Gladbeck. In Gladbeck fliegen Raben auf Engerlinge. Um an die Larven zu kommen, graben die Vögel Grünflächen auf dem Friedhof Brauck und im Stadion um.

Bei diesem Anblick drängt sich der Gedanke auf: Hier haben Maulwürfe gewütet. Der Boden sieht aus wie umgepflügt, aus den Erdhäuflein spitzen vereinzelt Grashalme. Doch WAZ-Leser Peter Weißelberg weiß: Da waren Raben am Werk. Kaum zu glauben, aber wahr, wie Ralf Sonnenberg vom Zentralen Betriebshof Gladbeck (ZBG) bestätigt.

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Tatsächlich, so der Grün-Experte, „graben“ die Vögel derzeit zuhauf Flächen um. Allerdings längst nicht stadtweit. Peter Weißelberg ist die wüste Situation auf dem Friedhof in Brauck aufgefallen. Nicht nur dort, so die Beobachtung, haben Raben die Flächen „bearbeitet“, auch die privaten Flächen in der Nähe des Gottesackers seien in Mitleidenschaft gezogen worden. Sonnenberg ergänzt, auch auf das Stadion fliegen diese Vögel, um dort das Grün zu beackern.

Gladbeck: Die Raben fliegen auf die Käferlarven und vertreiben Singvögel

Der Grund für dieses natürliche Phänomen steckt in der Erde. „Wir haben eine Pflanzenschutzfirma beauftragt, die Lage im Stadion zu analysieren“, berichtet Sonnenberg. Das Ergebnis: Engerlinge. Die Käferlarven sind Leckerbissen für Raben und Krähen. Und um dieses Futter in den Schnabel zu bekommen, buddeln die Vögel. Gegen die Larven hat Mutter Natur eine Lösung hervorgebracht. „Nematoden“ heißen die Gegner von Engerlingen.

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Ralf Sonnenberg, Grün-Experte beim ZBG, weiß:  Nematoden machen Engerlingen den Garaus.
Ralf Sonnenberg, Grün-Experte beim ZBG, weiß: Nematoden machen Engerlingen den Garaus. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Diese Fadenwürmer leben in Symbiose mit einem speziellen Bakterium. „Der Engerling frisst Nematoden, nimmt das für ihn schädliche Bakterium auf und stirbt“, erläutert Sonnenberg den Kreislauf. Und ohne diese Käferlarven seien die Grünflächen für Raben uninteressant.

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Klingt simpel, aber diese Rechnung geht nicht auf, denn der Faktor „Bodentemperatur“ ist nicht berücksichtigt. „Es ist jetzt zu kalt für Nematoden“, so der Fachmann. Deswegen „können wir im Moment nichts tun“.

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Diese Aussage dürfte Weißelberg nicht freuen. Aufräumarbeiten lohnten nicht, „da es bald wieder so aussieht“: „Am besten, man betoniert alles zu.“ Er hat ferner festgestellt, dass die Anzahl der kleinen Singvögel mit der Rabenplage enorm abgenommen habe. Sonnenberg gibt ihm recht: „Raben vertreiben Singvögel.“

Weißelberg fragt: „Dürfen Krähen in Gladbeck nicht mehr geschossen werden?“ Ralf Sonnenberg: „Das ist unverhältnismäßig.“ Bei diesem Phänomen, das erstmalig in Gladbeck aufgetreten sei, handele es sich halt um Natur. Es könne durchaus sein, dass der Engerling „im kommenden Jahr nicht mehr da ist“.