Gladbeck. Die Braucker High-Tech-Firma Klingenburg leitet nach zwei Jahren mit Verlusten ein Insolvenzverfahren ein. Restrukturierung soll schnell starten.
Die in Schieflage geratene Braucker Klingenburg GmbH, Weltmarktführer bei Wärmetauschern zur Energierückgewinnung, will trotz des am Mittwoch eingeleiteten Insolvenzverfahrens so viele wie möglich der rund 300 Arbeitsplätze im Betrieb an der Roßheidestraße erhalten. Das versicherte Arndt Klingenburg, einer der Gesellschafter des renommierten Unternehmens, im Gespräch mit der WAZ.
Auch interessant
Für die nächsten drei Monate, versicherte der erst am Dienstag neu verpflichtete Geschäftsführer Rolf Ferdinand Oberhaus, seien die Löhne und Gehälter durch das Insolvenzgeld der Arbeitsagentur gesichert. „In gleicher Höhe wie gewohnt.“ Auch ein für November anstehendes Weihnachtsgeld werde es geben – nur die Höhe stehe noch nicht fest, sagte Rechtsanwalt und Sanierungsexperte Dr. Dirk Andres, den Klingburg als externen Berater hinzu gewinnen konnte.
Arbeitsagentur verschafft der Firma drei Monate Luft
Die Zahlung der Gehälter durch die Arbeitsagentur und die zeitlich befristete Steuererleichterung im Zuge des „Insolvenzverfahrens in Eigenverantwortung“ verschaffe dem Unternehmen drei Monate finanziell Luft, entscheidende Sanierungsmaßnahmen selbst einzuleiten, so die neue Unternehmensführung. Offen seien noch Lieferanten-Rechnungen, die wolle man aber „alle voraussichtlich vollständig begleichen“.
Ohne den frühzeitig gestellten Insolvenzantrag, so Klingenburg und Arens, wäre das Unternehmen, das seit zwei Jahren Verluste einfährt, Ende des Jahres zahlungsunfähig gewesen. Jetzt gelte es, so Oberhaus, jeden Arbeitsprozess, jede Fertigungsstelle genau anzuschauen und Restrukturierungsmaßnahmen einzuleiten. Unterdessen laufe die Produktion komplett weiter, die Auftragslage sei normal. Oberhaus (52), Betriebswirt, sieht „gute Zukunftschancen bei Klingenburg“. Der Bochumer, der 25 Jahre bei Thyssen-Krupp und zuletzt in der Firmenleitung eines Mittelständlers in Hamm war, gilt als sanierungserfahren.
Arndt Klingenburg: „Unterwegs ist uns das Geld ausgegangen“
Arndt Klingenburg erläuterte, dass das Unternehmen, das am Stammsitz Brauck zuletzt einen Jahresumsatz von 40 Millionen Euro erzielte, in den vergangenen Jahren extrem gewachsen sei. „Aber die Strukturen kamen nicht hinterher.“ Man sei zuletzt auf einem guten Weg gewesen, „nur unterwegs ist uns das Geld ausgegangen“, so Klingenburg. Noch im August präsentierte das Unternehmen ein neues Produkt, „eine Weltneuheit“. Hinzu kamen eine angespannte Markt- und Wettbewerbssituation sowie gestiegene Rohstoffpreise.
Auch interessant
„Das Ganze ist dramatisch, aber hoffnungsvoll.“ Man befinde sich in einem Wachstumsmarkt, habe zukunftsfähige Produkte und eine „tolle Truppe in Produktion und Verwaltung“. Klingenburg: „Wir haben alle Voraussetzungen für den turn around.“ Arens betonte, dass man kurzfristig „in die Renditefähigkeiten“ kommen und im kommenden Sommer bereits die „schwarze Null“ erreichen wolle.
Der Betriebsrat steht voll hinter den Sanierungsplänen
Die Insolvenz-Nachricht löste bei der Belegschaft zunächst einen Schock aus, so Betriebsratsvorsitzender David Winkel, „aber die Mannschaft ist nicht frustriert, sondern volle Pulle bereit, das Ruder gemeinsam mit der Firmenleitung herumzureißen.“
Der Betriebsrat stehe „voller Überzeugung“ hinter den Sanierungsplänen des Unternehmens, das grundsätzlich gut aufgestellt sei. Winkel kündigte an, dass der Betriebsrat „um jeden Arbeitsplatz kämpft wie ein Löwe“.