Der Hauptausschuss diskutierte in der Stadthalle über die Auswirkungen der Corona-Krise. Chefarzt Dr. Oelmann zog eine ärztliche Bilanz.

Maskenpflicht zum Schutz vor dem Coronavirus in Gladbeck – ja oder nein? Darüber diskutierte der Haupt- und Finanzausschuss in seiner außergewöhnlichen Sitzung am Montagnachmittag, die aus Gründen Corona-bedingter Sicherheitsmaßnahmen im weiten Rund der Stadthalle stattfand. Bürgermeister Ulrich Roland signalisierte, dass ihm eine landes- oder gar bundesweite einheitliche Regelung „sympathisch“ wäre – eine stadteigene Entscheidung zum Mund- und Nasenschutz könne Gladbeck aber allein nicht stemmen. Roland: „Es gibt schlichtweg für 78.000 Einwohner nicht genügend Masken.“

Gleichwohl stehe die Stadtverwaltung „Gewehr bei Fuß“, so der Bürgermeister, im eigenen Haus unter den knapp 1000 Beschäftigen eine Maskenpflicht einzuführen. „Das behalten wir uns vor, es ist aber noch nicht so weit“, sagte der Bürgermeister. Alle Einheiten mit Kundenkontakt, wie etwa die Feuerwehr oder der Krankentransport, seien mit Mund- und Nasenschutz ausgestattet. Roland selbst vermutet, dass die Maske „unser neuer Lebensbegleiter“ wird.

Chefarzt Dr. Oelmann spricht sich eine Maskenpflicht aus

Mit großem Abstand an langem Tisch: Bürgermeister Ulrich Roland (Mitte) mit dem Verwaltungsvorstand im Hauptausschuss
Mit großem Abstand an langem Tisch: Bürgermeister Ulrich Roland (Mitte) mit dem Verwaltungsvorstand im Hauptausschuss © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Dr. Heinz-Dieter Oelmann, Chefarzt der Neurologie im St.-Barbara-Hospital und Ärztlicher Direktor des Krankenhauses, hatte sich zuvor für eine einheitliche und verbindliche Maskenpflicht ausgesprochen – so wie es einige Städte bereits getan haben und es am Montag Bayern angekündigt hat. Eine Maskenpflicht helfe enorm, Ansteckungen einzuschränken, vor allem bei den nun anstehenden Lockerungen im Alltag. Oelmann hatte auf Einladung des Ausschusses eine vorläufige Bilanz der Corona-Pandemie in Gladbeck aus medizinischer Sicht gezogen. „Es ist bislang glimpflichlicher gelaufen, als wir uns das vor sechs Wochen alle erträumt haben.“

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Der Chefarzt warnte: „Wir sind noch nicht durch, sondern mittendrin.“ Es habe noch keine Welle gegeben in Gladbeck, aber ein ständig größer werdendes Kleckern. „Wir haben es mit einem dynamischen Prozess zu tun, das Virus ist tückisch und die Krankheit zeigt verschiedene Gesichter.“ Dr. Oelmann lobte die Gladbecker Bürger, sie hätten ein hohes Maß an Zurückhaltung und Solidarität bewiesen. „Es hat keinen Sturm auf das Hospital und die Arztpraxen gegeben.“ Die Zahlen und Vergleiche mit anderen Städten und Regionen, so der Chefarzt, sollte man mit Vorsicht genießen, da in unterschiedlichem Maße getestet werde und Vergleiche damit hinken. Der Chefarzt stimmte die Politik noch auf einen längeren Zeitraum mit dem Coronavirus ein: „Aber wenn sich alle weiter diszipliniert an die Regeln halten, kann man die Pandemie in gebotener Zeit in den Griff bekommen.“

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Im weiten Rund der Stadthalle saßen die Vertreter der Parteien – hier die SPD-Fraktion.
Im weiten Rund der Stadthalle saßen die Vertreter der Parteien – hier die SPD-Fraktion. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Einstweilen hält, so berichtete Bürgermeister Roland, das Corona-Thema im besonderen auch die Verwaltung in Atem. Sitzungen, Beratungen und Entscheidungen seien an der Tagesordnung. „Wir haben das Stadtleben weitestgehend heruntergefahren.“ Die Notbremsung sei gut gelaufen, die Gladbecker seien diszipliniert. Nun berate man intensiv mit den Schulleitungen die Öffnung der Schulen, bei den Geschäftsöffnungen zeige man sich „flexibel“, so der Bürgermeister. „Hier geht es auch um Gerechtigkeit.“

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Finanziell, so Roland, werde das Corona-Thema der Stadt noch auf die Füße fallen. Aktuell schätze die Kämmerei die Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer auf 1,5 Millionen Euro. 120 Anträge auf Gewerbesteuer-Stundungen lägen bislang vor. Mindereinnahmen erwarte man auch bei den Schlüsselzuweisungen, Anteilen an Einkommens- und Umsatzsteuer, bei den Kita- und OGS-Gebühren und bei den Parkgebühren. Höhere Ausgaben erwartet die Stadt bei den Hartz-IV-Zahlungen. Roland: „Ein Etatausgleich ist so nicht mehr zu schaffen, da helfen auch keine Haushaltssperren, die wären wirtschaftlich sogar kontraproduktiv.“ Die Stadt erwarte vom Land ein Sonderhilfegesetz, so der Bürgermeister.