Gladbeck. So spannend kann Geschichte sein. Am Tag des Archivs betrieb Natalie Bruns aus Gladbeck im Stadtarchiv Ahnenforschung. Und das mit viel Erfolg.

„Der Spitzbube, der am Sonntagabend meine Taschenuhr aus meiner Wohnung entwendet hat, wird ersucht, auch noch den Uhrschlüssel zu holen, da ich für denselben keine Verwendung mehr habe. Der Schlüssel hängt an demselben Nagel.“ Wie diese Geschichte ausgegangen sein mag, wissen wir leider nicht, nur so viel, dass diese Anzeige in der Gladbecker Zeitung vom Dezember 1927 stand.

„Von der Depesche bis zum Tweet“

Freitag, am Tag der Archive, konnte das Dokument, wie viele andere auch, im Stadtarchiv Gladbeck nachgelesen werden. „Kommunikation. Von der Depesche bis zum Tweet“, unter dieses Motto hatte Archivleiterin Katrin Bürgel eingeladen – und es gab viel zu entdecken. Im Lesesaal wurden die unterschiedlichen Quellen rund ums Thema präsentiert, mit denen auch interessierte Bürgerinnen und Bürger arbeiten können.

Das Stadtarchiv bietet viele historische Quellen.
Das Stadtarchiv bietet viele historische Quellen. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Während der Archivführung erfuhren die Besucher Wissenswertes über die sogenannten Personenstandsregister, die sich bis 1879 zurückverfolgen lassen. Gemeint sind damit die Geburts- Heirats- und Sterbedaten von Gladbecker Einwohnern, gleichgültig, ob hier geboren oder später zugezogen. Katrin Bürgel präsentierte ihren Besuchern zahlreiche „alte Schätzchen“: Das älteste Stück des Archivs aus dem Jahr 1420, auf Pergament geschrieben und mit einem Wachssiegel versehen, stammt von einer Äbtissin aus Münster und wurde ehrfürchtig bestaunt.

Das Protokollbuch über die ersten Gemeindeversammlungen stammt aus dem Jahr 1844

Die Gladbecker Chronik von 1803 bis 1840 vom damaligen Amtmann Wilhelm Tosse verfasst, ist hier genauso zu studieren, wie das Protokollbuch über die ersten Gemeindeversammlungen im Jahr 1844, als die Stadt noch zum Amt Buer gehörte. Im vergangenen Jahr hat Gladbeck ausgiebig den 100. Geburtstag der Stadtwerdung gefeiert. Erfahren hatte die damalige Stadtspitze dies zunächst in einem Telefonat, das am 1. August 1919 durch ein Telegramm aus Berlin noch einmal bestätigt wurde: „Preußische Staatsregierung hat Gladbeck am 21. Juli Städteordnung verliehen – Innenminister“, so der lapidare Text. Eine Urkunde hat es nie gegeben.

Natalie Bruns war mit ihrer Mutter ins Stadtacrhiv Gladbeck gekommen, um sich auf die Spuren ihrer Vorfahren zu begeben.
Natalie Bruns war mit ihrer Mutter ins Stadtacrhiv Gladbeck gekommen, um sich auf die Spuren ihrer Vorfahren zu begeben. © SN

Der Tag des Stadtarchivs war in gewisser Weise auch der Tag von Natalie Bruns (42), die mit ihrer Mutter ins Stadtarchiv gekommen war. „Im letzten Jahr ist meine Oma gestorben“, erzählt sie, „und da ich nur weiß, dass meine Ur-Uroma aus Allenstein in Masuren zum Arbeiten nach Gladbeck geschickt worden ist, möchte ich jetzt mehr darüber wissen, wo ich eigentlich herkomme. Vielleicht erfahre ich heute, wie ich das anstellen kann.“ Genau dafür bot das Archiv an diesem Tag eine Einführung in die Familienforschung an. Niklas Häusler, Fachangestellter für Medien und Informationsdienste, erläuterte an Beispielen, wie man sich Schritt für Schritt seiner Familiengeschichte nähern könnte. Erstaunen gab es darüber, dass selbst die vielen Umzüge, die zum Teil einmal in der Region stattfanden, aber auch häufig zurück in die alte Heimat führten, akribisch festgehalten worden sind.

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Währenddessen blätterte Natalie Bruns im „Einwohnerbuch der Stadt Gladbeck von 1937“ und zu ihrer großen Überraschung und Freude fand sie dort alle ihre Vorfahren wieder.

Das Interesse an der Familienforschung ist sprunghaft gestiegen

„Jetzt kann ich von hier aus weitermachen“, sagte sie voller Tatendrang. „2009 hat es bundesweit eine Gesetzesänderung gegeben, nach der Personenstandsunterlagen an die Archive abgegeben werden und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden müssen“, berichtet die Archivleiterin. Seitdem habe es einen sprunghaften Anstieg beim Interesse an Familienforschung gegeben. Der Tag der offenen Tür im Stadtarchiv endete mit einer Veranstaltung am Nachmittag, die unter der Überschrift „Erzähl doch mal von früher“ das Thema Familie noch einmal um ganz persönliche Sichtweisen bereicherte.

Die Familienforschung

Wer sich für Familienforschung interessiert, kann im Stadtarchiv Gladbeck, Neues Rathaus, Untergeschoss U83, Di. bis Fr. 8.30 bis 12.00 Uhr, Di. bis Do. 13.30 bis 15.30 Uhr sich kundig machen.

Weiterführende Unterlagen stellen die Mitarbeiter des Archivs zusammen. Fotos oder Flurkarten sind teilweise digitalisiert. Sie werden, kopiert bzw. auf CD gebrannt, verschickt. Tel. Anmeldung unter 02043/ 992545, Infos: www.stadt-gladbeck.de/stadtarchiv