GLADBECK. . Stürme bringen Zerstörung, aber auch Krankheiten setzen dem Baumbestand in Gladbeck zu. Manche Baumart befindet sich auf dem absteigenden Ast.

Kyrill, Xaver, Ela, Ludger, Burglind und Friederike sind der Bäume Feind. Wo diese Unwetter wüten, hinterlassen sie Narben in der Landschaft. Die beiden letztgenannten Stürme fegten erst kürzlich, zu Jahresbeginn, über die Lande. Und wieder knickten sie Bäume um wie Streichhölzer, entwurzelten sie. „Die Schäden vom Unwetter ,Ela’ haben wir behoben“, sagt Bernhard Schregel, Grünexperte beim Zentralen Betriebshof Gladbeck (ZBG). Zerstörte Straßenbäume seien 1:1 ersetzt worden. Aber der Fachmann weiß auch: Der nächste Orkan dräut – ganz bestimmt.

Bernhard Schregel: „Früher hatten wir alle drei bis sechs Jahre einen Sturm.“ In jüngster Vergangenheit jedoch fegten Orkane mindestens einmal per anno über die Lande. Mit Burglind und Friederike haben wir bereits zu Jahresbeginn zwei Stürme zu verzeichnen. „Da macht sich der Klimawandel bemerkbar“, so Schregel.

Weichholz bricht schnell ab

Das hat Folgen, die Baumfreunden nicht verborgen bleiben dürften. „Wir müssen uns schon überlegen: Was kann man überhaupt noch pflanzen?“, sagt Bernhard Schregel mit Blick auf Gladbecks Straßenbäume. Ein Beispiel: Pappel. „Davon haben wir nur acht Stück. Pappeln sind Weichholz, das bei Sturm schnell abbricht. 80 Jahre Lebensdauer, das ist für solch einen Baum schon alt.“ Scheinakazien sollten eigentlich sehr tief wurzeln, „werden aber überbewertet“. Schregel berichtet: „Die Halden stehen voll davon, doch sie sind besonders anfällig. Deswegen werden sie freiwillig ersetzt durch Ahorn und Linde.“

Mit rund 300 Jahren ist sie die wahrscheinlich älteste Eiche in der Stadt. Das imposante Exemplar, für das der ZBG bereits stützende Maßnahmen ergriffen hat, steht auf dem Vöingshof an der Hornstraße.
Mit rund 300 Jahren ist sie die wahrscheinlich älteste Eiche in der Stadt. Das imposante Exemplar, für das der ZBG bereits stützende Maßnahmen ergriffen hat, steht auf dem Vöingshof an der Hornstraße.

Nicht nur Kyrill („Das war der schlimmste Orkan mit den größten Schäden!“), Ela und Co. machen so manchem Baum den Garaus. Sturm „Ludger“ packte sich in Zweckel „relativ viele“ Eschen und Platanen. Diese Lücken lassen sich nach der Aussage des Experten nicht mit Exemplaren der gleichen Art stopfen: „Es gibt das Eschentriebsterben.“ Die Platane, die in einer Baumaufstellung aus dem Jahre 2016 noch auf Rang 3 mit 1532 Stück stand und als ziemlich widerstandsfähig gilt, leidet häufig unter Schädlingen oder der „Massaria-Krankheit“.

Ganz schwarz sieht Schregel für die Kastanie, für viele Menschen hierzulande neben der Eiche ein typisch deutscher Baum. Sie befindet sich auf dem absteigenden Ast – ein bakterielles Roßkastaniensterben oder die Kastanienminiermotte dürften über kurz oder lang dazu führen, dass diese Art ganz von der Bildfläche verschwindet.

Straßenbild verändert sich

In besagter Bestandsaufnahme belegte sie mit 630 Exemplaren – also mit deutlichem Abstand zu den „Treppchenplätzen“ – Rang fünf. Die Kastanie ist ein Beispiel für eine Baumart, die Angriffen von außen nicht (mehr) gewachsen ist. Das Gesicht Gladbecks wird sich durch einen veränderten Baumbestand also ändern.

Bauen contra Baum

Stichwort „Verschwinden“: Zweckeler beklagen sich derzeit, dass in der Nähe des Bahnhof-Halts Bäume gefällt werden. Dort solle ein Park-and-Ride-Parkplatz entstehen, für den eben Bäume weichen müssten, so Schregel. Also Bauen geht vor Bäume? „Ja, wir dürfen mit der Baumschutz-Satzung keine Bauprojekte ausbremsen“, antwortet der ZBG-Experte. Die Stadtverwaltung „stellt bei uns einen Fällantrag“, und es müsse für Ersatz gesorgt werden.

Kein Platz für Neupflanzungen

Schregel berichtet: „Früher haben wir 600 bis 800 Bäume im Jahr neu gepflanzt. Jetzt sind es nur noch 100 bis 150 – alles Ersatzpflanzungen. Wir haben einfach keine Standorte mehr, an denen wir etwas setzen können.“

Aus welcher Richtung weht der Wind? 

„Ab Windstärke acht haben wir es mit einem Naturereignis zu tun“, sagt Bernhard Schregel vom Zentralen Betriebshof. Aber Sturm sei eben nicht einfach Sturm. Viele Faktoren seien ausschlaggebend für die zerstörerische Wirkung von solchen gewaltigen Unwettern.

1Aus welcher Richtung weht der Wind? Bernhard Schregel: „Die meisten Stürme kommen aus Südwest.“

2Ein weiter Aspekt: Naht das Unwetter zu einer Zeit, in der Bäume volle Belaubung tragen? „Wenn dann starker Wind aufkommt, wirkt das Laub wie ein Segel und haut den Baum um“, erläutert der Fachmann. Deswegen sei ein Ereignis wie „Ela“ an Pfingsten 2014 viel brisanter als ein Wintersturm.

3Ist der Boden trocken oder nass? „In einem feuchten Boden sind Bäume viel weniger stabil als in einem trockenen“, sagt Bernhard Schregel.

4Nicht zu vergessen die Art der Bepflanzung, die einem Unwetter ausgesetzt ist: „Handelt es sich um Laub- oder Nadelbäume? Letztere wurzeln oft flach, haben wenig Halt. Bei ,Friederike’ im Januar sind im Marler Bereich und in der Hardt ganze Flächen verwüstet worden.“ In Gladbeck hingegen „haben wir überhaupt keine Nadelhölzer“.