Gelsenkirchen. . Der Vorwurf lautet: Mordversuch. Ein 61-jähriger Bochumer soll seine in Gelsenkirchen lebende Freundin aus Eifersucht niedergeschossen haben. Doch er spricht von einem verunglückten Selbstmord. Eigentlich habe er sich selbst erschießen wollen, die Kugel habe sich „aus Versehen“ zu früh gelöst.
Der 61 Jahre alte Bochumer redet viel, erzählt von einer komplizierten Beziehung zu einer zehn Jahre jüngeren Frau aus dem Gelsenkirchener Stadtteil Ückendorf. Doch seine Kernaussage am ersten Prozesstag vor dem Essener Schwurgericht ist knapp. Dass er aus kurzer Distanz auf seine Freundin schoss, sei keineswegs ein Mordversuch: „Ich wollte sie nicht töten. Ich wollte mich erschießen.“
Staatsanwalt Gabriel Wais spricht in der Anklage dagegen von Heimtücke, von einem versuchten Mord aus niedrigen Beweggründen. Denn der Angeklagte habe den Schuss aus der Pistole abgefeuert, weil die Frau sich von ihm trennen wollte. Wais: „Wenn er sie nicht haben konnte, sollte sie kein anderer bekommen, insbesondere nicht ihr ehemaliger Ehemann.“ Aus Sicht des Angeklagten habe die Frau durch den Trennungswunsch ihr Lebensrecht „verwirkt“.
Pistole geholt
Nach einem Jahr hatte die Frau die Beziehung beendet. Der Angeklagte suchte sie am 11. Januar abends um 20.30 Uhr auf, um noch einmal ein Gespräch mit ihr zu führen, anwesend waren auch ihr Ex-Mann und ihr Sohn. Es ging darum, dass sie die Trennung rückgängig machen sollte. Als sie sich weigerte, soll der Bochumer laut Anklage ins Bad gegangen sein und dort seine Pistole aus der Tasche geholt haben.
Mit der versteckt gehaltenen Waffe sei er ins Wohnzimmer zurückgekehrt, habe der Frau die Hand auf den Kopf gelegt. „Und Du meinst, es ist richtig, was Du tust?“, soll er gefragt haben. Als sie das bestätigte, soll er unvermittelt die Waffe gezogen und abgefeuert haben. Die Kugel verletzte Lunge, Leber und Zwerchfell. Mit der Waffe sei der Angeklagte über den Balkon geflüchtet. Sein Opfer konnte nur durch schnelle ärztliche Hilfe gerettet werden.
Ein Mann mit Vergangenheit
Der Angeklagte sieht sich ein wenig selbst als Opfer. Die Beziehung zu der Ückendorferin sei ein ständiges Hin und Her gewesen, klagt er: „Ihre ganze Familie ist ein Durcheinander.“ Dabei hat wohl auch er in Bochum-Günnigfeld mit einer Frau zusammengelebt, der er die Beziehung zu der Gelsenkirchenerin verheimlichte. Er selbst schildert sich als einen Mann mit Vergangenheit: „Vor 40 Jahren war ich mal inhaftiert. Seitdem bin ich eigentlich sauber.“ Dass die Polizei bei ihm erst kürzlich wegen Zigarettenschmuggel die Wohnung durchsuchte und 60.000 Euro fand, räumt er ein, korrigiert aber: „Das waren Ersparnisse.“
Zur Tatzeit vollgepumpt mit Alkohol und Tabletten will er an den Abend des 11. Januar nur noch wenig Erinnerungen haben. Sicher will er sich aber sein, dass er stürzte und sich dabei der Schuss löste.