Gelsenkirchen. Gegen Real Madrid geht es im Achtelfinale der Champions League hoch her, hoffen alle Schalker. Einen gibt es, der kennt beide Vereine: Alexander Jobst. Der Vorstand Marketing arbeitete zweieinhalb Jahre für den Club mit Weltruf. Die Daumen drückt er aber dem S04 und tippt: einen 2:0-Heimsieg.
Gefühlt verging nach der Champions League-Auslosung eine Sekunde, da vibrierte das Smartphone von Alexander Jobst schon. Eine SMS aus der spanischen Hauptstadt trudelte ein. „Ich freue mich auf das Wiedersehen“, stand da auf spanisch in dürren, aber herzlich gemeinten Worten. Autor war José Ángel Sánchez, der Generaldirektor der Königlichen, der CEO von Real Madrid und nach Präsident Florentino Pérez der vielleicht wichtigste Mann in Reihen der „Los Galácticos“.
Jobst erzählt die Anekdote mit einem Lächeln, das sich nur bei angenehmen Erinnerungen einstellt. Für ihn dokumentiert sie eine besondere Verbundenheit. Denn Sánchez war mal als Marketingchef von Real sein direkter Boss. Zweieinhalb Jahre lang, von Ende 2005 bis Anfang 2008, steuerte der Schalker Vorstand die internationale Vermarktung dieses Fußball-Clubs mit Weltruf, ehe er aus persönlichen Gründen zum Weltfußballverband wechselte und sein Weg ihn im September 2011 nach Gelsenkirchen führte. „Spannend war die Zeit in Spanien“, sagt Jobst rückblickend. Er verantwortete damals das internationale Sponsoring,, Lizenzen, Realmadrid-TV und die Vermarktung von Freundschaftsspielen im internationalen Bereich.“
50 Millionen Anhänger im Netz
Real begann schon sehr früh, vor über 15 Jahren, auf einem Geschäftsfeld echtes Geld zu verdienen, auf dem Schalke sich gerade beginnt zu positionieren. „Drei Millionen Euro Antrittsprämie erhielt der Club für ein Freundschaftsspiel in Japan in der Saison 2006/2007“, gewährt Jobst einen kleinen Einblick, um Dimensionen zu verdeutlichen. Der Vorsprung, den sich Madrid durch die Pionierleistung erarbeitete, hält bis heute. 50 Millionen Anhänger halten auf Facebook für Real den Daumen hoch; weltweit sollen es 26 Millionen „echte“ Fans sein. Zahlen, die unerreicht sind und bleiben werden für viele Vereine. Dazu gehören auch Werte wie dieser: Rund 513 Millionen Euro betrug der Umsatz des spanischen Top-Clubs in der Saison 2011/2012, als er die Marke von einer halben Milliarde Euro erstmals knackte.
Zum Vergleich: Schalke lag da bei rund 180 Millionen Euro.
Nun gibt es ein Wiedersehen zwischen Jobst und Sánchez im Achtelfinale der Champions League. Zunächst in Gelsenkirchen, ehe es am 18. März zum Rückspiel im Estadio Santiago Bernabéu kommt. Jobst: „Acht Minuten zu Fuß vom Stadion entfernt hatte ich ein Apartment. Mein Büro lag direkt hinter der Haupttribüne.“ Kurze Wege für lange Tage. Denn im Vorbeigehen ist so ein Job für Real nicht zu erledigen. Außer es war Freitag. „Da war ab 14.30 Uhr Wochenende, beim Verein, bei vielen Unternehmen und anderswo. Der Spanier legt viel Wert darauf zu arbeiten, um zu leben – und er ist da sehr konsequent“, erzählt Schalkes Vorstand lachend und schüttelt den Kopf. Beim S04 wäre das undenkbar.
Rigorose Wirtschaftspolitik
Überhaupt. Gemeinsamkeiten zwischen den Königsblauen und den Königlichen gibt es nicht viele. Mythen, geprägt von Tradition, sind beide. Das sicherlich. Beide Vereine sind keine Kapitalgesellschaften, sondern eingetragene Vereine. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass das Vermögen den Mitgliedern gehört. Trotzdem gibt es sehr unterschiedliche Strategien: Die Königlichen verloren durch ihre rigorose Wirtschaftspolitik, um immer die besten Fußballer selbst für horrende Summen verpflichten zu können, fast völlig den Kontakt zur Basis. Da wurde auch schon mal das Vereinsgelände für 460 Millionen Euro verkauft, um sich zu entschulden.
Real und Ronaldo in Essen
An der Stelle, sagt Jobst, sei Schalke 04 mit einer völlig anderen Philosophie unterwegs. Mitglieder und Fans gehörten klar zum ideologischen Kapital des Revier-Vereins, der zudem auf die beste Jugendarbeit in Europa schauen könne. Frei nach dem Motto: lieber Spieler wie Julian Draxler oder Max Meyer ausbilden als einen wie Gareth Bale für 91 Millionen Euro zu verpflichten.
Madridistas wollen amüsiert werden.
Die Stimmung im Stadion, sagt Alexander Jobst, sei auf Schalke unvergleichlich besser: „Was unsere Fans entfachen, das gibt es in Bernabéu nicht. Madridistas gehen zum Fußball, um amüsiert zu werden. Das ist wie ein Theaterpublikum. Da muss die Mannschaft glänzen, um den Funken überspringen zu lassen. Unterstützung bei schlechten Leistungen gibt es nicht, sondern Zurückhaltung, Pfiffe und Schweigen. Das Madrider Publikum ist extrem verwöhnt und anspruchsvoll.“
Deshalb, glaubt der Schalke-Vorstand, werden die Gäste um Weltfußballer Cristiano Ronaldo überrascht werden von der heißen Atmosphäre in der Veltins-Arena. Vielleicht ist es das, zusammen mit dem großen Respekt der Königlichen vor deutschen Mannschaften, was Jobst zu einem zunächst leicht verwegen klingenden Ergebnistipp verleitet: „2:0!“ – für Schalke, wohlgemerkt.