Gelsenkirchen. 72 Müllbehälter stehen in Gelsenkirchen auf der Bahnhofstraße, verteilt zwischen Bahnhofsvorplatz und Neumarkt. Doch vieles landet nicht im Eimer, sondern auf dem Boden und macht sich dort dauerhaft breit. Kaugummis vor allem. Da wird die Shoppingtour zum Erleben mit Kleben.

72 Mülleimer stehen verteilt auf der Bahnhofstraße zwischen Bahnhofsvorplatz und Neumarkt. Zweimal täglich sind an sechs Tagen in der Woche Kleinkehrmaschinen auf der Einkaufspiste unterwegs, täglich treten in zwei Schichten Handreiniger an, um Schmutz zu beseitigen, Papierkörbe zu leeren, Verpackungsmüll einzusammeln. Es ist Sisyphos-Arbeit, die Gelsendienste-Sprecher Tobias Heyne da beschreibt. Und die oft so vergeblich ist, weil eben vieles nicht im Eimer, sondern auf dem Boden landet und sich dort dauerhaft breitmacht. Kaugummis vor allem. Da wird die Shoppingtour zum Erleben mit Kleben.

Die Kaugummi-Masse hat es in sich und bietet was zu beißen: Kunststoffe wie Polyisobutylen und Polyvinylacetat stecken drin, gern bis zu 70 % Zucker, aber auch Weichmacher und Feuchthaltemittel sowie Füllstoffe wie Aluminiumoxid, Kieselsäure oder Zellulose. Das Ergebnis schmeckt dennoch Millionen. Und massenhaft ausgekaut, werden Kaugummis zum klebrigen Ärgernis.

„Die Problematik ist bekannt. Das stört uns auch“

Schauplatz Bahnhof- oder Hochstraße in Buer. Schwarze Batzen überziehen Pflaster und Platten. Vor Wurstbuden wächst eine Kaugummi-Straße, beim Kaufhof oder vor Primark konzentriert sich der Gummi-Kleber-Bereich längs der Eingangszonen und gerne direkt vor den Schaufenstern. Nachgezählt 16 Kau-Relikte auf einer knapp 40 mal 25 Zentimeter großen Bodenplatte sind längst noch kein Spitzenwert. Nahezu ganz schwarz sieht’s in der Sitznische neben einem Brezel-Stand an der Bahnhofstraße aus. Jeder Fleck ein Kaugummirest. Breitgetreten, festgeklebt, zerfahren – beinahe unkaputtbar. Und die Aufpasser vom ­City-Service scheinen machtlos.

„Das ist leider in jeder Stadt ein Thema, da haben wir keine Lösung“, sagt Angela Bartelt von der Cityinitiative. Und Heyne flankiert: „Die Problematik ist bekannt. Das stört uns auch. Aber Kaugummis bieten ja keine Angriffsfläche, die lassen sich auch nicht einfach wegkehren. Das ist wohl nicht nachhaltig zu ändern, zumindest nicht in einem vertretbaren Kostenrahmen. Da können wir nur an die Menschen appellieren, die Papierkörbe zu nutzen.“

2006 zur Fußball-Weltmeisterschaft wurde die Fußgängerzone neu gestaltet. Eine Grundreinigung des Pflasters hat es seither nicht gegeben. In Buer hat man sich in einem Teilversuch zumindest mal an die Kaugummis gewagt. Es gibt thermische Lösungen mit Wasserdampf oder auch Kälte. Doch nichts, was wirklich einfach und in vertretbarer Zeit funktioniert. Und zurück blieben dann in der Regel helle statt schwarzer Flecken. Heyne: „Wenn da mal jemand was erfindet, das wäre ein Riesenmarkt.“

Essen und Trinken sind in Bus und Bahn der Bogestra tabu

„Die Sauberkeit in unseren Bussen und Bahnen oder an den U-Bahnhöfen hat einen Standard erreicht, der mittlerweile auch von den Kunden positiv wahrgenommen wird“, sagt Bogestra-Sprecher Christoph Kollmann. „Man steigt eben eher ein, wenn man sieht, da kümmert sich jemand.“ Die saubere Optik lassen sich Verkehrsunternehmen und Kommunen einiges kosten. Fast 750.000 Euro im Jahr kostet die Innenreinigung der knapp 400 Bogestra-Fahrzeuge. Rund 1,5 Mio. Euro werden in Gelsenkirchen und dem weiteren Netzgebiet für die Reinigung von Bahnhöfen und Haltestellen ausgegeben.

Essen, Trinken und laute Musik sind in den Bussen und Bahnen tabu. „Wir erwarten natürlich, dass die Kunden die Mülleimer nutzen“, sagt Kollmann, weiß aber auch: „Das Thema ist nie zu Ende, man muss immer wieder neu ansetzen.“ Oft hilft im Kampf gegen Kaugummis, Edding-Geschmier oder Scratching nur eins: Sitze oder Scheiben austauschen. In letzter Zeit trifft es aber eher Fahrtreppen und Aufzüge. Kollmann: „Beschädigungen dort tun uns sehr weh.“

Buchstäblich eine Lösung gegen zähe Kaugummis hat auch die Bogestra nicht. „Das ist wie mit Wildkraut“, findet Gelsendienste-Sprecher Heyne: „Das kann man abflämmen oder ausreißen, Alternativen gibt’s da auch nicht.“ Doch das ist eine andere Geschichte. . .