Gelsenkirchen. Gefäßprothesen aus Teflon und Ballonkatheder zum Anfassen, dazu jeden Menge Informationen zu Therapien und Risikofaktoren: Es war ein hochinformativer und ausgesprochen anschaulicher Abend, zu dem die WAZ und das Sankt Marienhospital Gelsenkirchen Buer am Mittwoch geladen hatten.

Gespannt verfolgte das Publikum das Einsetzen eines Stent – im Video, das der Chefarzt der Klinik für Gefäßchirurgie am Sankt Marien-Hospital, Dr. Wilfried Heinen, in seinen Vortrag eingebettet hatte. Der „Blutadern-Arzt“, wie er sich zu Beginn scherzhaft vorstellte, erklärte dem Publikum des WAZ-Medizinforums am Mittwochabend den Unterschied zwischen Venen und Adern und informierte in der prall gefüllten Villa des Sankt-Marienhospitals rund um die Schaufensterkrankheit. Die Moderation übernahm WAZ-Redakteurin Sibylle Raudies.

Heinen gestaltete seinen Vortrag ausgesprochen interaktiv und anschaulich, reichte Stents, Ballonkatheter und Gefäßprothesen durch die Reihen. Eine Operation aber sei erst der letzte Schritt, erklärte er. Der erste sei immer eine Änderung des Lebensstils. „70 Prozent des Risikos, an der Schaufensterkrankheit zu erkranken, liegt im Erbgut“, betonte der Chefarzt. Aber Rauchen, Diabetes, erhöhte Blutfettwerte und zu wenig Bewegung spielten auch eine große Rolle. Bei der Schaufensterkrankheit sind die Gefäße so verengt, dass nur eine bestimmte Strecke ohne Pause zurückgelegt werden kann. Beschwerden sind erst Verengungen ab 70 Prozent spürbar.

"Krankheit tritt nicht plötzlich auf"

„Die Krankheit tritt nicht plötzlich auf, sondern die Beschwerden“, erklärte Heinen den Zuhörern. Das erste Mittel sei Gehtraining, um die Bildung neuer Äderchen als Ersatz für die verengten zu fördern. Auch Medikamente können zum Teil helfen. In jedem Fall wird genau geprüft, welche Therapie individuell passt. Ob bei einer OP dann das Gefäß aufgedehnt, ein Stent gesetzt oder eine Gefäßprothese eingesetzt werde, hänge von vielem ab, u.a. dem Grad der Verengung und der Position. In der Kniebeuge etwa sei ein Stent nicht ideal, weil er dort allzu oft geknickt wird. Im Beckenbereich hingegen hält er meist sehr lange.

Im Vortrag von Dr. Katharina Kahrau, Oberärztin an der Klinik für Gefäßchirurgie, ging es um Krampfadern. Für sie sei es wichtig „mit Vorurteilen“ aufzuräumen. „Krampfadern haben nichts mit Krämpfen zu tun“, sagte die Oberärztin. Der Name komme von dem Wort „Krum-Ader“, was so viel wie krumme Ader bedeute. Und ein rein kosmetisches Problem seien Krampfadern erst recht nicht. Offene Beine könnten die Spätfolge sein.

Kompressionstherapie hilft

Für die Diagnostik wird niemand mehr gequält, ansehen, fühlen und verschiedene bildgebende Verfahren (in der Regel ohne Kontrastmittel) sind die Mittel der Wahl. Eine Behandlungsmöglichkeit sei das Stripping, bei dem die betroffenen Abschnitte der geschädigten Vene herausgezogen werden, ersetzen. Kahrau betonte zudem die Wichtigkeit der Kompressionstherapie. „Der Blutfluss wird so beschleunigt.“

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Auch Besenreiser thematisierte sie in ihrem Vortrag: „40 Prozent der Frauen über 40 Jahren leiden darunter, bei den Männern sind es etwa 15 Prozent.“ Dafür sei die Ausprägung bei Männern meist deutlich schlimmer als bei Frauen. „Die Besenreiser sind oft größer, liegen unter der Haut und reißen leicht bei Stößen.“

„Besser ein leichter Kompressionsstrumpf am Bein als ein starker im Schrank“

Trotz der ausgesprochen anschaulichen und auch für Laien verständlichen Vorträge gab es viele Fragen aus dem Publikum. „Tut das Lasern bei Besenreisern weh?“ – Die Antwort: Schmerzempfinden ist immer individuell, für Einige ist die Prozedur sehr gut auszuhalten, andere haben stärkere Schmerzen. Das ist unterschiedlich. Generell werde im Sankt Marienhospital zwar bei kleinen Besenreisern gern gelasert. Bei Krampfadern aber habe sich Veröden besser bewährt.

„Können Krampfadern wieder kommen?“ – Antwort: Nein, aber bei entsprechender Veranlagung können sich neue bilden.

„Ist das Veröden der Venen eine Alternative zum Stripping?“ Generell gehöre das, was dick und kaputt ist, weg, stellte Dr. Katharina Kahrau eindeutig klar. Beim Veröden einer Vene wird ein entzündungsförderndes Medikament in das Gefäß gespritzt, um eine Blutgerinnung hervorzurufen und die Vene zu verkleben. Aber bei großen Venen sei Entfernen die bessere Lösung.

„Machen Kompressionsstrümpfe bei der Schaufensterkrankheit Sinn?“ – Nein, dadurch werden die Gefäße noch mehr eingeengt. Sie sind bei Krampfadern gut, fördern den Rückfluss. Kompressionsmuffeln empfiehlt Kahrau, zur Not auf Leichtere auszuweichen: „Ein Klasse-I-Strumpf am Bein ist besser als ein Klasse-II-Strumpf im Schrank.“

„Hilft es bei der Schaufensterkrankheit, den Salzkonsum zu reduzieren?“ Bei hohem Blutdruck ja, bei einem normalen Blutdruck aber bringt das nichts.