Gladbeck. Das Fällverbot lockern, oder die Bäume weiter schützen. Darüber diskutierte die Politik. Fazit: Die Verwaltung soll die Satzung überarbeiten.
- Sturmschäden und Anwohnerbeschwerden rücken das Thema Gefahr durch große Bäume in den Fokus der Politik
- Die Mitglieder des Hauptausschusses diskutierten über die Lockerung oder Abschaffung der Baumschutzsatzung
- Die Zentralen Betriebe der Stadt kalkulieren mit Kosten zur Beseitigung der Sturmschäden von bislang 70 000 Eurol
Ein aktuelles Luftbild zeigt deutlich, dass das vor rund 100 Jahren von den Stadtvätern angepackte planerische Ziel einer grünen Gartenstadt in Gladbeck eindrucksvoll umgesetzt werden konnte. Die vielen jetzt mächtigen Bäume im Stadtgebiet und die zunehmenden Sturmereignisse sorgen jetzt aber viele Bürger.
Zuletzt hatte Sturm „Ludger“ an Fronleichnam teils hohe Schäden durch Astbruch oder komplette Entwurzelung verursacht. Ob die Baumschutzsatzung, die im Privaten das Fällen und Beschneiden von Bäumen einschränkt, verändert oder ganz abgeschafft werden sollte, darüber diskutierte jetzt der Hauptausschuss.
Auch interessant
SPD- und CDU-Fraktion hatten aktuelle Bedenken und Bitten einiger geschädigter Bürger aufgegriffen und dazu Anträge gestellt. Die SPD regte an zu prüfen, ob eine Ausnahme vom Fällverbot auch für gesunde Bäume zulässig sein sollte, „wenn bei einem kranken oder gesunden Baum das Abbrechen des Baumes oder von Ästen bei Sturm drohen und dadurch Gefahren für Personen oder Sachen von bedeutendem Wert eintreten können“.
„Diskutieren, wo wir den Schutzcharakter sehen“
Fraktionsvorsitzender Michael Hübner begründete, dass man sich damit auseinandersetzen müsse, wie man die Qualität des Baumbestandes erhalten wolle, „innerhalb der schwierigen Gemengelage, die wir mit einer 100jährigen Gartenstadtstruktur haben“. Er regte den flexiblen Umgang mit dem ein oder anderen Baum an und verwies auch auf die zunehmenden Sturmereignisse, die teils einen großen Aufwand zur Schadensbeseitigung verursachten, den der ZBG nicht mehr leisten könne. Es gelte, im Einzelfall die mikroklimatischen Bedingungen sehr sorgfältig abzuwägen „und wir müssen darüber diskutieren, wo wird den Schutzcharakter sehen“.
CDU-Fraktionschef Peter Rademacher erklärte, dass sich die CDU sehr für eine begrünte Stadt einsetze, andererseits aber gegen eine Entmündigung des Bürgers auf dessen Privateigentum durch die Baumschutzsatzung sei, die seine Fraktion als überflüssig bewerte.
Ziel: Schadensminimierung bei Straßenbäumen
Er beantragte, dass die Verwaltung unter Beachtung der vergangenen Sturmschäden eine Arbeitsgruppe (Lokalpolitik, Forstamt, ZBG, Feuerwehr, Ingenieuramt etc.) einsetzt, die einen Vorschlag für einen optimierten Baumbestand auf öffentlichen Flächen erarbeitet. Mit dem Ziel, eine Schadensminimierung bei Straßenbäumen (auch durch Wurzelwerk) zu erreichen.
Bürgermeister Ulrich Roland erinnerte, dass die CDU selbst 1994 die Baumschutzsatzung eingeführt habe. Er unterstrich, dass mit dem Regelwerk niemand die Bürgerschaft bevormunden wolle, vielmehr wichtige Spielregeln geschaffen wurden, „die im Interesse aller sind“. Eine Abschaffung der Satzung helfe nicht weiter, „aber eine pragmatische Weiterentwicklung“.
„Wer da rangeht, riskiert ein Kettensägenmassaker“
Franz Wegener (Grüne) sieht in der Schutzsatzung „den letzten Garant der Stadtökologie“, wer da rangehe, „riskiert eine Kettensägenmassaker“. ZBG Chef Heinrich Vollmer erläuterte, wie wichtig die Durchgrünung für das Klima der Stadt sei. „Eine mittelgroße Buche filtert die Schadstoffwirkung eines Kleinwagens weg.“ Und auch wenn durch einzelne Bäume bei Sturm Schaden entstehe, schütze der Baumbestand die Bürger insgesamt vor Schäden. Vollmer: „Es wären sicher einige Dächer abgedeckt worden, wenn die Kronen der Bäume den Sturm nicht gefiltert hätten.“
Der Antrag der CDU fand keine weiteren Befürworter. Die Verwaltung wurde mit Stimmmehrheit (Enthaltung CDU, Ablehnung Linke) beauftragt, „eine Änderung der Baumschutzsatzung der Stadt Gladbeck zu erarbeiten und diese dem Rat der Stadt Gladbeck in seiner Sitzung am 28. September zur Beschlussfassung vorzulegen“.
Hohe Kosten durch Sturmtief Ludger
Das Sturmtief an Fronleichnam wütete nur kurz und vorrangig im nördlichen Stadtgebiet. Die Schäden, die „Ludger“ verursachte, sind aber immens. Peter Frank, Verwaltungsleiter der Feuerwehr, berichtete dem Hauptausschuss, dass zur Schadensbekämpfung alle zehn Kräfte der Hauptwache unterstützt von 50 Kräften der Freiwilligen Feuerwehr in den betroffenen Stadtteilen ab 16.35 Uhr im Einsatz waren, um die letztlich 104 gemeldeten sturmbedingten Einsätze abzuarbeiten.
ZBG-Chef Heinrich Vollmer listetet weiter auf, dass im Stadtgebiet 120 Bäume beschädigt wurden, gut zehn seien umgestürzt, weitere 20 Fällungen wurden erforderlich, weil Kronenschäden zur Instabilität führten. Bis Ende Juni musste das ZBG-Personal 900 sturmbedingte Arbeitsstunden leisten, mit Kosten von rund 25 000 Euro plus 5000 Euro für eingesetzte Fahrzeuge und Gerät. Zudem seien Fremdfirmen beauftragt worden, mit bislang geschätzten Kosten von 40 000 Euro.