Gladbeck. Die passive Überwachung reicht zur Sicherung nicht mehr aus. Der innere Haldenbrand hat sich verstärkt. Risse und rauchende Löcher sind zu sehen.
Zum ersten Mal hat die RAG Montan Immobilien jetzt in öffentlicher Sitzung des Gladbecker Umweltausschusses umfassend zum neuen Sachstand der im Inneren schwelenden Halde Graf Moltke berichtet. Im Juli war bekannt gegeben worden, dass sich die Aktivitäten im westlichen Haldenbereich verstärkt haben. Gegenüber dem bisher bekannten Wert, ist dort die Temperatur der eh’ schon am heißesten brennenden Halde Deutschlands um gut 100 auf 360 Grad angestiegen. Nach Berichten der WAZ und besorgten Anfragen aus der Politik sowie Bürgerschaft, bezogen jetzt Fachleute der RAG Stellung zum weiteren Verfahren.
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Ulrich Ostrawsky, zuständiger Projektingenieur der RAG, blickte zunächst auf die Haldengeschichte zurück. Er verwies auf das hohe Alter der Bergehalde I, die von 1900 bis 1976 mit 4,5 Millionen Kubikmetern Abraum (etwa 2,25 Millionen volle Schubkarren) auf eine Höhe bis 60 Meter und auf 17,9 Hektar Grundfläche aufgeschüttet wurde. Und zwar lose geschüttet, mit entsprechend hohem Lufteinschluss und zudem starken Steinkohleanteilen im Abraum, so dass es – anders als bei moderneren Halden wie der benachbarten Mottbruchhalde – zur Selbstentzündung gekommen sei. Erstmalig seien diese Warmbereiche 1978 auf der Moltkehalde erkannt und auch die ersten Brandbekämpfungsmaßnahmen durchgeführt worden.
580.000 Tonnen Bodenmasse sind auf den Haldenkörper aufgebracht worden
Info-Veranstaltung für Bürger
RAG-Sanierungsmanager Ulrich Ostrawsky hat sich im Umweltausschuss bereit erklärt, eine Informationsveranstaltung zum Thema brennende Moltkehalde für interessierte Bürger durchzuführen.
Stadtbaurat Volker Kreuzer will diesen Vorschlag gerne aufgreifen und die Veranstaltung organisieren. Der genaue Termin wird noch mitgeteilt.
Konkret seien zur Abdichtung der Halde dann bis Ende 1994 umfangreiche Übererdungsmaßnahmen erfolgt und 39.000 Tonnen Baustoffe auch in den Brandbereichen eingebracht worden, so der Ingenieur weiter. Rund 580.000 Tonnen Bodenmasse wurde auf den Haldenkörper aufgebracht, Fahrbahnen angelegt, die Böschung befestigt und die Halde mit 130.000 Quadratmetern Pflanzmatten vor Erosion geschützt und begrünt. Da die Halde trotz aller Bemühungen weiter kräftig im Westen und Osten schwelte, erfolgten von 1995 bis 2005 Maßnahmen im Inneren der Halde. Baustoffe wurden in den Berg injiziert, um so genannte Verpressriegel als Barrieren zu schaffen und damit zu verhindern, dass sich der Brand in der Halde unkontrolliert weiter ausbreitet.
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Die RAG Montan Immobilien ist als Rechtsnachfolger für die Sicherung und Überwachung der Halden über zahlreiche Messpunkte zuständig. Die dort von Gutachtern mindestens zwei Mal jährlich ermittelten Daten – darunter Temperaturen, gegebenenfalls toxische Ausgasungen und Wasserbelastungen – müssen der Bezirksregierung Arnsberg als Aufsichtsbehörde mitgeteilt werden. Die Moltkehalde ist so wieder in den Fokus geraten, da sich die Temperatur und die Haldenbeschaffenheit im Westen verändert haben.
Die Mitte des Jahres gemessene Gaskonzentration hat die RAG-Experten überrascht
Die gemessene Gaszusammensetzung mit Schwefelwasserstoff, Kohlenmonoxid und Methan habe überrascht. Durch den schnellen Verdünnungseffekt mit der Umgebungsluft bestehe für Haldenanwohner aber keine Gesundheitsgefahr. „Wir haben an der Oberfläche in den Warmbereichen Setzungen, Risse und Löcher, aus denen Rauch austritt“, so Ostrawsky. Aufgrund möglicher Hohlräume im Haldeninneren und erkennbaren Absackungen seien die Fahrstraßen für den Schwerlastverkehr gesperrt und auch mit der Feuerwehr gesprochen worden, „dass in diesen Bereichen Vorsicht geboten ist“.
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Ziel sei es jetzt, ein Sanierungskonzept zu entwickeln, das den Brand eindämmt und die Standsicherheit der Halde erhöht. Dabei gelte es behutsam vorzugehen, „denn ein Eingriff und eine Öffnung der Oberfläche könnte durch Luftzufuhr das Brennen verstärken“. Da auch die Vertreter öffentlicher Belange in das Verfahren eingebunden werden, darunter Naturschutzverbände, werde dieses einige Zeit benötigen. Geplant ist bislang, die Halde Graf Moltke 2028 aus der Bergaufsicht zu entlassen. „Das scheint aus unserer Sicht nicht unrealistisch“, so Ostrawsky. Die RAG sei damit aber nicht per se aus der Verantwortung, da sie für die eventuelle Gefahrenabwehr auch noch nach einem Verkauf (an den Regionalverband Ruhr) weiterhin zuständig sei: „Denn für noch bestehende Warmbereiche endet die Bergaufsicht nicht.“