Gladbeck. Die Bezirksregierung nimmt die Sorgen der Anwohner der kokelnden Moltkehalde in Gladbeck ernst. Luftmessungen sollen Gesundheitsgefahr klären.

Die anhaltenden Sorgen der Anwohner der im Inneren heiß kokelnden Moltkehalde im Gladbecker Süden werden ernst genommen. Die für den Ruhrbergbau zuständige Bezirksregierung Arnsberg bestätigt auf Anfrage der WAZ, dass Langzeit-Messungen am Haldenfuß geplant sind. Dadurch soll festgestellt werden, ob durch den Schwelbrand im Inneren der begrünten Abraumhalde giftige Stoffe in die Umgebungsluft freigesetzt werden. Halden-Nachbarn um den Gladbecker Ratsherrn Franz Kruse (Die Linke) hatten eine solche Überprüfung gefordert.

Zunehmende Geruchsbelästigung für die Anwohner der brennenden Halde

Die Anwohner südlich der Halde hatten auch gegenüber der WAZ von zunehmender Geruchsbelästigung berichtet, nachdem sich die regelmäßig gemessene Temperatur im heißesten Bereich innerhalb der Westflanke auf rund 360 Grad erhöhte. "Es riecht deutlich nach Kokerei, so dass wohl auch Ablagerungen aus diesem Bereich erfolgt sind", vermutet Kruse, der ehemals selbst in einer Kokerei beschäftigt war. Er ist besorgt, dass eben nicht nur Kohle-Abraumreste in der von 1900 bis 1976 aufgeschütteten Bergehalde Graf Moltke verbaut wurden. Sondern, dass auch gefährlich belastetes Kokerei-Material aufgeschüttet wurde und durch den Schwelbrand in der Halde nun giftige Stoffe in die Umgebungsluft freigesetzt werden, die zu den Wohnhäusern herüberwehen.

Kruse hatte hierzu die Gruppe der so genannten toxischen wie krebserregenden PAK's (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe) sowie Furane, Dioxine und andere Schwefelverbindungen genannt. In einem Anschreiben Anfang April an den zuständigen Regierungspräsidenten als Bergaufsicht schilderte Kruse seine Sorgen um die Gesundheit seiner Familie und bat dringend darum, dass sich die Behörde mit dem Problem befasst. Auch der Umweltausschuss der Stadt und eine Bürgerversammlung hatten sich im Beisein von Vertretern der RAG und der Bezirksregierung Ende 2019 mit dem Thema beschäftigt. Luftschadstoffmessungen bei aussagekräftigen Witterungsbedingungen waren in Aussicht gestellt worden.

Möglicherweise giftige und krebserregende Stoffe in der Abluft sollen ermittelt werden

Die Bezirksregierung Arnsberg hatte sich dann zunächst Ende April dieses Jahres schriftlich an Franz Kruse gewandt, und um Mithilfe im Sinne einer Sachverhaltsaufklärung bei den Imissionsmessungen gebeten. Mit der Bitte, "um Erteilung einer Erlaubnis, die in Rede stehenden Messungen auf ihrem Grund durchführen lasen zu dürfen". Die erteilte Kruse, allerdings mit dem Hinweis, dass diese für die PAKs und Schwefelverbindungen gelte, und nicht für die bislang erfassten, teils ungiftigen Gase Methan, Wasserstoff, Kohlenstoffdioxid und -monoxid. Wobei er um rechtzeitige Kontaktaufnahme des mit der Messung beauftragten Unternehmens bat, "um Einzelheiten zur Aufstellung der Messapparate abstimmen zu können".

Diese Kontaktaufnahme sei dann für ihn ziemlich überraschend am 19. Mai erfolgt, so Kruse zur WAZ, "indem ein Trupp mit vier Leuten und Messapparatur bei mir im Hof stand und angeklingelt hat". Sie seien von der Bezirksregierung, wollten schon mal eine erste Messung durchführen. Der Wind habe an diesem Tag aber nicht aus Richtung Halde herübergeweht, so dass mehr als die übliche Hintergrundbelastung wohl nicht erfasst worden sein dürfte. Viel interessanter sei aber gewesen, dass die Techniker angekündigt hätten, dass jetzt beabsichtigt sei, "bei mir einen Messcontainer für eine Langzeitmessung aufzustellen".

Technik im Messcontainer soll längerfristig die Umgebungsluft analysieren

Das bestätigt Pressesprecherin Anna Carla Springob auf Anfrage: "Seitens der Bezirksregierung Arnsberg wird zurzeit ein Messprogramm vorbereitet, wofür der erste Techniktest auf dem Gelände von Herrn Kruse erfolgt ist." Es sei für die Bezirksregierung aus Fürsorge gegenüber der Bevölkerung von großem Interesse festzustellen, ob eine Gesundheitsgefährdung durch den Haldenbrand bestehe. Wann genau die Messungen starten sollen, könne sie noch nicht sagen: "Das Ergebnis des Techniktests wird noch bewertet, um dann zu entscheiden, was möglich und sinnvoll ist." Der Trupp habe ihm gesagt, so Kruse, dass es etwa drei Wochen dauern könnte, bis ein Messcontainer steht. "Das ist jetzt vier Wochen her und ich warte immer noch darauf, dass etwas passiert."

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>>>RAG arbeitet an Sanierungskonzept

• Um den Haldenbrand in der Westflanke der Bergehalde Graf Moltke zu bekämpfen oder zumindest einzudämmen, arbeitet die RAG an einem Sanierungskonzept. Dies könnte ein aufwändigeres aktives Vorgehen durch aufbaggern und löschen sein, oder ein eher passives Abdeckeln mit Beton zur Unterbindung der Sauerstoffzufuhr und kontrollierten Überwachung (ähnlich wie bisher). Die RAG hatte schon angekündigt, dass auch eine Aufwand-/Nutzenanalyse ausschlaggebend sein könne.

• Die Zeit drängt, da beabsichtigt ist, die Halde Graf Moltke 2028 aus der Bergaufsicht zu entlassen und zur weiteren Betreuung und für den Zugang der Öffentlichkeit an den Regionalverband Ruhr (RVR) zu übertragen. Die Erkundungsergebnisse für den Sanierungsplan sollen im dritten Quartal dieses Jahres vorliegen und die zur Umsetzung gewählte Sanierung bis Ende 2022 zugelassen sein. Die Moltkehalde liegt am Rande der Gladbecker „Haldenwelt“. Sie ist aber nicht Bestandteil des dort geplanten Bürgerparks.