Gelsenkirchen. SPD-Frau Gabriele Preuß sieht Handlungsbedarf, wenn Aufträge EU-weit ausgeschrieben werden. Diese Schraube würde die EU-Kandidatin gerne anziehen, den Zugang zu Schulfördermitteln aber erleichtern.

Der Emscher-Lippe Region mehr Stimme geben, das möchte Bürgermeisterin Gabriele Preuß. Sie kandidiert für die SPD um ein Mandat im Europäischen Parlament. Das Credo der Handwerksmeisterin im Dialog mit dem WAZ-Leserbeirat: „Europa muss nicht nur als Wirtschafts-, sondern auch als Sozialunion zusammen wachsen.“

Nach dem Grund für ihre Kandidatur fragten die Leserbeiräte Wolfgang Steffen und Klaus Wehrhöfer. Als Mitglied in der RVR-Verbandsversammlung blicke sie über den Tellerrand hinaus, antwortete Preuß. „Meine Idee ist, im EU-Parlament Möglichkeiten auszuloten, damit mehr Geld in die Region fließt. „Aktuell sind es in Gelsenkirchen 30 Millionen Euro.“ Überhaupt, im Alltag stecke mehr EU als so mancher denke. „Siehe die Neuerungen im Bankwesen, SEPA, zum Beispiel.“ Das und Ähnliches will sie stärker in den Blick der Bürger stellen.

Die Vergabe von EU-Fördergeldern, mangelnde Kontrollen auf der einen und Regulierungswahn auf der anderen Seite beschäftigen die Beiräte Dorothea Schäfers Brigitta Blömeke und Hans-Günther Iwannek. „Rumänien und Bulgarien haben sieben Jahre Zeit gehabt, Fördergelder abzurufen, das haben sie nicht getan“, bezog Gabriele Preuß Stellung. Oder die Gelder seien versickert. Die EU-Kontrollen zur Vergabe hätten versagt. Die Gelsenkirchenerin will sich daher für bessere Überprüfungen auf kommunaler und europäischer Ebene stark machen. „Das neue Hans-Sachs-Haus mit fünf Insolvenzen ist das beste Beispiel dafür“, sagte die Politikerin, dass das System so nicht funktioniere.

Anerkennung von Abschlüssen

Sabine Prinz und Brigitta Blömeke kritisierten, dass Europa gerade für Schüler in weiter Ferne stehe, so lange man Akademiker sein müsse, um Förderanträge richtig auszufüllen und Gelder – etwa für einen Schüleraustausch – zu bekommen. Da werde die Lust, sich mit Europa und anderen Kulturen zu beschäftigen, auf ein Minimum reduziert – wenn nicht so gar völlig zerstört. Auch hier sah Preuß Handlungsbedarf, es einfacher zu gestalten, wandt aber ein, dass Schulpolitik Sache der (Landes-)Regierung sei. „Sie muss die Gelder abrufen.“

Ein Dorn im Auge ist Preuß in dem Zusammenhang, dass EU-Bürger, insbesondere gut ausgebildete junge, vor kaum zu überwindenden Hürden stehen, einen Job zu finden, weil „die Abschlüsse vielerorts nicht anerkannt werden.“ Für die SPD-Frau ist das „menschenunwürdig“ und eine Stellschraube, an der sie drehen möchte – sofern sie das Votum der Wähler am 25. Mai nach Brüssel führt.

Preuß fürchtet um die hohen europäischen Standards

Themen des WAZ-Leserbeirats waren auch die Ukraine-Krise und die Verhandlungen der EU mit den USA über ein Freihandelsabkommen. Sabine Prinz und Dorothea Schäfers kritisierten, dass die EU zu wenig „klare Kante“ zeige, auf der „Verlierer-Position“ stehe. Das sah Gabriele Preuß anders, sie verteidigte Außenminister Frank Walter Steinmeier (SPD), der „mit den Konfliktparteien im Dialog ist und klar Position bezieht“.

Gabriele Preuß machte zudem ihrem Unbehagen darüber Luft, dass „die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen absolut im Geheimen“ verliefen. „Die Amerikaner haben großes Interesse am EU-Markt“, so die Politikerin, „es darf aber nicht sein, dass dadurch hier niedrigere Standards Fuß fassen“. Sie nannte als Beispiel gentechnische veränderte Lebensmittel oder Sicherheitsvorgaben für die Autoindustrie.

Hoch auf ihrer Agenda bei einem möglichen EU-Mandat siedelte die SPD-Frau an, das deutsche duale System auf Europa zu übertragen. „Ohne Qualifizierung keine Förderung in die Selbstständigkeit“ lautet ihr Motto, um Pfusch einzudämmen. Mindestlohn und langfristige Investitionsprogramme in Krisenländern wie Spanien, Portugal und Griechenland könnten helfen, Arbeitsplätze vor Ort zu schaffen und Landflucht einzudämmen.