladbecker Gemüter erhitzte, einen juristischen Schlusspunkt.

Natürlich wird auch der Bergbau in der Ausstellung des Stadtarchivs thematisiert.
Natürlich wird auch der Bergbau in der Ausstellung des Stadtarchivs thematisiert. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Kein „Happy End“ gab es hingegen für das Siemens-Werk – trotz erbitterten Widerstands. Anno 1991 machte es dicht. Auch dieses Ereignis dürfte sich ins Gedächtnis der erwachsenen Bevölkerung eingebrannt haben.

Auch positive Entwicklungen zeigt der Zeitstrahl

Doch auch positive Entwicklungen sind auf dem Zeitstrahl nachzulesen. Begebenheiten und Entwicklungen, die manch einer vielleicht gar nicht mehr so präsent hat. Königsblaue Fans dürften sich freuen: Bei einem Oberliga-Fußballspiel am 5. Februar 1950 im Gladbecker Stadion gewann Schalke vor 40.000 Zuschauern gegen den STV Horst-Emscher mit 2:1. Wer kann sich dessen entsinnen? Katrin Bürgel stellt fest: „Im Bereich Sport melden sich kaum Bürger mit Beiträgen.“

Die Ausstellung in Zahlen

Außer dem acht Meter langen Zeitstrahl im Untergeschoss des Neuen Rathauses, Willy-Brandt-Platz, ist ein weiterer Teil der Ausstellung im Foyer des Alten Rathauses aufgebaut. Dort wird Gladbecks Stadtgeschichte chronologisch dargestellt und an einigen Orten exemplarisch veranschaulicht. Zu sehen sind beispielsweise das Rathaus, die Stadthalle und das Pestalozzidorf.

Die Präsentation entstand in Zusammenarbeit mit dem Geschichtsbüro Köln und ist bis zum 27. November zu sehen. Stadtarchivarin Katrin Bürgel: „Danach wollte ich einen Teil der Ausstellung in den Lesesaal stellen. Den Zeitstrahl würde ich gerne hier hängen lassen.“

Dafür kommen aber ganz persönliche Erinnerungen zu Tage. Wie diese: „9.3.1999: Ich wurde Gladbecker“. Oder für das Jahr 1993: „Meine Mutter ist aus Kroatien“ nach Gladbeck gekommen. Ein Dankeschön an das Mädchenzentrum: Durch dessen Hilfe hat eine Bürgerin mit 60 Jahren Schwimmen gelernt.

Noch relativ frisch dürften herausragende Events aus der jüngeren Geschichte sein, wie das Freiluft-Konzert „WDR 2 für eine Stadt“ in Wittringen. Oder ebenda der Gordon Bennet Cup – ein Wettbewerb für Gasballone. Mit Heftzwecken angebracht ist auf dem Zeitstrahl der Kommentar: „Tolle Werbung für Gladbeck“. Stadtarchivarin Bürgel würde sich freuen, wenn sich noch mehr Einwohner an der Übersicht beteiligen würden. Warum nicht mal eine Notiz ergänzen wie: „Im Jahr sowieso habe ich mein Lokal eröffnet.“ Auch Fotos oder Briefe sind denkbar.

Auch 28 Aufsteller gehören zu der Ausstellung

Der Beitrag anderer Einwohner ist auf 28 Aufstellern zu sehen – wie Walter Hüßhoff als typischer Bergmann. Andere Tafeln stellen Persönlichkeiten vor, die Gladbeck geprägt haben oder ein Kapitel in der Lokalhistorie prägen, zum Beispiel der erste Oberbürgermeister Dr. Michael Jovy und Dr. Bernhard Preminger, das Ruhrpottkind, das die Nationalsozialisten verfolgten. Im Grün der Hoffnung steht an seinem Namen: „Versöhner“, kehrte er doch in die Stadt seiner Kindheit zurück. Und wer darf als Kind Gladbecks aus der jüngeren Zeit nicht fehlen? Klar, Fußball-Profi Julian Draxler. Die Informationen sind übersichtlich, komprimiert und leicht zugänglich: Sie geben einen guten Einblick in Gladbecks Historie.

Andere Bürger haben sich an der Ausstellung beteiligt, indem sie Exponate für die Glasvitrine zur Verfügung stellten – seien es nun Fotos oder Zeichnungen eines Jungen, der 1933/1934 mit Buntstiften Soldaten im Stechschritt malte. Utensilien aus dem Bergbau sind ebenso dabei wie die Erinnerung an den einzigen Olympiasieger: Willy Kaiser siegte 1936 in Berlin in der Klasse „Fliegengewicht“. Nicht zu vergessen jenes denkwürdige Telegramm vom 1. August 1919, das als Faksimile vorliegt. Die Preußische Staatsregierung verlieh Gladbeck Stadtrechte.