Gladbeck. . Peter Washausen war Bergmann und sagt: „Die Arbeit unter Tage war teilweise menschenverachtend“. Heute ist er Rektor der Erich-Fried-Schule.
Peter Washausen möchte die Bergbau-Ära nicht verklären. „Es war nicht alles gut“, sagt er. Die harte körperliche Arbeit hat er teilweise als menschenverachtend empfunden. „Viele sind bis an ihre Grenzen gegangen. Und darüber hinaus.“ Wenn die Bergmänner etwa mit 55 Jahren in Rente gegangen sind, „waren sie körperlich auf“, weiß der 60-Jährige. „Von ihrer Rente haben sie dann nicht viel gehabt.“
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Lange hat Washausen selbst unter Tage malocht, mit 43 Jahren aber dem Bergbau den Rücken gekehrt. „Ich war Betriebsstellenleiter, für 240 Kumpel zuständig, und hatte den Auftrag bekommen, monatlich drei Leute zu entlassen.“
Schwierige Zeit mit den Kumpeln
Kumpel zu entlassen, die Seite an Seite mit ihm malocht hatten, das konnte er nicht. „Ich habe nachts nicht mehr schlafen können.“ Washausen wusste auch, dass diejenigen, die wegrationalisieren, irgendwann selbst wegrationalisiert werden. „Ich wollte nicht warten, bis gar nichts mehr geht.“
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Nach seiner Kündigung musste er feststellen, dass es auf dem freien Arbeitsmarkt gar nicht so leicht war, Fuß zu fassen. Er begann eine Projektarbeit bei einer Kälte-Klima-Firma, arbeitete anschließend einige Zeit selbstständig in der Finanzberatung. Als er seine heutige Frau kennenlernte, merkte sie gleich: Peter Washausen kann gut mit Kindern umgehen. „Wieso wirst du nicht technischer Lehrer?“, fragte sie.
Also drückte er jeden Samstag die Schulbank, studierte Pädagogik und Fachdidaktik für Mathematik nach. „Man kann alles, wenn man es will und ich wollte das“, sagt der Vater dreier erwachsener Kinder. Mit Leib und Seele ist er heute Lehrer. Seit dem Sommer vergangenen Jahres zudem Rektor der Erich-Fried-Schule.
Unter Tage viel fürs Leben gelernt
Und obwohl er den Lehrer-Beruf „am liebsten schon viel früher gemacht hätte“, missen möchte der Rektor die Tage unter Tage nicht. Prägend nennt er heute die Bergbau-Zeit. Den Respekt, den die Kumpel voreinander haben, dass es keine Vorbehalte gibt, gleich welcher Herkunft jemand ist und jeder in seiner Funktion unverzichtbar ist: Das alles schätzt der Hauptschul-Rektor. „Ich habe einiges positives fürs Leben gelernt.“ Zum Beispiel, dass er vor jedem Menschen Respekt hat, gleich welcher Couleur.
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Der Bergbau bot auch denjenigen eine Chance sich zu beweisen, die etwa keine Eins in Mathe hatten. „Diese Möglichkeit entfällt nun mit dem Bergbau-Aus.“ Das sorgt den Rektor der Erich-Fried-Hauptschule. „Es wird immer schwieriger, diesen Jugendlichen Perspektiven aufzuzeigen.“ Washausen ist überzeugt, dass sich Deutschland auf Dauer keinen Sozialstaat leisten könne. „Daher versuche ich, meinen Schülern zu vermitteln, dass es wichtig ist, sich selbst aufzumachen und nicht darauf zu vertrauen, dass einem schon geholfen wird.“
Er selbst hatte als leitender Angestellter im Bergbau richtig gut verdient. „Dafür muss man auch dankbar sein.“
Lustige und traurige Erinnerungen
An viele lustige aber auch an traurige Erlebnisse unter Tage erinnert sich der ehemalige Bergmann Peter Washausen. „Die Todesrate bei Unfällen war mitunter bitter“, so der 60-Jährige. Gleich seine erste Schicht im Jahr 1982 war vom Tod begleitet.
Ein Hauer war an der Halsschlagader von einem Stein getroffen worden, der aus einer Rohrleitung herausgeschossen kam. Er verblutete noch unter Tage. „Das war ein unglaublich einschneidendes Erlebnis für mich“, erinnert Washausen sich. Der junge Mann hätte am liebsten gleich wieder mit seiner neuen Arbeit aufgehört.
Kübelmajor sammelte Fäkalien ein
Aber auch von lustigen Episoden weiß der Hauptschul-Rektor zu erzählen. Etwa vom Kübelmajor, der mit dem Fahrrad durch die Grube fuhr, Fäkalien der Kumpel einsammelte.
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Als er eines Tages einmal früher ausfahren wollte, stellte sich ihm der Obersteiger in den Weg. „Stimmt das Gerücht, dass ich mehr Scheiße fördere, als du Kohle?“, fragte der Kübelmajor den Steiger daraufhin. Ohne ein Wort ließ er den Major gleich ausfahren.
Nachdem Washausen lange mit dem Bergbau gehadert hatte, fühlt er sich heute wieder mit der Arbeit unter Tage verbunden. „Die Tradition wiederbelebt hat Ex-Bergmann Walter Hüßhoff, der Projekte mit unseren Schülern macht.“ Auch die alte Grubenlampen-Sammlung seines Vaters hat Peter Washausen inzwischen wieder bei sich zu Hause aufgestellt.