Gladbeck. Viele Geschäfte werden die durch das Coronavirus verursachte Wirtschaftskrise nicht überstehen. Darum kommt Georg Hahne zu dieser Überzeugung.
Das Coronavirus zwingt den lokalen Einzelhandel schmerzhaft in die Knie. Gerade einmal seit fünf Tagen sind die meisten Geschäfte und Läden auch in Gladbeck geschlossen. Schon jetzt aber malt Georg Hahne, Juwelier und Vorsitzender vom lokalen Einzelhandelsverband, ein düsteres Zukunftsbild. „Corona wird das Bild in unserer Innenstadt drastisch verändern“, sagt er. Seine Prognose: Dauert die Schließung über den aktuell gesetzten Termin 19. April hinaus, dann „werden wohl 20 bis 30 Läden in Gladbeck nicht mehr aufmachen, weil es sie dann nicht mehr gibt“.
Vor allem der Mode- und Textilhandel hat es schwer
Gesunde Unternehmen, meint Hahne, hätten eine gewisse Chance, die Corona-Krise zu überstehen. „Doch wie viele gibt es davon noch im kleinen, lokalen Einzelhandel?“ Vor allem den Mode- und Textilhandel belaste die Situation sehr. Denn die Saisonware, die eigentlich jetzt verkauft werden müsste, sei in einigen Wochen so gut wie wertlos.
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Das bestätigt auch Schuhhändler Jens Große-Kreul: „Im Sommer kauft mir doch keiner mehr meine Übergangsware ab, dann sind Sandalen gefragt.“ Zwar profitiere er von seiner guten Online-Präsenz, aber auf der anderen Seite sei natürlich auch da die Nachfrage nach Konsumgütern aktuell nicht sehr gut. „Der Onlinehandel ist für mich wie eine vollwertige Filiale, allerdings mache ich auch da im Moment 50 Prozent Minus“, sagt er.
Jens Große-Kreul: Wichtig ist die Präsenz auf Facebook und Instagram
Und: Nicht über die Homepage seines Betriebes gingen die meisten Bestellungen ein, sondern über die Aktivitäten bei Facebook und Instagram.
„Für unsere Präsenz in den sozialen Medien ist meine Frau verantwortlich, das macht sie auch echt gut“, sagt Große-Kreul. Gut 70 Prozent der Bestellungen gingen so und beispielsweise über Amazon ein. Doch auch sein Blick auf die wirtschaftliche Zukunft sieht dennoch alles andere als rosig aus. Auf die Frage wie lange der Einzelhandel noch durchhalten könne, weiß der stellvertretende Vorsitzende der Gladbecker Werbegemeinschaft keine Antwort. Zudem hält Große-Kreul es auch eher für unwahrscheinlich, dass die Läden tatsächlich wieder am 19. April öffnen dürfen.
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Genau wie Georg Hahne ist er der Ansicht, dass die Kurzarbeit für Mitarbeiter und Arbeitgeber momentan eine Möglichkeit ist, die Situation abzufedern. Langfrist gesehen brauche der Handel allerdings eine wirtschaftliche Hilfe vom Staat – und das nicht in Form von Krediten. Auch da sind sich die beiden Geschäftsleute einig. „Sehr positiv ist außerdem, dass die meisten Vermieter sich hier in Gladbeck sehr gesprächsbereit zeigen. Das ist auf jeden Fall eine Hilfe“, so Hahne.
Weinhändler Volmer rechnet gerade mal mit einem Drittel des Umsatzes vom Vorjahr
Weinhändler Martin Volmer geht davon aus, dass er in diesem Jahr gerade einmal ein Drittel seines Umsatzes vom Vorjahr erwirtschaften kann.
„Die Kunden bestellen zum Glück, und ich liefer. Aber meine Veranstaltungen im Laden musste ich alle absagen. Viele davon können auch nicht mehr zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden“, sagt der Inhaber der „Entdeckerweine“. Darüber hinaus baut er auch gerade im großen Stil um. „Die Wiedereröffnung wird wohl ohne Gäste über die Bühne gehen“, sagt Volmer, der auch nicht wirklich damit rechnet, dass die Geschäftsschließung im April überstanden sein wird.
Bei allem Pessimismus hat aber nicht nur Georg Hahne die kleine Hoffnung, dass die Gladbecker ihrem Einzelhandel die Treue halten – und eben nicht nur auf den großen Onlineplattformen shoppen. Und sollte die Krise dann irgendwann überwunden sein und bei den Menschen wieder der Wunsch aufkeimen, sich etwas gönnen zu wollen – „Dann machen sie das hoffentlich in den Gladbecker Geschäften!“.
Aber es bleibt mehr Zeit für die Familie
Privat können übrigens sowohl Georg Hahne als auch Jens Große-Kreul der Corona-Krise dann doch noch einige positive Aspekte abgewinnen.
Beide sagen, dass sie in diesen Tagen die gemeinsame Zeit mit der Familie viel intensiver erleben. „Es bleibt definitiv mehr Zeit, die man ganz bewusst mit den Kindern verbringen kann“, sagt Große-Kreul. „Wir kochen zum Beispiel viel öfter selber. Das hat noch dazu den positiven Nebeneffekt, dass man sich viel gesünder ernährt als üblicherweise im Alltag“, sagt Hahne. Und noch etwas hat sich der Juwelier fest vorgenommen: „Ich werde jeden Tag zwei Leute aus meinem Freundes- und Bekanntenkreis anrufen, mit denen ich schon länger nicht mehr gesprochen habe. Das Telefon zur Pflege sozialer Kontakte funktioniert ja zum Glück noch.“
Kontakt zu den Kunden halten
Auch wenn die Läden geschlossen sind, wollen die Einzelhändler doch für ihre Kunden da sein, versichert Georg Hahne. Die meisten seien täglich für einige Stunden in ihren Geschäften und dann auch telefonisch zu erreichen. Wenn nicht, sei meistens eine Rufumleitung installiert. Auch per Mail seien die meisten zu erreichen. Weitere Informationen gibt es auch auf den Internetseiten vieler Geschäfte.
Auch untereinander halten die Geschäftsleute den engen Kontakt, um gemeinsam nach Lösungsansätzen zu suche, wie man die Krise besser überstehen kann.