Gladbeck. Von Gladbeck über den Bodensee bis nach Schweden. Darum hat sein ungewöhnlicher Nachname Thorsten Günthör zum Familienforscher werden lassen.

Thorsten Günthör (48) ist an der Meerstraße in Gladbeck-Ellinghorst aufgewachsen und lebt dort mit seiner Familie immer noch. Zwar nicht mehr in seinem Elternhaus, sondern nebenan „in einem Bergmannshaus“, wie er berichtet. Er ist seiner Heimatstadt sehr verbunden, und dies war sicher auch ein Grund, warum er vor etwa acht Jahren damit begann, sich auf die Spuren seiner Familie zu begeben.

Im Stadtarchiv von Gladbeck und im Archiv von St. Lamberti wurde Thorsten Günthör fündig

In erster Linie sei es allerdings der Familienname gewesen, dessen Herkunft ihn interessiert habe, „weil er so selten ist“, sagt der Gladbecker. Vor einigen Monaten habe er, bedingt durch die „Corona-Entschleunigung“, wieder das Archiv aufgesucht. Damit meint Günthör einerseits das Gladbecker Stadtarchiv, andererseits das von St. Lamberti. Die Mitarbeiter dort hätten ihn sehr dabei unterstützt, die alten Dokumente überhaupt zu verstehen. Dies ist ihm wichtig hervorzuheben.

Dieses Foto zeigt Thorsten Günthörs Urgroßeltern Josef und Paula Günthör. Es ist ihr Hochzeitsfoto.
Dieses Foto zeigt Thorsten Günthörs Urgroßeltern Josef und Paula Günthör. Es ist ihr Hochzeitsfoto. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Angefangen hat seine Familienforschung mit dem Sammeln von alten Fotografien: „Ich habe immer daneben geschrieben, wer dort zu sehen ist und in welchem Verwandtschaftsgrad derjenige zu mir und meiner Familie steht.“ Im Archiv von St. Lamberti hat Günthör alte Kirchenbücher gewälzt und konnte bisher seine Familie bis ins Jahr 1890 zurückverfolgen: „Am 24. Mai 1890 ist mein Uropa, Josef Günthör, geboren. Ich möchte aber weiter zurückgehen, weil ich weiß, dass sein Vater – auch ein Josef Günthör - und seine Frau Elise in Friedrichshafen am Bodensee lebten und ihr Sohn von dort ins Ruhrgebiet ging.“

Der Namen Günthör soll ursprünglich aus Schweden stammen

Und hier liegt für den Gladbecker der erste Schlüssel zu seinen Wurzeln: „ In unserer Familie wurde überliefert, dass der Name Günthör ursprünglich aus Schweden kommt.“ Daraufhin habe er sich an das Stadtarchiv Friedrichshafen gewendet, um herauszufinden, wie Schweden und die Stadt am Bodensee miteinander zusammenhängen könnten. „Die Mitarbeiter dort haben mir dann erklärt, dass die Schweden im 30-jährigen Krieg am Bodensee waren (s. Info). Darüber hinaus sei ihm sehr dabei geholfen worden, wasserdichte Daten über seinen Ururgroßvater zu erfahren: „Das ist für meine weiteren Nachforschungen extrem wichtig gewesen“, ist Günthör dankbar. „Jetzt nehme ich mir die Zeit, nach weiteren schriftlichen Dokumenten zu forschen, denn ich habe die Erfahrung gemacht: Je mehr man erfährt, desto neugieriger wird man.“

Eine Aufenthaltsbescheinigung von Thorsten Günthörs Uropa aus dem Jahr 1912.
Eine Aufenthaltsbescheinigung von Thorsten Günthörs Uropa aus dem Jahr 1912. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Er weiß, dass Josef Günthör, sein Urgroßvater, 1912 für den Bergbau angeworben wurde und so nach Gladbeck kam. Dort lernte er Paula Foral kennen und lieben. Sie heirateten und bekamen zwei Kinder. „Mein Großvater ist 1922 geboren. Er arbeitete später als Schreiner ebenfalls im Bergbau. Enkel Thorsten, der in einem Finanz- und Rechenzentrum tätig ist, hat heute zwei Söhne – Zwillinge im Alter von 21 Jahren: „Ich kenne meinen Opa, meinen Vater und mich selbst sowie die ganzen Überlieferungen, das möchte ich gerne weitergeben, möglicherweise schriftlich fixieren.“ Allerdings glaube er, das wahre Interesse werde bei seinen Söhnen erst kommen, wenn sie älter seien.

Ende des Jahres will der Gladbecker nach Friedrichshafen reisen - dort gibt es eine Pension Günthör

Solange wird Thorsten Günthör weiterforschen bis er noch mehr erfährt: „Ende des Jahres will ich nach Friedrichshafen reisen, da gibt es nämlich eine Pension, die heißt Josef Günthör, also wie mein Uropa. Ich vermute hier einen weiteren Familienstamm, der so um 1920 auseinandergerissen wurde.“

Der Westfälische Frieden

Ausgelöst durch den „Prager Fenstersturz“, dauerte der 30-jährige Krieg von 1618 bis 1648. Beendet wurde er in Münster und Osnabrück durch den Westfälischen Frieden.

Bereits 1629 ließ sich Gustav-Adolf von Schweden ein Mandat für den Kriegseintritt erteilen. Was ab 1632 folgte, war der Seekrieg auf dem Bodensee. Noch heute befindet sich die Insel Mainau im Besitz der Familie Bernadotte, die aus Schweden stammt und mit der schwedischen Königsfamilie verwandt ist.

Anhand sogenannter Anwesenheits- bzw. Besuchskarten konnte Günthör herausfinden, dass sich einige Geschwister des Urgroßvaters – sie waren insgesamt sieben Söhne – für kurze Zeit in Gladbeck aufhielten: „Ich vermute, der Josef Günthör hat zu denen gesagt, hier gibt’s Arbeit, kommt doch mal vorbei.“

Die Brüder sind dann nach kurzer Zeit wieder an den Bodensee zurückgekehrt. „Ich hoffe, noch einen Teil der entfernten Familie kennenzulernen. Ich kenne nur direkt Verwandte, Großeltern, Eltern, meinen Onkel und meine Kinder. Auch in Richtung Schweden geht sein Forscherdrang: „Vielleicht gibt es dort noch weiter zurückreichende Spuren. Ich bin gespannt, ob sich etwas nachweisen lässt.“ Mittlerweile hat Thorsten Günthör auch damit begonnen, die Familie seiner Mutter zu erforschen. Doch damit steht er noch ganz am Anfang.