Gladbeck. . Sängerin Sophie Holländer bezauberte Publikum beim Wettbewerb in Marl. Für die Gladbecker Schülerin ist Singen so selbstverständlich wie Atmen.

Sophie Andrea Holländer lässt sich nicht lange bitten. Die 17-Jährige stimmt prompt ein Lied an. „Langer Tag und kurz die Nacht. Oh oh oh oh oh. Schon wieder kopflos aufgewacht . . .“ Die Töne schweben im Unterrichtsraum der Musikschule Pianissimo; der Klang ist so emotional, zart und doch kraftvoll – verständlich, dass die Schülerin des Ratsgymnasiums beim renommierten Musiktalent-Wettbewerb MarLeo punktete. Sophie Andrea Holländer heimste den Publikumspreis ein und darf bei einer großen Gala im Theater Marl erneut ins Scheinwerferlicht treten.

Mit ihrem Gesangslehrer Mario Tobies, Inhaber der Musikschule „Pianissimo“, übt die Gladbeckerin Sophie Andrea Holländer einmal wöchentlich.
Mit ihrem Gesangslehrer Mario Tobies, Inhaber der Musikschule „Pianissimo“, übt die Gladbeckerin Sophie Andrea Holländer einmal wöchentlich. © Oliver Mengedoht

Und genau das ist es, was das Herz der jungen Sängerin höher schlagen lässt. Die Zweckelerin erzählt: „Ich habe mich bei MarLeo nicht beworben, um zu gewinnen, sondern, weil ich unfassbar gerne auftrete.“ Was so nicht ganz stimmt, korrigiert ihr stolzer Gesangslehrer Mario Tobies mit einem Augenzwinkern. Der Inhaber der privaten Musikschule „Pianissimo“: „Sie hätte sich ja gar nicht angemeldet.“ Naja, räumt die 17-Jährige ein: „Das ist ja peinlich, wenn man womöglich auf dem letzten Platz landet.“ Diese Gefahr zog Tobies jedoch überhaupt nicht in Betracht. Schließlich unterrichtet der 32-Jährige mit Sophie eine Schülerin, wie er sie nicht alle Tage vor sich stehen habe.

Von klein auf in der Klangwelt

„Ohne Wissen meiner Eltern“, plaudert sie, „bin ich zu Mario Tobies gegangen.“ Der Pädagoge erinnert sich: „Als sie im Jahr 2017 zu mir kam, war ich mit Schülern pickepacke ausgebucht.“ Trotzdem hörte er Sophie – benannt nach Sophie Scholl, Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus – an und stellte fest: „Sie hat volles Potenzial, ist technisch enorm virtuos.“ Ein Naturtalent? „Vollkommen!“, sagt Tobies im Brustton der Überzeugung.

Hintergrund

MarLeo heißt der Förderpreis Jugendmusikkultur. Träger ist der Förderverein des Lions Club Marl-im-Revier. Gefördert werden Talente zwischen zwölf und 27 Jahren aus Marl und Nachbarstädten im Vest Recklinghausen sowie Gelsenkirchen.

Musikschullehrer Mario Tobies: „Der erste Platz ist mit 1500 Euro dotiert, der zweite mit 1000 Euro, und der Drittplatzierte bekommt 500 Euro.“

Dieses Geld, so betont der Leiter der Pianissimo-Schule, darf nur zweckgebunden ausgegeben werden, also beispielsweise für musikalischen Unterricht oder Equipment.

In diesem Jahr teilen sich Sophie Andrea Holländer und die Band „Bring Your Own Beer“ den Publikumspreis. Wen die Jury auf Platz 1, 2 und 3 sehen, wird bei einer Gala am 30. März bekannt gegeben.

Eigentlich nicht verwunderlich, wurde der Zweckelerin doch die Musik in die Wiege gelegt. Vater Stephan, Mutter Judith, Schwester Ruth, Großmutter, Onkel und und und: In Sophies Familie gehört der Klang von Geige, Klavier, Oboe und Gesang zum Alltag. „Ich singe und tanze eigentlich immer“, so die 17-Jährige – „ich höre Musik, ich lebe Musik“. Mit fünf Jahren die erste Musikaufnahme, Elevin bei Valentina Spadoni, Ballettmeisterin an der Städtischen Musikschule. Sophie, die auch Geige spielt, wirkte in einem Musical mit, ist im Gospelchor „Morning Star“ unter Tobies’ Leitung mit von der Partie. Musik mit ihren vielen Seiten spielt im Leben der 17-Jährigen eine so große Rolle, dass eine Frage ihrer Mitstreiter beim MarLeo-Wettbewerb sie stutzig machte: „Wann hast Du denn mit dem Singen angefangen?“ Ja wann? Hat sie nicht eigentlich immer schon gesungen? Vater Stephan sagt: „Im Kirchenchor haben die anderen gesungen, du hast interpretiert.“ Lampenfieber? Für Sophie kein Problem. Sie liebt den Auftritt im Scheinwerferlicht: „Was ist für mich Zuhause? Der Backstage-Bereich der Stadthalle, da habe ich schon so viel Zeit zugebracht.“

Drei Stücke für Auftritt in Marl

Für das Publikum in Marl hatte Sophie Holländer drei Stücke vorbereitet, darunter „Wir sind hier“ von Alexa Feser: „Sie macht tolle Texte“, schwärmt die junge Gladbeckerin. Sie meint: „Ich bin ein Mensch, der mehr Wert auf Texte legt als auf Melodien.“ Daher bevorzuge sie Lieder in ihrer Muttersprache: „Deutsch hat viel Charme.“ Songs von Bosse oder Lina Larissa Strahl sind nach ihrem Geschmack.

Geschenk an den Patenonkel

Doch beim MarLeo präsentierte Sophie Holländer auch einen englischsprachigen Hit: Pinks „Dear Mr. President.“ Vor ihrem Auftritt hielt die Gladbeckerin eine kleine Ansprache. Sophie über den politischen Song: „Das Lied war an George W. Bush gerichtet. Heute ist mit Trump das Thema ,falsche Ideale’ topaktuell.“ Die Natürlichkeit und Ehrlichkeit seiner Schülerin, gepaart mit Können, habe ihr Applaus und Sympathien eingebracht, meint Tobies.

Lied stammt aus Sophies Feder

Das dritte Lied, das die 17-Jährige in Marl vortrug, stammt aus ihrer eigenen Feder und ist ihrem verstorbenen Patenonkel Andreas gewidmet, mit dem sie eine besondere Verbindung hatte – „mein zweiter Papa“. Sophie erzählt: „Als ich gesungen habe, hatte ich das Gefühl, er legt seine Hand auf meine Schulter“. Die 17-Jährige: „Ich bin gläubig, für mich ist er da. Und das Lied war mein Geschenk an Andreas.“