Gladbeck. Der Zentrale Betriebshof Gladbeck kontrolliert die Stabilität von Grabsteinen. Pro Jahr gibt es insgesamt etwa 30 Beanstandungen.
Das Messgerät zeigt an: Sitzt, passt, hat Luft – alles okay! Obwohl: Wenn ein Grabstein wackelt, ist nicht alles im grünen Bereich. Ganz im Gegenteil, es könnte gefährlich werden. Um kritische Situationen zu vermeiden, überprüft Philipp Koslowski vom Zentralen Betriebshof Gladbeck (ZBG) derzeit wieder einmal akribisch die Standfestigkeit der Male auf den drei städtischen Friedhöfen.
„Es geht um die Unfallgefahr“, sagt Vorarbeiter Lothar Venghaus. Die Kontrolle sei Pflicht, nachdem vor Jahren an verschiedenen Orten – beispielsweise in Bayern und auf Rügen – Kinder von umstürzenden Grabsteinen erschlagen worden seien, berichtet Silke Kuckert-Brinkmann, verantwortlich für die Friedhofsunterhaltung beim ZBG.
Gladbeck: Wackelkandidaten bekommen einen Hinweis-Aufkleber verpasst
Legten Betreiber der Anlagen früher Hand an und ruckelten an den Grabmalen, geht’s heutzutage moderner zu. An die Stelle des „Rütteltests“ ist seit dem Jahr 2015 eine Druckkontrolle gekommen. Dafür hat Koslowski eine Fortbildung absolviert, er ist auf diesem Gebiet der Experte beim ZBG. Ein Messgerät untersucht in Kilogramm die Stabilität der steinernen Erinnerungsstücke. „Der ZBG muss alle stehenden Grabsteine prüfen“, sagt der 37-Jährige.
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„Wir haben das Vier-Augen-Prinzip“, betont der Gladbecker. An diesem Tag geht ihm auf dem Friedhof in der Stadtmitte Kollege Matthias Düing zur Hand. Der 34-Jährige legt das etwas unhandliche Gerät an einem Grabmal punktgenau gemäß einer Höhenskala an. „Der Druck muss immer bei 30 Kilogramm liegen“, erklärt Koslowski, der alle Daten sorgfältig dokumentiert. An diesem Prüfstein ist das Duo zufrieden. Daran ist nichts zu rütteln. Kein Weichen, kein Wanken – so muss es sein.
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Kuckert-Brinkmann stellt fest: „Hier hat der Steinmetz mit dem Sockel gut verdübelt.“ Sie unterstreicht: „Es hat nichts mit dem Alter eines Grabsteins zu tun, ob er stabil ist, sondern mit der Verarbeitung.“ Die Witterung trägt im Laufe der Zeit dazu bei, dass nicht alles in alle Ewigkeit standfest bleibt. Da kann ein Grabmal schon einmal, etwa nach einer Frostperiode, schwach werden.
Ärgernis: Hundekot
Das oberste Gebot in den Ordnungsvorschriften der Friedhofssatzung in Gladbeck lautet: „Jeder hat sich der Würde des Ortes entsprechend zu verhalten.“
Verboten sind neben Lärmen und Spielen unter anderem Foto-, Ton- und Videoaufnahmen, ausgenommen für private Zwecke. Die Wege auf den Anlagen in der Stadtmitte, Brauck und Rentfort dürfen nicht mit Fahrzeugen aller Art befahren werden – ausgenommen Kinderwagen und Rollstühle.
Für Vorarbeiter Lothar Venghaus und seine Kollegen ein gewohntes Bild: Radler, die über die Friedhöfe flitzen. Dabei gilt: Schieben ist erlaubt, Fahren nicht.
Was Venghaus ebenfalls immer wieder beobachtet: Frauchen und Herrchen, die ihre Vierbeiner frei laufen und auf den Gottesackern ihr Geschäft verrichten lassen – die Haufen bleiben häufig einfach liegen. Die Satzung schreibt jedoch vor: Hundehalter dürfen Fiffi, Waldi & Co. nur an der kurzen Leine über das Friedhofsgelände ausführen. Hundekot ist sofort zu entsorgen.
Düing trägt das Messgerät, das ungefähr fünf Kilo auf die Waage bringt, an eine andere Stelle. Die visuelle Kontrolle offenbart bereits: ein Wackelkandidat. Die Druckkontrolle ergibt, dass schon bei knapp zehn Kilo der lose Stein nachgibt. Prompt bekommt er einen Aufkleber verpasst. Angehörige mögen sich bitte beim Friedhofspersonal melden.
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Der leuchtende Hinweis ist ein Farbtupfer zwischen wildem Gestrüpp und den Ranken, in denen die Namen der Verstorbenen zu ersticken drohen. Und weil diese letzte Ruhestätte so ungepflegt ist, ergeht noch der Bescheid: „Grabpflege erforderlich“.
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Der „steinerne Nachbar“ steht zwar krumm und schief, aber: Er steht, und zwar felsenfest. Bei anderen Exemplaren hingegen weist Koslowski zum wiederholten Male darauf hin, dass hier „Umfallgefahr“ besteht.
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Kuckert-Brinkmann erläutert: „Wenn die Standfestigkeit nicht gegeben ist, schreiben wir die Angehörigen an und fordern sie zur Sicherung auf.“ Ohne Reaktion werde der Fall im Amtsblatt veröffentlicht. Die Fachleute lassen sich nicht bewegen, beide Augen zuzudrücken. In letzter Konsequenz „legen wir den Grabstein um“. Insgesamt rund 30 Beanstandungen pro Jahr verzeichnet der ZBG für alle drei städtischen Friedhöfe – angesichts tausender Male eine geringe Anzahl.
Überrascht ist eine Frau, die ein Grab besucht. Seit Mitte der 1990 Jahre steht der Stein dort. Dass er nun lose sei, das hatte sie ja noch nie zuvor. Und dabei komme sie regelmäßig hierher. Was ihr Kuckert-Brinkmann rät? „Ich würde mich an einen Steinmetz wenden“, meint die ZBG-Mitarbeiterin. Allerdings kann es sein, dass es einige hundert Euro kostet, eine instabile Gedenktafel oder ein Monument wieder auf feste Füße zu stellen. Oder auch mehr. Was nicht steht, kann nicht kippen, sagen sich wohl zunehmend Angehörige – und entscheiden sich für eine liegende Platte.