Gladbeck. Auch in Gladbeck werden Reinigungskräfte in dieser Woche streiken. Wo, sagen sie natürlich nicht. Damit die Arbeitgeber merken, was ihnen fehlt, wenn nicht geputzt wird. „Selbst wenn den Frauen die Kündigung droht, sie wollen auf die Straße gehen", gibt sich die Gewerkschaft kämpferisch.

„Man kann einen Menschen treten bis zu einem gewissen Punkt, dann fängt er an zu beißen", sagt Susanne Neumann. Sie ist Putzfrau, Bezirksvorsitzende der IG BAU und Bundesvorsitzende der Fachgruppe Gebäudereinigung der Gewerkschaft. Was sie meint: Jetzt wird gebissen, denn ab morgen wird gestreikt.

„In dieser Woche auch in Gladbeck", versichern Ehemann und Gewerkschaftssekretär Bernd Neumann und Klaus Kaiser, Gladbecker Ortsverbands-Vorsitzender. Wo, wie und wann, das sagen sie nicht, denn die Streikaktionen sollen die Arbeitgeber unerwartet treffen. Und sie sollen weh tun. Arbeitgeber, das sind die Reinigungsfirmen, von denen die Gewerkschafter meinen, dass sie sich „dumm und dämlich verdienen”. Ein Plus von 14 Prozent hätten die im letzten Quartal 2008 verzeichnet, rechnet Bernd Neumann vor, und wenn jetzt von Wirtschafskrise geredet werde, so ziehe das Argument nicht: „Krankenhäuser müssen nach wie vor geputzt werden, es gibt nicht weniger alte Menschen in den Altenheimen, es gibt nicht weniger Schüler."

Mehr Arbeit durch Schweinegrippe

Stattdessen gebe es zusätzliche Arbeit, zusätzliche Belastung, wo schon jetzt die Grenze des Machbaren längst überschritten sei. „Die Schweinegrippe, die drohende Pandemie führt dazu, dass unsere Frauen noch mehr arbeiten müssen", klagen die Gewerkschafter und erinnern an verschärfte Hygienemaßnahmen.

Die Situation der Putzfrauen ist es, die Susanne Neumann auf die Palme bringt. „Wir Putzfrauen sind Menschenware; wir werden eingekauft, ausgetauscht, gegängelt", sagt sie und pflastert ihren wegen eines Bruchs geschienten Fuß kämpferisch mit Buttons und Aufklebern, die der Forderung nach 8,7 Prozent mehr Lohn Ausdruck verleihen. Knochenjob, miese Bezahlung, noch mieseres Image in den Augen der Öffentlichkeit, so sehe die Situation der Putzfrauen aus, für die sich niemand, aber gar niemand auch nur interessiere. „Die Putze ist die letzte, an die jemand denkt", weiß Susanne Neumann aus eigener, 28-jähriger Erfahrung. „Hat man bei der Nokia-Schließung etwas davon gehört, dass auch 80 Reinigungskräfte ihren Job verloren haben? Interessiert das jemanden, ob Reinigungskräfte im Krankenhaus gegen Hepatitis geimpft sind? Oder ob sie jetzt gegen die Schweinegrippe geimpft werden?"

Dabei seien die Krankenhaus-Putzfrauen diejenigen, die den meisten Druck aushalten müssten. „Im Schnitt hat man dreieinhalb Minuten für ein Krankenzimmer. Patienten gucken zu und mäkeln, auf Beschwerden verteilt die Hygieneschwester Druck und allzu schnell heißt es dann: Das Mädel ist unsauber."

Arbeitsverdichtung

Die Arbeitsverdichtung habe ständig zugenommen, beklagt Susanne Neumann die Entwicklung: „Früher waren in Krankenhäusern drei Frauen für eine Etage zuständig. Heute macht das eine allein." Dann redet sie noch von einem großen Werk in der Gladbecker Nachbarschaft, „da waren vor 20 Jahren noch über 40 Reinigungskräfte in Vollzeit beschäftigt. Jetzt sind es 14 auf 400-Euro-Basis."

Überhaupt die Bezahlung. Die reiche nach Vollzeitjob und vollem Arbeitsleben nicht 'mal für eine Rente oberhalb des Existenzminimums. Und die Bezahlung werde munter nach unten korrigiert, so Gewerkschaftssekretär Neumann.

Vollmundige Ankündigungen

Der erklärt, was er von Arbeitgeber-Aussagen hält, sie wollten nach wie vor die bisher geltenden 8,15 Euro Stundenlohn weiter zahlen: „Vollmundige Ankündigungen, weiter nichts. Wir haben schon seit September Änderungskündigungen vorliegen. Da werden Stundenlöhne von sechs Euro genannt. Das ist eine Kürzung um 27 Prozent - 30 Prozent wären sittenwidrig."

Die hohe Streikbereitschaft (96,7 Prozent haben sich bei der Urabstimmung dafür ausgesprochen) hat die Gewerkschaft nur teilweise überrascht. „Eine höhere Beteiligung als im Bauhauptgewerbe", staunt Bernd Neumann einerseits. Andererseits, sagt er, sei das Ende der Fahnenstange erreicht. „Selbst wenn den Frauen die Kündigung droht, sie wollen auf die Straße gehen." Arbeitslosengeld II sei in vielen Fällen noch eine Lohnerhöhung.