Gelsenkirchen. Am Abend des 18. Juli zogen bei einer „spontanen“ Versammlung, zu der über Facebook aufgerufen worden war, 200 Menschen durch die Stadt. Augen- und Ohrenzeugen berichteten von lauten Hass-Parolen und antisemitischen Sprüchen. Dienstagabend gab es die zweite Demo – mit viel weniger Teilnehmern, dafür aber großem Polizeiaufgebot.

Etwa 60 Menschen sind nach Informationen der Polizei dem Facebook-Aufruf zu einer weiteren Pro-Palästina-Versammlung am späten Dienstagabend gefolgt. Diesmal hätte die Abteilung Staatsschutz im Vorfeld der Demo den Veranstalter kontaktiert, teilte Polizeisprecher Guido Hesse mit. Ergebnis: „Es war eine genehmigte Versammlung mit den Auflagen des Versammlungsrechts.“

Von den 60 Leuten seien etwa 40, nach Hesses Worten junge Leute mit türkischen Wurzeln, los marschiert. Die Einsatzstärke der Polizei bezifferte er nicht näher, sagte nur so viel: „Wir waren auf eine größere Menge vorbereitet.“ Auf WAZ-Nachfrage bestätigte die Polizei später auch, was Augenzeugen der Redaktion berichtet hatten: Die neue Synagoge wurde über Stunden großräumig von Einsatzkräften der Polizei geschützt. Vorsichtshalber.

Spontane Mahnwache bis morgens um Zwei vor der Synagoge

Massive judenfeindliche Parolen seien am Dienstagabend ausgeblieben, schilderte Gelsenzentrum-Sprecher Andreas Jordan seine Beobachtungen. Er wies auch auf die nächtliche Mahnwache einer Gruppe junger Leute unweit der Synagoge hin, die dort mit einem plakatierten Willy-Brandt-Zitat Flagge gezeigt hätten: „Nicht Krieg, sondern Frieden ist der Vater aller Dinge.“

Die Mahnwache hatten Mitglieder des progressiven Plenums, einem Zusammenschluss junger politisch engagierter und interessierter Gelsenkirchener, am späten Abend spontan beschlossen. Ein Sprecher der Gruppe sagte zur WAZ: „Wir wollten uns mit der jüdischen Gemeinde solidarisieren und standen bis kurz nach Zwei dort.“ Dass sich vor dem Hintergrund des Nahost-Konflikts in Deutschland wieder Antisemitismus Bahn bricht, sei für ihn erschreckend, äußerst besorgniserregend und gefährlich.