Gladbeck. Familie Schmeken aus Gladbeck half 1944 einem Zwangsarbeiter. Er überlebte die Nazizeit, ging nach Kanada. Jetzt gab es ein berührendes Treffen.

Dieses Treffen war etwas ganz Besonderes: Veronica und Mitch Fuhr aus Kanada besuchten Ilsegret und Regina Schmeken aus Gladbeck. 74 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wollten die Fuhrs sich bei der Gladbecker Familie bedanken.

Und das ist der Grund: Veronica Fuhr ist die Tochter von Jan Miedema, der im vergangenen Jahr 92-jährig in Kanada gestorben ist. Ende 1944 wurde der gebürtige Niederländer als 19-Jähriger nach Deutschland verschleppt und musste in einem Gladbecker Lager als Zwangsarbeiter arbeiten. Veronica Fuhr-Miedema: „Mein Vater konnte nur überleben, weil die Familie Schmeken ihr Leben riskiert und ihm geholfen hat.“

Gertrud und Heinrich Schmeken halfen dem jungen Zwangsarbeiter, versorgten ihn mit Lebensmitteln

Jan Miedema versuchte damals völlig ausgehungert, Unterstützung bei den Gladbeckern zu finden. Er klopfte an viele Türen, aber niemand machte ihm auf. Erst Gertrud Schmeken, die Schwiegermutter von Ilsegret und Großmutter von Regina, öffnete die Tür und gab Jan eine Suppe. Von da an halfen ihr Mann Heinrich und sie dem jungen Mann mit Lebensmitteln. Heinrich Schmeken war Handwerksmeister. Seine Polsterei mit Ladenlokal war auf der Hochstraße.

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Die Eheleute nahmen ein großes Risiko auf sich. Die Brotpakete konnten nur heimlich in Zeitungspapier gewickelt dort abgeworfen werden, wo die Zwangsarbeiter gerade Schutt räumten oder Gräben aushoben. Dem „Feind“ zu helfen war im Nationalsozialismus streng verboten. Ende März 1945 gelang Jan Miedema die Flucht in die Niederlande. Und auch dabei halfen ihm die Schmekens.

Nach dem Krieg wanderte Jan Miedema nach Kanada aus

Nach dem Krieg konnte er seine Ausbildung zum Ingenieur beenden und wanderte schließlich nach Kanada aus. In den 60er. Jahren kehrte Jan Miedema zurück nach Gladbeck, weil er sich bei den Schmekens bedanken sollte. Gertrud und Heinrich waren damals aber schon verstorben. Im Winter letzten Jahres fand Veronica im Nachlass ihres Vaters ein Bild der Familie Schmeken von 1943. Auf der Rückseite waren die Vornamen der Abgebildeten vermerkt.

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Mit diesen Informationen recherchierte Veronica im Internet und stieß auf Ewald Schmeken und seine Tochter Regina. Die gebürtige Gladbeckerin ist Künstlerin und Fotografin, sie lebt in Berlin. „Als mich die Nachricht von Veronica Fuhr erreicht hat, war ich sehr dankbar, dass ich von dieser Geschichte erfahren durfte, 74 Jahre nach der Begegnung meiner Großeltern mit Jan Miedema. Natürlich wollte ich gern seine Familie kennenlernen.“

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Und so kam doch noch ein Treffen in Gladbeck zustande. Gemeinsam wurde das Grab der Familie Schmeken und das frühere Ladenlokal der Großeltern besucht. Anschließend empfing Bürgermeister Ulrich Roland die Familien im Rathaus. „Diese Geschichte ist es wert, erzählt zu werden. Sie ist gerade auch in den heutigen Zeiten wichtiger denn je. Mitmenschlichkeit und Mitgefühl müssen gelebt werden, auch heute. Das zeigt dieses Familienschicksal“, so Roland.