Gladbeck. Bürger kritisieren, dass sie keine Fällgenehmigung für die kranken Bäume in Zweckel erhalten. Sturm Ludger hat dort großen Schaden angerichtet.
- Gladbecker Bürger kritisieren, dass sie keine Fällgenehmigung der Stadt für ihre „kranken Bäume“ erhalten
- Sturm Ludger riss an Fronleichnam tonnenschwere Äste zu Boden, ein geparktes Auto wurde total zerstört
- Der Chef des zentralen Betriebshofes der Stadt sagt, die Baumschutzsatzung lasse keinen Spielraum zu
„Es ist großes Glück, dass kein Mensch zu Schaden gekommen ist“, sagt Yusuf Turan. Er zeigt auf den völlig zerstörten Kleinwagen seines Sohnes (23), den ein tonnenschwerer Ast in voller Länge zusammengedrückt hat. Seine Nachbarn nicken.
An der Ecke Richard-Wagner- und Händelstraße in Zweckel sind sie nach dem Sturm Ludger zusammen gekommen, um ihrem Ärger Luft zu machen. „Wir verstehen nicht, warum die Stadt keine Gefahr sieht und uns keine Fällgenehmigung erteilt. Muss erst jemand sterben, weil ein Ast auf ihn gestürzt ist?“, wettert ein Senior.
Riesiger Ast zertrümmert Kleinwagen
Dass ihre Sorge begründet ist, sehen die Zweckeler an den Schäden belegt, den die Gewitterböen an Fronleichnam in ihrer Wohnstraße angerichtet haben. „Mein Sohn ist zehn Minuten, bevor der Ast abgebrochen ist, aus seinem Wagen ausgestiegen“, erzählt Yusuf Turan (59) leise.
Kurz danach sei auch von der zweiten der drei mächtigen Platanen, die auf seinem Eckgrundstück stehen, ein riesiger Ast abgebrochen und quer auf die Händelstraße gestürzt. An vielen weiteren Bäumen in der Siedlung brachen Äste, die auf Wege und Straßen fielen. „Sowas Schlimmes hab ich noch nie gesehen“, sagt Anwohnerin C. Martin, „als ob Beelzebub hier gewütet hätte.“
Alle Nachbarn befürworten Ersatzpflanzungen
Es sei ein Segen gewesen, dass am Feiertag wenig los war, als der Sturm nach 16 Uhr losbrach, meinen die Nachbarn. „Hier ist doch direkt der Kindergarten Eden, und um die Zeit werden die Kinder sonst an den Wochentagen abgeholt.“ Auch am Kita-Gelände sind dicke Äste von Bäumen gebrochen und zu Boden gefallen.
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Seit Jahren stellten sie immer wieder Fällanträge für die etwa 30 Meter hohen, mächtigen Platanen, die mit Bau der Siedlung Ende der 1920er Jahre gepflanzt wurden. Mittlerweile wenig geliebte Bäume, die mit dem Kauf ihrer Häuser auch ihr Eigentum wurden, „über die wir aufgrund der Baumschutzsatzung aber nicht verfügen dürfen, wie wir wollen.“ Ein Kronenschnitt durch Fachfirmen mit Hubsteiger bedeute hohe Kosten von jeweils etwa 700 Euro.
Das mächtige, sich im Grund ausbreitende Wurzelwerk verursache mittlerweile zudem Schäden an der Hauskanalisation. Alle Nachbarn versichern, den ökologischen Wert von Bäumen für das Klima der Stadt anzuerkennen und zu schätzen. „Und wir sind alle bereit, nach der Fällung auf unsere Kosten Ersatzpflanzungen vorzunehmen.“
Die Platane befällt zunehmend der Massaria-Pilz
Der Experten der Stadt argumentierten, „dass die Bäume nicht geschädigt sind“, so der wortführende Senior, der seinen Namen nicht nennt. An den Bruchstellen könne man jetzt aber sehen, „dass das nicht stimmt“. Es sei doch ein Fakt, dass die Platane zunehmend vom Massaria-Pilz befallen werde. „Der die Bäume schwächt, was zu einer erhöhten Bruchgefahr führt.“ Alle Nachbarn sind sich einig: „Wir werden weiter Fällanträge für die gefährlichen Platanen stellen.“
ZBG-Chef Heinrich Vollmer unterstreicht, dass die Ingenieure seiner Fachabteilung vor Ort „keine äußeren Schäden an den Platanen in Zweckel festgestellt haben“. Er räumt aber auch ein, dass vital scheinende Bäume im Inneren durchaus erkrankt sein könnten.
ZBG ist an die Baumschutzsatzung gebunden
Auf dem Privatgrund seien die Besitzer für die Pflege und Standsicherheit verantwortlich. Es gebe aber Eigentümer, „die lieber jedes Jahr einen Fällantrag stellen, statt ihren Baum zu pflegen“. Bei kranken Bäumen werde die Fällgenehmigung sofort erteilt, „wie übrigens bei weit mehr als 90 Prozent der Anträge“, so Vollmer. Im übrigen sei der ZBG an die Ausführung der Baumschutzsatzung der Stadt gebunden, „die uns keinen Spielraum lässt“. Der ökologische Wert geschützten Baumbestandes „wird vom Verwaltungsgericht auch hoch bewertet“, so dass hierzu bislang keine Privatklage in Gladbeck erfolgreich gewesen sei.
Die Baumschutzsatzung der Stadt Gladbeck schützt alle Bäume mit einem Stammumfang von mindestens 80 Zentimetern (Eiben: 50 cm) in einem Meter Höhe oberhalb des Erdbodens. Bei mehrstämmigen Bäumen ist die Summe der Stammumfänge maßgeblich.
Unwetter über Gladbeck
>> ALLERGIE-BÄUME DÜRFEN AUF ANTRAG GEFÄLLT WERDEN
- Nadelbäume dürfen aber im Regelfall beseitigt werden, wenn stattdessen ein Laubbaum gepflanzt wird. Pappeln, Weiden und Birken können Allergien auslösen. Die Fällung dieser Bäume wird in jedem Fall vom ZBG genehmigt.
- Bebaute Grundstücke mit einer Gesamtgröße von weniger als 300 qm fallen nicht unter die Satzung. Ein Fällantrag muss nicht gestellt werden für Bäume, die näher als sechs Meter zur Außenwandfläche von Wohngebäuden oder Aufenthaltsräumen gewerblicher Gebäude stehen und deren Abstand zum öffentlichen Verkehrsraum mehr als sechs Meter beträgt. Ausnahmen und Sonderregelungen gelten, wenn bereits städtische Bäume im Straßenbereich vorhanden sind.
- Weitere Infos: Hans-Dieter Schütz 99 26 69, E-Mail: hans-dieter.schuetz@zb-gladbeck.de