Gladbeck. Geschäftsleute in Gladbeck haben sich für Auflagen wegen des Coronavirus’ gerüstet. Lange Warteschlangen gab’s trotz Zugangsgrenzen nicht.

„Rappelvoll, als wenn’s kein Morgen gäbe!“ Das stellten mehrere Geschäftsleute gestern fest – und freuten sich ob des Kundenandrangs. Nach wochenlangen Ladenschließungen wegen der Corona-Pandemie durften Händler gestern erstmals wieder – unten strikten Auflagen – öffnen. Und die Menschen freuten sich – hüben und drüben der Theken. Ob nun nur eine begrenzte Anzahl von Menschen ins Geschäft durfte, oder jeder einzeln auf Aufforderung über die Schwelle gelassen wurde: Wen störte es? Hauptsache, man durfte wieder ‘raus ins normale Leben.

Gladbeck: Besonders gefragt sind nach der wochenlangen Ladenschließung wegen des Coronavirus’ Kinderschuhe und Ansatzfarbe für die Haare

Oder wenigstens das, was in Corona-Zeiten als halbwegs normal gelten kann. Denn Mitarbeiter des Kommunalen Ordnungsdienstes (KOD) hielten ein waches Auge darauf, dass auch alle strengen Vorgaben eingehalten wurden: eine begrenzte Zugangszahl, genügend Abstand, Hygiene. Geradezu vorbildlich hatten sich Svenja Glathe und ihr Mann Jens Große-Keul vom gleichnamigen Schuhhaus auf den von vielen lang ersehnten Tag X vorbereitet.

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"Hurra! Wir öffnen wieder" heißt es bei Stil Vest in Gladbeck. Händler und Kunden sind erleichtert, dass ein Stück Normalität wieder Einzug hält. Auch wenn das Shoppen jetzt anders ist als in Vor-Corona-Zeiten. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Im Eingang der Ladentür an der Goethestraße steht unübersehbar ein großer Spender mit Handdesinfektionsspray, eine Mitarbeiterin trägt einen Mund-Nasen-Schutz mit schickem Muster und bedient eine Frau, die ein Kleinkind auf dem Arm hält. Diese beiden tragen ebenfalls eine Schutzmaske. Auch wenn dies bislang nur relativ wenige der Kunden tun, wie nicht nur Glathe beobachtet.

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Aber selbst wenn sie es wollten, dürfte das bei Große-Kreul kein Problem sein. Glathe erzählt: „Wir geben für unsere Kunden Einweg-Mund-Nasen-Masken aus.“ Für die insgesamt 28 Beschäftigten in ihren Filialen, darunter „Auftritt“ in der Fußgängerzone, habe sie eine befreundete Schneiderin Exemplare nähen lassen.

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Ein Spuckschutz an der Kasse ist für Glathe ebenso selbstverständlich wie die Personenbegrenzung, um die erforderlichen Sicherheitsabstände unter einander einhalten zu können: „Wir dürften bei unserer Ladenfläche 20 Kunden hineinlassen, haben uns aber für 15 entschieden. Das gilt auch für den ,Auftritt’, obwohl dort 25 Menschen Zugang haben dürften.“

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Das Interesse an Schuhen sei groß. Nicht etwa als Luxus, sondern aus Notwendigkeit, denn: „Kinder sind in den vergangenen Wochen aus ihren Winterschuhen herausgewachsen und brauchen jetzt einfach neue.“ Die Kunden seien froh, jetzt eine Auswahl vor sich zu haben. Und: „Sie genießen es, durch die Stadt und in Geschäfte gehen zu können. Sie haben jetzt das Gefühl, ein bisschen Normalität zurück zu bekommen.“

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Elke Schmidt gegenüber im Modegeschäft K.F. Klecks geht sogar noch einen Schritt weiter: „Die Leute sind glücklich, dass sie sich mal wieder mit jemandem unterhalten können.“ Sie sprüht ein Desinfektionsmittel auf ein Tuch – „Ich habe kein kontaktloses EC-Gerät“ – und wischt über ihren Tresen. „Man merkt doch, dass viele Menschen einsam sind“. Sagt’s und bittet die nächste wartende Kundin hinein. Bei acht Personen ist hier Schluss – unter dem erlaubten Limit.

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Peggy Jenko berät und verkauft Haarpflege-Produkte an ihrer Ladentür hinter einem Plastikschutz.
Peggy Jenko berät und verkauft Haarpflege-Produkte an ihrer Ladentür hinter einem Plastikschutz. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Apropos Limit: Viele Geschäfte achten genau auf die Zugangsregelungen. Lange Menschenschlangen bilden sich dennoch nicht. Bei Ernsting’s dürfen zwölf Menschen gleichzeitig shoppen, mit einem Plastikkorb, den eine Mitarbeiterin eigenhändig desinfiziert. Die Parfümerie Pieper zieht die Grenze bei neun, andere ,wie ein Juwelier und Mobilfunkanbieter, lassen Kundschaft nur einzeln oder nach Aufforderung eintreten. Maximal 15 Leute gleichzeitig sind bei Sabine Langer im Reformhaus Goll erlaubt. Die Hinweise im Geschäft seien zu beachten. So die auf den Boden geklebten Streifen, die Abstände markieren. Eine Regelung, die vielerorts zu sehen ist.

Der Polizist

Zufrieden zeigte sich der Bezirksbeamte Rüdiger Kümmel mit der Disziplin der Gladbecker. „Es sind zwar viele Menschen unterwegs, aber die meisten gehen zu zweit“, stellte der Polizist fest.

Hin und wieder müsse er die Passanten auf die Abstandsregelungen hinweisen, die in Corona-Zeiten gelten. Beispielsweise, dass sich Kunden nicht gruppenweise in der Nähe eines Eiscafés zusammensetzen dürfen.

Oder: Wer als enges Familienmitglied gilt und wer nicht. Doch unterm Strich würde sich die Mehrheit der Bürger an die Regeln halten.

Keinen Fuß in ihren Laden lässt Peggy Jenko. Wer Haarpflege benötigt, steht vor einem geblümten Plastikschutz, hinter dem die Geschäftsinhaberin die Wünsche ihrer Kundschaft anhört und die Produkte an die Tür bringt. Besonders gefragt: „Ansatzfarbe!“

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Die Humboldt-Buchhandlung und Tschibo geben Laufwege vor. Spuckschutz und Desinfektionsmittel sind fast überall aufgestellt, Einweghandschuhe und Mundschutze in diversen Ausführungen gehören fast schon zum Standard in den Läden. Überall spürbar ist Erleichterung ob der Lockerungen der Corona-Maßnahmen. „Hurra, wir öffnen wieder“, steht bei Stil Vest, Tschibo formuliert: „Liebe Kunden, schön, das Sie wieder da sind!“ Viele Gladbecker würden bestimmt gerne entgegen: „Danke, dass Sie wieder öffnen!“