Gelsenkirchen. Ein kleiner Gelsenkirchener Verlag setzt seit 40 Jahren Lyrik groß in Szene. Zum Konzept von Verlegerin Irmgard Stein gehört die Kombination von Gedicht und Grafik. Eine Erfolgsgeschichte.

Die Bestsellerlisten erobern Gedichtbände eher nicht. Bücher mit kunstvoll gedrechselter Lyrik liegen schwer in den Buchregalen, mutieren rasch zu Ladenhütern. Und dennoch trat Irmgard Stein das Wagnis an: Die Ückendorferin gründete mutig den kleinen, aber feinen Verlag Xylos, um der zeitgenössischen Lyrik angemessen Gehör zu verschaffen. Mit Erfolg: Am 23. August feiert die Edition 40. Geburtstag.

Dieser Verlag, zu Hause an der Bergmannstraße 65, ist nicht nur als Ein-Frau-Betrieb ein ganz besonderer. „Von Anfang an“, erzählt Irmgard Stein, „hatte ich die Idee, Lyrik immer nur in Verbindung mit Grafik herauszubringen.“ Radierung, Lithographie, Holzschnitt vor allem. Verheiratet mit dem Holzschneider Heinz Stein, konnte die Verlegerin hier aus dem Vollen schöpfen, konnte kreative Verbindungen schaffen zwischen bildender Kunst und Literaten.

Heinrich Böll und Günter Grass

Die Zahl der Veröffentlichungen kann die Verlegerin kaum mehr überblicken, einige hundert mögen es sein. Die Bücher in den wunderbar prall gefüllten Regalen und Schränken der kleinen Galerie sprechen Bände davon, laden zum Blättern, Schmökern, Staunen ein. Staunen über die stattliche Zahl an prominenten Autoren, die bei Xylos veröffentlicht haben. Günter Grass gehört dazu, Heinrich Böll, Reiner Kunze, Ernesto Cardenal, Sarah Kirsch und Ernst Jünger.

Neben den Lyrikbändchen avancierten die „Literarisch-grafischen Extrablätter“ zu einer Spezialität des Verlagsunternehmens, eine beredte Symbiose aus Text und Grafik. Viele Beispiele davon sind gerahmt in einer attraktiven Ausstellung zum Verlagsjubiläum zu sehen.

Dann wird auch das neueste Blatt präsentiert, eine Wiederauflage von 1974. Den Text „Ein Mensch wie ich“ schrieb der Gelsenkirchener Autor Jürgen Völkert-Marten, den Holzschnitt schuf Heinz Stein. Vielen jungen Lyrikern diente Xylos als Sprungbrett. Michael Klaus veröffentlichte hier erstmals. Auch prominente Autoren wie Böll, Grass oder Kunze waren rasch zu begeistern. Gerne erinnert sich die Verlegerin an den Besuch von Günter Grass, der selbst gedrehte Zigaretten in ihrer Galerie qualmte und mit ihr gemeinsam das Blatt „Demeter“ (mit Handschrift-Faksimile) herausbrachte. In den Siebzigern veranstaltete der Verlag einen internationalen Lyrik-Wettbewerb.

Prominente Grafiker, darunter HAP Grieshaber, steuerten Holzschnitte bei. Rückblickend sagt eine zufriedene Verlegerin Irmgard Stein: „Man wird nicht reich mit so einem Verlag, aber ich konnte vielen Menschen mit meinen Veröffentlichungen eine Freude machen.“ Und das tut sie mit viel Engagement und Leidenschaft bis heute.