Gladbeck. Die Gladbecker Kantorin Friederike Spangenberg spricht über einen Neustart der Chöre nach der Corona-Pause. Auflagen erschweren die Arbeit.
Das Coronavirus hat die Chöre über etliche Wochen verstummen lassen. Zu groß war die Unsicherheit, wie sich Singen auf das Ansteckungsrisiko auswirken könne. Auch in den Ensembles der Kirchstandorte in der Propsteipfarrei St. Lamberti war es still geworden. Doch nach den Sommerferien könnten einige der katholischen Chöre die Proben wieder aufnehmen.
Man beachte den Konjunktiv, denn Friederike Spangenberg blickt mit aller Vorsicht auf den Versuch eines möglichen Neustarts. Adagio – laaangsam – „schauen wir, was geht“. Dabei müsste die 36-jährige Kantorin in St. Lamberti eigentlich eher von einem neuen Anfang sprechen. Spangenberg verschweigt mit Blick auf eine zukünftige Chorarbeit nämlich nicht: „Die Menschen werden feststellen: Das ist nicht mehr das, was sie gewöhnt sind und was sie mögen.“
Gladbeck: Die Umsetzung der strengen Auflagen wirft Probleme auf
Und das liegt an den strengen Auflagen, die das Bistum Essen aufstellt. Die Hygieneregeln und das regelmäßige Lüften der Versammlungsräume haben mittlerweile die meisten Menschen verinnerlicht, ebenso die einzuhaltenden Abstände zu den Nächsten. Aber gerade in letzterem Punkt liegt die Crux. Spangenberg erklärt: „Drei Meter Abstand zum Nachbarsänger, vier Meter in die Ausstoßrichtung und sechs Meter zum Chorleiter.“ Da muss niemand ein Rechenkünstler sein, um zu erkennen: Die Umsetzung kostet einige Mühe und viel Platz. Dass unter diesen Umständen kaum ein Chor in Gesamtstärke zusammenkommen kann – kein Geheimnis. Eine Aufteilung in kleine Gruppen könnte eine Lösung sein.
„Gerade die Abstände sind für Laiensänger ein Problem“, so die Kirchenmusikerin. Denn für Chormitglieder ist das genaue Hinhören ein zentrales Gebot. Die Einflüsse von außen wirken als Korrektiv für die eigene Stimme. Proben unter freiem Himmel sind aus akustischen Gründen ebenfalls nicht der Weisheit letzter Schluss – von der Wetterabhängigkeit einmal ganz zu schweigen. Eine weitere unbekannte Größe bei allen Plänen: Wie viele der einstigen Mitglieder werden überhaupt noch an den Proben teilnehmen wollen?
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Spangenberg ist für sieben Chöre an den Kirchstandorten plus Propsteichor mit 54 Köpfen und die Schola canentium St. Lamberti verantwortlich. „Vom Bistum Essen kommt die Empfehlung, keine Chorproben durchzuführen“, betont die Expertin. Sie weiß aber auch: „Die Menschen wünschen es sich, wieder in der Gemeinschaft zu singen.“ Bisweilen, so hat die 36-Jährige erfahren, ist ein passionierter Sänger sogar verstimmt, wenn er schweigen soll.
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Das müssen Besucher bereits in den heiligen Messen. „Der Gesang im Gottesdienst muss vorerst bis auf Weiteres leider entfallen, weil wir nach Auskunft von Fachleuten beim Singen ein erhöhtes Infektionsrisiko nicht ausschließen können“, heißt es aus dem Ruhrbistum. Das solle jedoch nicht heißen, dass die Messen sang- und klanglos ablaufen. Orgelmusik ist erlaubt, Kantoren dürfen ebenfalls ihre Stimme erheben. Also setzt sich Spangenberg an die Tasten und gestaltet ihre musikalischen Beiträge „so abwechslungsreich wie möglich“: „Ich bemühe mich, nicht so Bekanntes zu spielen. Denn es ist schlimm, nicht mitsingen zu dürfen, wenn man ein Stück kennt.“
Suttmeyers Nachfolgerin
Friederike Spangenberg hat die Nachfolge von Konrad Suttmeyer angetreten, der in 39 Jahren als Kantor in St. Lamberti in den Ruhestand gegangen ist. Mehr als 500 Projekte brachte er in Gladbeck zum Klingen.
„Konrad Suttmeyer wurde am 8. März verabschiedet. Eine Woche darauf wäre diese Veranstaltung wegen Corona nicht mehr möglich gewesen“, sagt Friederike Spangenberg. Die 36-Jährige ist seit April verantwortlich für die katholische Kirchenmusik in Gladbeck.
Weiß der Himmel, wie sich die Corona-Infektionszahlen in den kommenden Wochen entwickeln – und ob dann noch Chorproben denkbar sind. Doch eines ist sicher wie das Amen in der Kirche: Eine Festmesse zu Weihnachten mit einem großen Werk, wie es in der Vorjahren unter Konrad Suttmeyer mit Pauken und Trompeten Furore machte, wird im Corona-Jahr 2020 nicht erschallen. Propst André Müller habe einen Alternativ-Plan in der Schublade. Doch darüber ist noch der Mantel des Schweigens gebreitet. Spangenberg verspricht aber: „Wenn alles gut geht, wird es ein Event, das man nicht vergisst.“