Gelsenkirchen. Auf dem ehemaligen Werksgelände des Schalker Vereins in Gelsenkirchen-Bismarck hat das Kunstprojekt „Investment Zone“ auf Einladung von Urbane Künste Ruhr sein Quartier aufgeschlagen: Zehn ganz normale Bürger sollen sich hier sechs Monate lang auf 40 Quadratmetern Brachfläche kreativ austoben.

Ein Künstler, eine Mutter, zwei Schüler, ein Architekt, . . . – Die zehn Spieler in der „Investment Zone“ könnten unterschiedlicher nicht sein. Das ungewöhnliche Projekt auf einem Stück wilder Wiese direkt neben dem Erzbunker am Schalker Verein, ist gestartet.

Mit strengen Spielregeln: 50 Euro bekommt jeder Teilnehmer alle 14 Tage. Die muss er laut mehr oder weniger starrem Regelwerk sicht- und belegbar komplett in die Fläche einbringen. Lose geplant sind aktuell zum Beispiel ein kleiner Blumengarten, eine Sand-Spielfläche für alle Generationen und künstlerische Lichtobjekte. Alles kann, nichts muss. Das Projekt verspricht durchaus, spannend zu werden.

"Ein Realitätsspiel in 12 Zügen"

Was die meisten der zehn Teilnehmer bei ihrem ersten Treffen gar nicht wussten: Nicht jeder von ihnen hat eine 40 Quadratmeter große Fläche zur Verfügung, sondern sie alle zusammen. Parzelliert wird das Areal nicht, das müssen die Spieler unter sich ausmachen. Ob quadratische Fläche, ob rund, ob alle gleich groß – das alles steht in den Sternen, oder besser: in den Gedanken der Teilnehmer. Möglich ist auch, dass sich alle zusammentun.

„Das erste Spielertreffen dient dazu, erstmal reinzukommen und die ersten Züge zu planen“, erklärte Oliver Kochta-Kalleinen im Bauwagen, der Zentrale des Projekts, das übrigens mit „Ein Realitätsspiel in 12 Zügen“ untertitelt ist.

Eine Sandfläche zum Spielen

Adrian und Justin, zwei 15-jährige Schüler aus Heßler, sind die Jüngsten im Bunde. Sie wollen neue Leute kennenlernen, etwas neues ausprobieren, sagen die beiden. Auf die Investment Zone aufmerksam gemacht hat sie Jens Stäbel, Leiter des Jugendzentrums Kanzlerstraße. „Unsere Idee ist ein kleines Blumenbeet“, sagt das Duo, „Darauf läuft es hinaus, aber einen genauen Plan haben wir noch nicht.“

Connie Mealing (43), dreifache Mutter aus Buer, ist mit ihrer Tochter Fiona am Erzbunker aufgeschlagen. Das Areal ist nicht neu für sie. 2006 hat sie diese Fläche in ihre Masterarbeit „Autofreies Wohnquartier“ einfließen lassen. Im Laufe des nächsten halben Jahres – alle zwei Wochen treffen sich die Spieler vor Ort und bekommen pro Person jeweils 50 Euro, also 600 Euro insgesamt – möchte sie eine Fläche für Jung und Alt erschaffen. Von ihrem ursprünglichen Plan, eine Sandfläche zum Spielen, Chillen und Beachvolleyball spielen einzurichten, rückt sie wegen des Irrtums mit der Größe der Fläche ab: „Weil Sonnenblumen schnell wachsen, könnte ich mir ein Labyrinth vorstellen“, sagt Connie Mealing.

Die Stadt ein Stückchen mitgestalten

Roman Pilgrim (29) aus Ückendorf macht Lichtobjekte. „Vielleicht kann man hier etwas mit Solar machen“, überlegt er, die Fläche ohne Strom mit LED-Kunst zu gestalten. „Wenn Leute mit dem Zug hier vorbeifahren, sehen sie etwas, das ist so eine Idee von mir“, erklärt der 29-Jährige. Wie bei seinen Mitspielern ist sein Plan noch sehr vage. Aber das ist nicht weiter schlimm. Alles kann, nichts muss. Nur Zwischenergebnisse, die wollen Tellervo Kalleinen und Oliver Kochta-Kalleinen alle zwei Wochen sehen.

Mit einem Klopfen an die Wand und dem Verteilen der Schlüssel für den Bauwagen eröffnete Tellervo Kalleinen in dieser Woche das Kunstprojekt „Investment Zone“, das ein halbes Jahr andauern soll. Sie hatte gemeinsam mit Ehemann Oliver Kochta-Kalleinen die Idee für dieses ungewöhnliche Landschafts-Kunst-Projekt ersonnen. Der Auftrag dazu wurde dem in Finnland lebenden Künstlerpaar von „Urbane Künste Ruhr“ erteilt.

Das Ganze läuft wiederum unter dem Titel Archipel Invest und wird kuratiert vom Künstlerkollektiv „Kunstrepublik“.Jeder Gelsenkirchener Bürger war zum Mitmachen eingeladen: Anfang des Jahres hatte die WAZ über den entsprechenden Aufruf berichtet. Ziel von „Investment Zone“ ist unter anderem auch, dass Gelsenkirchener Gelegenheit bekommen „ihre“ Stadt nach ihren Vorstellungen ein Stück weit mitzugestalten.