Gladbeck. Gladbecks Stadtarchivarin Katrin Bürgel und Mime Marco Spohr erinnern an die Pogromnacht 1938. Die szenische Lesung geht virtuell über die Bühne.

Corona hebelt unsere Erinnerungskultur nicht aus!“ Das sagen Katrin Bürgel, Leiterin des Stadtarchivs Gladbeck, und der Schauspieler Marco Spohr unisono. Was also eigentlich – von Angesicht zu Angesicht – als atmosphärische Lesung im Kommunalen Kino (KoKi) in der Stadtbücherei über die Bühne gehen sollte, verlegt das Duo jetzt am 11. November wegen der verschärften Corona-Schutzmaßnahmen ins Netz: „Düstere Vergangenheit: Der Nationalsozialismus in Gladbeck“.

Auch interessant

Und zwar nicht als Aufzeichnung, sondern live, wie Spohr betont: „Das Stadtarchiv verwandelt sich in unser virtuelles Theater.“ Mit gebührendem Corona-Sicherheitsabstand wollen die Stadtarchivarin und der Mime die Vergangenheit lebendig werden lassen – „in Erinnerung an den 9. November 1938“. Das Datum, das als „Reichspogromnacht“ in die Geschichtsbücher einging, markiert den Tag, an dem Antisemitismus offen in der deutschen Gesellschaft zutage trat.

Gladbeck: Teilnehmer dürfen sich auf bislang unbekannte Zeitzeugnisse freuen

Was in Gladbeck geschah, dokumentieren Aufzeichnungen von lokalen Zeitzeugen. Dabei dürfen sich Teilnehmer der gebührenfreien Lesung auf Quellen freuen, die bisher nicht an die Öffentlichkeit gedrungen sind. „Wir haben uns intensiv mit dem Thema beschäftigt und im Archiv gestöbert“, berichtet Bürgel, die schon fast ein Dutzend Projekte mit Spohr umgesetzt hat.

Auch interessant

Sie stieß bei der Recherche auf Aussagen des jüdischen Geschäftsmanns Isidor Kahn, der weniger bekannten Emmy Schneider und des niederländischen Zwangsarbeiters Hoog Antink. „Ich werde auch den ehemaligen Gladbecker Oberbürgermeister Bernhard Hackenberg spielen“, so der Hagener.

Der 46-Jährige: „Das Format und die literarischen Aufzeichnungen finde ich extrem spannend.“ So dichtete Wilhelm Olejnik unter dem Titel „Der Mensch am Hakenkreuz“: „Pöbel, Straßenmob, wilde Tiere/an ihrer Spitze ein Tiger, waren am regieren! Die nicht kannten Freiheit und Gesetz, die alles niederschlugen, was ihnen fiel ins Netz!“

Auch interessant

Jahre später, am 1. Mai 1943, notiert Gustav Klein in seinem Tagebuch seine Eindrücke von Bombenangriffen: „Die ganze Umgebung ist taghell erleuchtet, und da ertönt auch schon ein furchtbares Krachen, dem ein schlimmes Gläserklirren folgt. Und dann fällt Bombe auf Bombe.“

Auch interessant

Die historischen Fakten liefert in der Lesung Katrin Bürgel. Marco Spohr leiht den Menschen von damals seine Stimme. Wer dies erleben möchte, muss sich bis spätestens 10. November bei der Volkshochschule (VHS) anmelden: 02043/992415 oder vhs@stadt-gladbeck.de – dann erhält er einen Zugangslink und eine technische Einweisung.

Nichts verpassen, was in Gladbeck passiert: Hier für den täglichen Gladbeck-Newsletter anmelden.