Gladbeck. Die Probleme-Immobilie Steinstraße Gladbeck zerrt an den Nerven der Anwohner. Die Nachbarschaft sprach darüber mit den Bürgermeisterkandidaten.
Die Nerven liegen blank in der Nachbarschaft der Probleme-Immobilie Steinstraße 72 in Butendorf. Seit langem leiden die Anwohner, wie sie berichten, vor allem unter permanentem Lärm und nächtlichen Ruhestörungen, die von den Bewohnern des Hochhauses ausgehen. Vor Ort klagten sie am Montagabend ihr Leid den Bürgermeisterkandidaten der anstehenden Kommunalwahl - und baten um Hilfe, ja forderten ihre Unterstützung. „Es ist fünf vor zwölf hier!“ Ein Patentrezept hatten die Politiker zwar nicht, versprachen aber, das Thema im Blick zu behalten.
Neben dem „ganztägigen Lärm“ bemängeln die Nachbarn Sicherheitsdefizite, berichten von Ängsten und sehen sich Hygieneproblemen ausgesetzt. Rund 25 Familien aus Schacht- und Stallhermstraße, vom Heimannshof und der Steinstraße selbst haben sich nun zusammengetan, um auf die „gewaltige Problemlage“ aufmerksam zu machen, wie die beiden Organisatoren Tobias Stolze und Uwe Bergmann berichten. Viele andere seien interessiert, trauten sich aber aus Angst nicht, sich öffentlich zu äußern.
Die Anwohner der Steinstraße fühlen sich allein gelassen
Die Anwohner berichteten, dass sie so gut wie täglich den Kommunalen Ordnungsdienst (KOD) oder die Polizei alarmieren und um Hilfe bitten. Nur: Viel ausrichten könnten die Einsatzkräfte, die sich oft bei ihren Besuchen in dem Problemhochhaus wegen enormer Sprachprobleme nicht verständlich machen könnten, auch nicht, so ihr Fazit. Oftmals sei die Situation bei Eintreffen der Streifen auch plötzlich eine andere. Inzwischen, so Stolze, komme die Polizei oftmals gar nicht mehr oder verweise auf das Ordnungsamt. „Das aber sagt uns, wir sollen die Polizei anrufen.“
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Natürlich habe man das Gespräch mit den Hochhausbewohnern gesucht, nicht nur einmal, sondern mehrmals, berichtet Stolze. „Wir finden aber kein Verständnis.“ Nachbar Holger Klekar wird deutlicher: „Wir werden beschimpft und beleidigt, auch bedroht.“ Von den Behörden, von der Politik komme zu wenig Unterstützung. „Wir fühlen uns inzwischen im Stich gelassen.“
Drosdzol wünscht sich ein drastischeres Vorgehen der Behörden
Die Bürgermeisterkandidaten - neun der elf Bewerber waren gekommen - sprachen von einer „unguten Entwicklung“, äußerten im Laufe der zweistündigen Diskussion unterschiedliche Herangehensweisen. SPD-Kandidatin Bettina Weist konstatierte „ein schwieriges Miteinander“ und versprach angesichts einer Erwartungshaltung unter den Nachbarn einen regelmäßigen Austausch, um „Maßnahmen zu entwickeln“. Angesichts der Anforderungen an den KOD wünsche sie sich aber auch eine personelle Aufstockung der Polizei. „Anerkannte Werte sind nicht verhandelbar“, sagte sie mit Blick auf die von den Nachbarn beklagten Respektlosigkeiten und gesellschaftlichen Regelverstöße durch die Hochhaus-Bewohner.
CDU-Kandidat Dietmar Drosdzol wünscht sich ein drastischeres Vorgehen der Behörden: „Permanente Ruhestörung ist keine Bagatelle.“ Nötig seien „Forderungen von ganz oben in der Verwaltung, dass was passieren muss“. Polizei und KOD müssten stärker durchgreifen, der KOD müsste personell aufgestockt und besser ausgerüstet werden, etwa mit Bodycams.
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Linke und DKP wollen die Eigentümer in die Pflicht nehmen
Die Kandidaten der Linken und der DKP, Olaf Jung und Gerd Dorka, nahmen die Eigentümer in den Fokus. „Die sind gefordert, sie versagen hier“, so Dorka. Sie hätten dafür zu sorgen, dass von ihren Mietern keine Störungen ausgingen. „Erst wenn sie ihren Verpflichtungen nicht nachkommen, kann die öffentliche Hand einsteigen“, so der DKP-Politiker, der aber auch darauf hinwies, dass im Hochhaus „auch nur Menschen wohnen“.
Auch Olaf Jung, selbst einer der betroffenen Nachbarn, warf den Eigentümern Untätigkeit vor. „Die Besitzer lassen ihr Eigentum herunterkommen und Polizei und KOD die Probleme lösen.“ Jung wies auf rechtliche Grauzonen bei der Vermietung und ein kriminelles Milieu hin, das sich breit mache. Er rechnete vor, dass allein die Einsätze des KOD die Stadt im Jahr rund 200.000 Euro kosten.
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Kellermann schlägt Security-Einsatz vor
Die Grüne Simone Steffens erklärte, man müsse „zum Austausch kommen“ mit den Hochhausbewohnern, um Strukturen für ein Miteinander zu entwickeln. Sie sagte aber auch ihre Unterstützung zu, die Polizei stärker für die Problematik zu sensibilisieren. AfD-Mann Marco Gräber sagte, der KOD müsse jeden Tag „auf der Matte stehen“.
Der parteilose Kandidat Markus Kellermann schlug für „eine schnelle, effektive Erstlösung“ einen regelmäßigen Security-Einsatz vor. Ulas Polat, ebenfalls parteiloser Kandidat, plädierte für den „Aufbau einer Kommunikationsebene“ mit den Hochhausbewohnern sowie Wertevermittlung. „Man muss deeskalierende Lösungen finden.“ Wenn man das Problem mit Gewalt lösen wolle, löse man Gegengewalt aus.