Gladbeck. Bürgermeister Roland schlägt entsprechend einer neuen Landesregelung erneut eine Hauptausschuss- statt Ratssitzung vor. Die CDU ist dagegen.
Stadtverwaltung und Ratsfraktionen ringen derzeit um die "richtige" Vorgehensweise bei der kommunalpolitischen Arbeit unter den eingeschränkten Bedingungen der Corona-Krise: Bürgermeister Ulrich Roland hat gemäß einer Neuregelung des NRW-Landtages, so heißt es aus dem Rathaus, alle Ratsmitglieder per Brief gebeten, die Entscheidungsbefugnisse des Rates an den Haupt- und Finanzausschuss abzutreten. Was bedeuten könnte, dass der Rat - wie schon im April - auch im Juni nicht tagen würde, aber der kleinere Hauptausschuss. Allerdings: Zwei Drittel aller Ratsmitglieder müssten zustimmen.
Die CDU-Ratsfraktion hat ein solches Ansinnen bereits abgelehnt. "Wir stimmen dem, auch wenn es nur für die Dauer der epidemischen Lage ist, bis auf weiteres nicht zu", schreibt Fraktionschef Peter Rademacher an den Bürgermeister. Mittlerweile würden überall erste Normalisierungsschritte unternommen. Daher sollte die politische Willensbildung im Rat "nicht hinten anstehen", so Rademacher, der eine Fortsetzung des "Notbetriebs", wie er die Einsetzung des Hauptausschusses als "kleinen Rat" bezeichnet, ablehnt.
CDU plädiert für die nächste Ratssitzung in "regulärer Form"
Die CDU halte es für richtig, so Rademacher, die nächste Ratssitzung in regulärer Form durchzuführen, "um der Bürgerschaft ein positives Signal zu senden". Dies müsse "selbstverständlich unter Beachtung der Abstands- und Hygieneregeln geschehen", so Rademacher, der darauf hinweist, dass in anderen Kreisstädten ähnlich verfahren werde. Kurz vor der Sitzung im Juni könne man noch einmal die Lage beurteilen, um dann bei einer verschärften Corona-Situation möglicherweise zu einem anderen Urteil zu kommen.
Im Rathaus liegen inzwischen, so Kommunikationschef Peter Breßer-Barnebeck, 27 Zustimmungen von Ratsmitgliedern vor - geschlossen von den Fraktionen SPD (20, plus Bürgermeister-Stimme) und Grüne (3). Auch ein CDU-Ratsmitglied habe zugestimmt, außerdem das Mitglied einer kleineren Fraktion sowie ein fraktionsloses Ratsmitglied. Eine weitere Zustimmung sei von einem fraktionslosen Ratsmitglied angekündigt. Eine Zwei-Drittel-Mehrheit sei das nicht, man warte noch ab, da es keine Frist für Rückmeldungen gebe. Der Rat hat 46 Mitglieder (plus Bürgermeister-Stimme). Rückmelden müsse sich laut Landesbestimmung jedes Ratsmitglied persönlich, so Breßer-Barnebeck.
Eine Ratssitzung vor der Wahl kommt noch im September
Gleichwohl prüfe man bereits Raumbedingungen für eine Ratssitzung unter Corona-Aspekten. Breßer-Barnebeck betont, dass die Stadtverwaltung empfehle, auch den einen oder anderen Ausschuss, der wichtige, entscheidungsrelevante Beschlüsse fassen müsse, tagen zu lassen. Am Mittwoch werde die Thematik auch im Ältestenrat, der sich im Rathaus trifft, erörtert. Gleichzeitig weist der Kommunikationschef darauf hin, dass der Verzicht auf die Ratssitzung (um eben unnötige Kontakte zu vermeiden) insofern hinnehmbar sei, als dass im August/September - anders als in anderen Städten - noch einmal eine Sitzungsrunde stattfinden und der Rat ein letztes Mal Anfang September kurz vor der Kommunalwahl am 13. September tagen würde.
SPD-Fraktionschef Michael Hübner wundert sich über das Verhalten der CDU. "Im Landtag haben sich CDU, SPD, Grüne und FDP auf diese Vorgehensweise geeinigt", so Hübner, der sich fragt, warum sich die Orts-CDU anders verhält als die Landes-CDU. Im übrigen könne er in der Regelung "keinen Schaden für die Demokratie" erkennen. "Schließlich haben wir im April auch so verfahren." Und Recklinghausen mit einem CDU-Bürgermeister verfahre auch so, betont der Landtagsabgeordnete.
Auch die Linke-Fraktion lehnt generellen Verzicht auf Ratssitzungen ab
Linke-Fraktionschef Olaf Jung kann sich vorstellen, "für diese eine Sitzungsperiode noch einmal zuzustimmen", aber nicht pauschal für die Dauer der gesamten Pandemie-Zeit. "Das würde die Demokratie ausschalten", so Jung. Bis eine sichere Corona-Impfung gefunden sei, müssten Regelungen gefunden werden, wie Sitzungen des Rates unter Sicherheitsaspekten gewährleistet werden könnten - etwa in der Stadthalle und mit einer Tagesordnung, die auf das Notwendigste beschränkt sei.
Grünen-Fraktionschefin Simone Steffens betonte, man habe erstmal der Hauptausschuss-Regelung zugestimmt. Sie wolle das aber nicht als Dauerlösung sehen. Es komme auf die Wichtigkeit der Themen an, außerdem sollten auch Ausschüsse tagen, wenn wichtige Themen anstehen. FDP-Ratsherr Michael Tack und sein Piraten-Kollege aus der DSL-Fraktion haben sich noch nicht entschieden. "Wir warten ab, was Mittwoch die ,Corona-Runde' bei Kanzlerin Merkel entscheidet." Ob Lockerungen oder wieder neue Beschränkungen. Komme es zu weiteren Lockerungen, dann wolle man als kompletter Rat tagen, so Tack.