Gelsenkirchen. . Das ägyptisch-deutsche Theaterprojekt „Paradieskinder“ für junges Publikum verzauberte auch Erwachsene. Das Consol Theater holt ein vielschichtiges Stück, das Freude bringt, auf die Bühne.
„Guck mal, die Mama ist aus Ägypten und der Papa ist Deutscher“, das kleine Mädchen in der zweiten Reihe hatte am Sonntag im Consol Theater schon einmal eine der Kernaussagen des Theaterstücks „Paradieskinder“ erkannt: Eine Familie kann multikulturell sein.
Aber das Kindertheaterprojekt der Gelsenkirchener mit der „AFCA for arts and culture“ aus Kairo will natürlich viel mehr sagen. Es geht um Rollenverhalten, um Erwartungen von Eltern an ihre Kinder und umgekehrt. Das alles eingebettet in deutsch-arabische Dialoge, die das Stück für Theaterbesucher aus beiden Ländern verständlich machen.
Kinder johlen vor Vergnügen mit
In den Anfangsminuten spielt Sprache aber erst einmal keine Rolle. Sara El Hawary, Svenja Niekerken, Raafat Baoumy und Björn Luithardt, ihren bunten Kostümen nach wunderhübsche Paradiesvögel, krähen um die Wette. Da wird zur Musik von Tamar Attalah gebalzt, getanzt und gestritten, immer begleitet von kräftigem „Cra, Cra“ – nicht nur die Kinder in der Premierenveranstaltung johlen vor Vergnügen, auch die vielen Erwachsenen.
Mitreißende 50 Minuten ernten großen Applaus
Die Besucher bedankten sich nach mitreißenden 50 Minuten mit viel Applaus und vereinzelten „Cra Cras“.
Weitere Vorstellungen der „Paradieskinder“: im Consol Theater heute, 11. Februar, um 11 Uhr; in den Flottmannhallen in Herne am Donnerstag, 13.Februar, um 10 und um 14.30 Uhr. Vom 12. bis 17. März gastiert die Produktion beim Hakawy International Arts Festival for Children in Kairo.
Die Magie der perfekten Erzählung beginnt mit der Familiengründung. „Papa-Vogel“ Björn Luithardt und „Mama-Vogel“ Sara El Hawary unterhalten sich über ihre Erwartungen an den Nachwuchs – jeder in seiner Sprache. Und trotzdem, der deutsche Zuschauer, der des Arabischen nicht mächtig ist, versteht auch die Mutter. Ein Zauber geht vor allem von der ausdrucksstarken Mimik von El Hawary aus, die vergessen macht, dass ihre Worte fremd sind. Die „Kinder“ entpuppen sich als liebenswert rebellisch, der Junge möchte das Ballett und das Mädchen den Fußball.
„In Deutschland und in den ägyptischen Oberschichten ist das vielleicht kein Thema mehr, aber in den ärmeren Stadtvierteln in Kairo und auf dem Land auf jeden Fall“, sagt Projektleiter Mohamed El Ghawy. Ein Thema in beiden Kulturen ist der Druck, mit dem Eltern ihre Kinder zu Höchstleistungen treiben wollen. Die „Küken“ Svenja Niekerken und Raafat Baoumy ermutigen mit turbulenten Einlagen auszubrechen, Spaß zu haben und die Eltern zum gemeinsamen Spiel zu überreden (ganz herrlich, die rasanten Fahrten mit dem Roller). Die vier Schauspieler aus Ägypten und Deutschland haben das Stück mit Regisseurin Andrea Kramer entwickelt. Es wurde in beiden Ländern jeweils eine Schulklasse als Pate eingeladen, die ihre Ideen einbringen konnte. In Gelsenkirchen war das die 1b der Grundschule Bickern-straße unter der Leitung der Theaterpädagoginnen Mayra Capovilla und Melody Reich. Das Ergebnis – ein kindgerechtes und vielschichtiges Stück, das Freude bringt.