Gelsenkirchen. . Das Wilhelm-Sternemann-Haus an der Husemannstraße ist seit 30 Jahren Anlaufstelle für Wohnungslose. Die Einrichtung der Caritas ermöglicht den Menschen, den Tag dort zu verbringen, eine Dusche zu nehmen, die Waschmaschine und den Trockner zu nutzen oder ein warmes Essen und eine Beratung zu bekommen
Die, um die es ging, waren auch zur Feier des 30-jährigen Bestehens gekommen: die Wohnungslosen, die Gestrandeten, die, die häufig durch das soziale Netz fallen. Sie saßen mit den Honoratioren der Stadt an einem Tisch und löffelten den Gemüseeintopf, den das Marienhospital in Ückendorf spendete. Übrigens auch seit 30 Jahren.
Der klassische Wohnungslose ist nicht der Bettler in der Fußgängerzone. Er schläft auch nicht auf einem Pappkarton im Eingang eines Geschäftes. „Das Bild des Wohnungslosen ist anders“, sagt Sozialarbeiter Friedhelm Berkenkopf, der seit 24 Jahren in der Einrichtung arbeitet. „Es sind Menschen in besonderen sozialen Schwierigkeiten, denen man ihr Problem nicht immer ansieht.“
Postadresse für 130 Wohnungslose
Als wohnungslos gelten Menschen, die keinen „mietvertraglich abgesicherten Wohnraum“ zur Verfügung haben und zwischen 18 und 65 Jahre alt sind. Stattdessen finden sie Unterkunft bei Verwandten, Freunden, auf Campingplätzen oder in Hilfseinrichtungen. Zu ihnen gehören auch Obdachlose.
Um solche Menschen kümmern sich die drei (Vollzeit-)Sozialarbeiter und Ehrenamtlichen im Wilhelm-Sternemann-Haus. Dort haben die Betroffenen die Möglichkeit, den Tag zu verbringen, eine Dusche zu nehmen, die Waschmaschine und den Trockner zu nutzen oder ein warmes Essen und eine Beratung zu bekommen. Oft dient die Beratungsstelle als erste Postadresse für Betroffene, denn um an finanzielle Unterstützung durchs Jobcenter zu kommen, braucht es eine feste Adresse. 130 Menschen stehen auf der Postliste des Sternemann-Hauses. Damit wird die Basis für weitere Hilfen gelegt, denn Wohnungslose haben Rechte – auf Hartz IV (391 €), gesundheitliche Versorgung oder einen Schlafplatz.
Über 35 Prozent der Wohnungslosen sind unter 25
70 bis 80 Menschen nutzen regelmäßig das Angebot in dem Caritas-Haus an der Husemannstraße 52. Der Anteil der Frauen unter den Wohnungslosen liegt bei zehn bis 15 Prozent. Alarmierend ist die Altersstruktur: Über 35 Prozent der Wohnungslosen in Gelsenkirchen sind Menschen unter 25 Jahre. Auffällig: Diese Gruppe umfasst je zur Hälfte Männer und Frauen. Hauptgründe für Wohnungslosigkeit sind Schulden, Arbeitsplatzverlust und Suchtprobleme.
Trotz schwieriger Bedingungen gelingt es den Sozialarbeitern immer wieder, Betroffene in Wohnungen zu vermitteln. Auch, weil das Wilhelm-Sternemann-Haus ein sehr großes Netzwerk hat und einen hohen Zuspruch in der Stadt erfährt. Das wurde auf der zwanglosen Feier am Dienstag deutlich. Dennoch: Obdachlosigkeit wird niemals ganz aus der Gesellschaft verschwinden.