Gladbeck. . Vier- bis Achtjährige aus Shanghai erhalten in der Gladbecker Musikschule Pianissimo Unterricht. Kinder sind für viertägigen Workshop angereist.

„Artist of the future“: Wenn das keine Ansage ist! Dieser Spruch prangt auf dem Rücken der grasgrünen T-Shirts, in denen die – vielleicht – großen Künstler der Zukunft stecken. Aber noch sind’s Mini-Musiker, die gerade ein riesengroßes Abenteuer erleben. Sie sind mit ihren Eltern eigens für einen viertägigen Workshop aus der Me­tropole Shanghai, mit mehr als 24 Millionen Einwohnern die größte Stadt Chinas, ins überschaubare Gladbeck gereist. Bei Ines Tobies, mit ihrem Mann Mario Inhaberin der Musikschule Pianissimo, erhalten die Vier- bis Achtjährigen Unterricht in Elementarer Früherziehung.

Fantastische Erfahrung

„A big thing“, nennt Verona Zhao die Aktion für die Eltern und die elf kleinen Chinesen – eine große Sache. Finanziell, schließlich bezahlen die Besucher die Reise nach Europa und den Unterricht aus eigener Tasche? Lehrerin Zhao, die in Shanghai die Britannica Bri­tish School besitzt, winkt ab: So teuer sei das gar nicht, meint sie auf Englisch. Vielmehr zähle die fantastische Erfahrung: neue Eindrücke, die Mütter und Väter mit ihrem Nachwuchs teilen. Nicht zu vergessen der Unterricht.

Improvisieren, ausprobieren, entdecken

Spiel gehört zum Unterricht bei der Gladbeckerin Ines Tobies dazu.
Spiel gehört zum Unterricht bei der Gladbeckerin Ines Tobies dazu. © Lutz von Staegmann

Improvisation, das Ausprobieren von Instrumenten und das Gemeinschaftsgefühl in der Gruppe, dies alles sei rar in der chinesischen Pädagogik, weiß Ines Tobies. Ihre Kollegin aus Shanghai beschreibt, wie Musikunterricht für Kinder üblicherweise in ihrer Heimat abläuft: Eltern entscheiden, welches Instrument der Sohn oder die Tochter erlernen soll – beispielsweise Klavier – und dann bekommt der Nachwuchs Einzelunterricht. Verona Zhao verfolgt eine andere Pädagogik: Ihre etwa 40 Schützlinge im Alter ab vier Jahre sollen in der Gruppe ihre eigenen Interessen entdecken dürfen: Vielleicht singt ein Kind lieber statt zur Flöte zu greifen; ein anderes ist leidenschaftlicher Tänzer. Nach dieser Methodik werde in China kaum gelehrt, sagt die Musiklehrerin. Eltern, die das Gruppenmodell für ihren Nachwuchs wählen, charakterisiert die 32-Jährige als sehr modern und aufgeschlossen.

Moderne, aufgeschlossene Eltern

Und so erlebt auch Ines Tobies die weit gereisten Mütter und Väter. „Sie haben sofort am ersten Tag mitgemacht“, erzählt die Pädagogin. Sie stellt fest: wie die Eltern, so die Kinder – auch Marc, Elsa & Co. seien sehr offen. Die 31-jährige Gladbeckerin sieht in der Art der Pädagogik die Verbindung zu ihren Kolleginnen Zhao und Ran Xu, die in den Workshop bei „Pianissimo“ involviert sind: „Die Kinder haben die Möglichkeit, ihre eigene musikalische Identität herauszufinden, indem sie etwas ausprobieren.“

Entdecken konnten die Mädchen und Jungen so manches Instrument, das ihnen bislang nicht zu Ohren gekommen war. Oboe, Klarinette, Fagott, Flöte, Xylophon – welch eine Klangfülle! Verona Zhao erzählt, dass ein Junge begeistert gerufen habe, dass er nun 1000 Musikinstrumente spielen könne. „Sie sind chinesischen Kindern nicht so vertraut wie deutschen“, stellt Ines Tobies fest.

Geschichten sind Chinesen bekannt

Apropos vertraut: Das Märchen von den Bremer Stadtmusikanten, das die Kinder in Töne umsetzen, kennen sie schon. Und wer hat schon einmal vom Klassiker „Peter und der Wolf“ aus der Feder von Sergej Prokofjews gehört? Die Fingerchen fliegen hoch. In der Vertonung dieses Werks können die Mädchen und Jungen so richtig in die Tasten greifen, trommeln und flöten – „Artists of the future“?