Gelsenkirchen. . Dichten auf hohem Niveau: Der Kulturraum„die Flora“ konnte gar nicht so viele Besucher fassen, wie angereist waren. Die besten „Slammer“ der Stadt trafen hier am Wochenende wortgewaltig aufeinander. Gleich drei Organisationen schickten ihre besten Wortakrobaten ins Rennen.
Viel Getümmel vor dem Eingang der „Flora“ am Samstag abend – keine Frage, Poetry-Slam ist in Gelsenkirchen eine gefragte Nummer.
Es müssen Gäste abgewiesen werden, mehr als 99 Plätze gibt es sicherheitstechnisch im Saal nicht. Drei Organisationen sind in dem „modernen Dichterwettstreit“ seit 2011 besonders aktiv und veranstalten regelmäßig eigene Wettbewerbe: Die Falken von Spunk-Ückendorf mit „wortGEwaltig“, der Kunstverein Werkstatt e.V. aus Buer mit „Poesieduell“ und das C@fe-42 der evangelischen Jugend Beckhausen mit „CaféSATZ“.
Neue Titel sind ein Anreiz
Jetzt gilt es erstmalig unterstützt durch das städtische Referat für Kultur und in Kooperation mit dem Kulturraum „die flora“ den Gelsenkirchener Stadtmeister im Dichten zu küren. „Ohne Ehrgeiz gibt es halt keinen Poetry-Slam“ schmunzelt Rainer Wüst von C@fe-42.
Neue Titel und viele Wettkämpfe sind für über 1000 bundesweit bekannte Slammer ein Anreiz. Neun Gewinner der städtischen Saisonfinals bewerben sich um die Gelsenkirchener Krone, dazu sind sie aus verschiedenen NRW-Städten angereist - Leif aus Essen, Christofer_mit_f aus Herne, Tobias Heimann aus Bochum, No Limit aus Leverkusen, Elina Raddy aus Aachen, Jens Kotalla aus Münster, Acho aus Rheine, Mulle aus Bochum und Coo aus Essen.
Die Besten der Besten
In dieser ausgelosten Reihenfolge geht es flugs auf die Bühne und ran an die Wörter, es gilt ein gutes Gesamtpaket aus Inhalt und Vortrag zu präsentieren. Schnell merkt das Publikum, hier sind die Besten der Besten am Werke. Leif glaubt, „Einsicht ist der erste Weg sich beschissen zu fühlen“ und macht sich ernsthafte Gedanken über sein imaginäres Kind, deklariert in Anlehnung an Rousseaus aufklärerisches Erziehungswerk „Emile“.
Mit fundiertem Wissen humanistischer Prägung trumpft auch Christofer_mit_f. „Bibelfeste werden gleich mehr Spaß am Text haben, Bibelgläubige weniger“. Stimmt, denn die Telefonate zwischen dem lieben Gott und Abraham sind köstlich. Es gibt „Salzsäurenerstarrungsalarm“ und der Allmächtige gibt zu, dass manche seiner Wunder nicht bis zu Ende durchdacht sind. Das begeisterte Publikum darf nach der ersten Runde sechs Poeten in die zweite wählen, dann wieder drei ins Finale.
Die Nase ganz vorne hat am Ende des Abends No Limit, ins Rennen geschickt von „wortGEwaltig“. Seine Texte sind politisch, er formuliert Anklagen an die biederen Vertreter des Systems der „Nahrungsmittelspekulatoren“ und „Kriegstreiber“. „Du nennst mich weltfremd? Aber nur weil diese Welt mir fremd geworden ist, bin ich nicht weltfremd“.
Nach drei Stunden Slam gibt es einen goldenen, einen silbernen und eine bronzenen Bären für die wortgewaltigen Sieger: „No Limit“ macht das Rennen.
Slammer, die mit einem Künstlernamen auftreten schweigen bisweilen beharrlich zu ihrer Identität. „Ich möchte ja, dass der gewählte Name bei den Leuten im Gedächtnis haften bleibt“, sagt der neue Gelsenkirchener Stadtmeister „No Limit“.
Im Unterrichtsfach Deutsch hat er in der Schule übrigens nicht geglänzt, gibt er zu. Er kam später über die Musikschiene und dem Hip Hop zum Dichten.
Den zweiten Platz belegte Acho für CaféSATZ, den dritten Platz Christofer_mit_f für WortGEwaltig.