Gelsenkirchen. Im Februar ist sie planmäßig angelaufen, nun arbeitet sie bereits auf Hochtouren: Die neue Hochleistungsspaltanlage der Tata Steel in Gelsenkirchen wurde am Freitag offiziell eingeweiht. 140.000 Tonnen ultrahochfesten Stahl kann die Anlage im Jahr je nach Kundenwunsch passgenau schneiden.

Noch dünner und vor allem noch belastbarer ist der hochfeste Stahl, den die neue Hochleistungsspaltanlage von Tata Steel hochpräzise je nach Kundenwunsch schneidet. Am Freitag weihte das europäische Unternehmen Tata Steel – eine Tochter der in Indien beheimateten Tata Group – die neue Anlage offiziell ein. Gearbeitet wird hier allerdings bereits seit Februar, wie beim Baubeginn 2013 auch geplant.

Mittlerweile ist die Anlage im Zwei-Schichtbetrieb ausgelastet. 25 zusätzliche Arbeitsplätze, davon fünf kaufmännische, sind dadurch entstanden. Bis 2015 hofft man, auf Drei-Schicht-Betrieb umstellen zu können. Was fünf weitere Arbeitsplätze bedeuten würde.

Automobilindustrie ist Hauptabnehmer

9,5 Millionen Euro hat das seit dem Jahr 2000 in Gelsenkirchen ansässige Unternehmen für die Erweiterung investiert. Die Produktionshalle erweitert die Betriebsfläche um 5700 qm auf nun 20.300 qm. Die jährliche Spaltkapazität ist dadurch um 140.000 Tonnen auf 300.000 Tonnen im Jahr gestiegen. Abgesehen davon, dass die neuen Maschinen noch dünneren und vor allem ultrahochfesten Stahl schneiden können. Bis zu 32 Tonnen schwer sind die Coils (Stahlrollen), deren Stahl 0,4 bis 4 mm dünn ist und bis zu 1,65 m breit. Bis zu einer Streckgrenze von 1400 N/mm² kann der Stahl hier hochpräzise nach Kundenwunsch verarbeitet werden. Über ein Rollensystem wird der Stahl abgerollt und geteilt. Ein Drittel durch schneiden, zwei Drittel wird gebrochen, ähnlich wie bei Fliesen. Allerdings hochpräzise.

Hauptabnehmer für diese ultrahochfesten und Mehrphasenstähle ist die Automobilindustrie. 90 Prozent der Gelsenkirchener Produktion geht an sie. „Mit der neuen Anlage kommen wir Kundenwünschen entgegen, die bislang in Europa kaum erfüllbar waren. Gerade in der Autoindustrie bei der Produktion von Karosserien und Rädern wird immer stärker auf hochfesten Stahl gesetzt“, erläutert Jochen Höfges, Geschäftsführer der Tata Service Center GmbH Gelsenkirchen.

Jochen Höfges ist Geschäftsführer des Service Centers von Tata Steel in Gelsenkirchen.
Jochen Höfges ist Geschäftsführer des Service Centers von Tata Steel in Gelsenkirchen. © Martin Möller

Eigener Hafen

Besonders wichtig sei dem Unternehmen der Service- und Beratungsgedanke. Es gelte, dem Kundenbedarf an immer „komplexeren Produktionen und Ansprüchen in diesem spezialisierten, anspruchsvollen und innovativen Markt“ nachzukommen. Leistungssteigerung bei Autos auf der einen bei gleichzeitiger Gewichtsreduktion; ohne diese neuen, ultrahochfesten Stähle seien diese Ziele der Automobilindustrie kaum zu erreichen. Durch den passgenauen Weiterverarbeitungsservice am Standort Gelsenkirchen, so Höfges, helfe man auch, die Gesamtbetriebskosten der Automobilbranche zu senken. Kunden sind laut Geschäftsführung quasi alle Automobilhersteller in Europa – unter anderem Jaguar Land Rover – sowie Zulieferer und mittelständische Betriebe.

Tata Steel in Gelsenkirchen
Tata Steel in Gelsenkirchen © Martin Möller

Das Servicecenter in Gelsenkirchen sei gerade auch als Vertriebsstandort ideal dank der zentralen Lage zwischen Kanal und Autobahn, betont Höfges. „Die Betriebsanlage verfügt über einen eigenen Hafen, an dem fast täglich neue Schiffsladungen mit Stahlcoils eintreffen“. Die Anlieferung von 90 Prozent des Materials erfolgt übrigens auf dem Wasserweg.

Produktions- und Verteilstandort am Hafen

Tata Steel ist der zweitgrößte Stahlproduzent in Europa mit Standorten in Deutschland, England und den Niederlanden sowie Kooperationen in Norwegen.

Gelsenkirchen ist Produktions- (40 Prozent) und Verteilstandort (60 Prozent) für Feinbleche. Die Jahresproduktionskapazität liegt bei 365 000 Tonnen insgesamt.

Bei der offiziellen Einweihung wacht unter anderem Vitali Warkentin über den Spaltprozess. Der 34-jährige Gelsenkirchener hat bei Tata in Gelsenkirchen gelernt: Maschinenanlagenführer – ein noch recht neues Berufsbild – und zusätzlich Industriemechaniker.